Bahnunfall | Oberwalliser Staatsanwaltschaft stellt Verfahren ein
Der Unfalltod einer Serbin am Bahnhof Visp bleibt ungeklärt
Am 23. Juli 2014 verletzte sich am Bahnhof Visp eine Frau nach Aussagen ihrer Begleiterin nach einem Sprung aus der Tür eines anfahrenden Zuges so schwer, dass sie vier Tage später starb. Eine Untersuchung der zuständigen Behörde konnte den Hergang des Unfalls nicht restlos aufklären.
Am 24. Juli 2014 suchte die Walliser Kantonspolizei über einen Aufruf via Medien Zeugen, welche beobachteten hätten, wie eine Frau am 23. Juli morgens kurz nach acht Uhr aus einem anfahrenden Zug in Richtung Brig am Bahnhof Visp heraussprang. «Als der Zug anfuhr, sprang die 57-jährige Frau nach ca. 150 Metern aus dem fahrenden Zug, stürzte aufs Perron und zog sich dabei schwere Verletzungen zu. Nach medizinischer Erstintervention wurde sie mit einem Helikopter ins Uni-Spital Lausanne geflogen», beschrieb die Polizei seinerzeit den Unfall im Zeugenaufruf.
Widersprüchliche Aussagen
Wenige Tage darauf erlag die Frau ihren Verletzungen. Die zuständige Staatsanwaltschaft Oberwallis eröffnete eine Untersuchung zum Unfallhergang parallel zur Schweizerischen Sicherungsuntersuchungstelle (SUST). Die zentrale Frage war, wie es möglich sein kann, dass ein Fahrgast die Türen eines fahrenden Zuges öffnen kann und wer allenfalls wegen fehlender Sicherheitsvorkehrungen zur Verantwortung gezogen werden muss bzw. welche Sicherheitsempfehlungen daraus abzuleiten sind.
Laut dem jetzt vorliegenden Schlussbericht der SUST konnte die Ursache zum Unfall nicht eindeutig geklärt werden. Zwar sagte die Reisebegleiterin der verunglückten Frau aus Serbien in einer ersten Einvernahme aus, dass diese kurz vor Abfahrt des Zuges in Richtung Brig-Mailand den Zug ohne den Reisekoffer bestiegen habe, um sich bei Fahrgästen zu erkundigen, ob es sich tatsächlich um den Zug nach Mailand handle.
Plötzlich hätten sich die Türen des Zuges verriegelt und dieser sei losgefahren. Sie habe gesehen, wie die Reisende erfolglos an der Tür gerüttelt habe. Nach etwa 150 Metern sei diese aus der Tür gesprungen und verletzt am Boden liegen geblieben. In einer zweiten Aussage hielt sie fest, dass sie nicht gesehen habe, wie sie aus dem Zug gestürzt oder gefallen sei.
Mediziner entfernt sich ohne Hilfestellung
Befragungen der Zugbegleiterin und des Lokführers durch die SUST ergaben, dass diese alle Vorschriften, um den Zug in Gang zu setzen, korrekt beachteten. Die Zugbegleiterin gab an, dass sie auf dem Perron vor der Abfahrt eine Person mit einem Koffer beobachtet habe, die in ein Zugabteil geschaut habe. Sie habe angenommen, dass sie jemanden verabschiede. Nach Abfahrt des Zuges habe sie vom Vorfall nichts bemerkt. Ebenso wie der Lokführer, der sich nach dem Erlöschen der Kontrolllampe für die Türschliessung auf die Fahrweg- und die Signalkontrolle konzentrierte.
Ein Zugbegleiter eines wenige Minuten später am Bahnhof Visp einfahrenden Zuges bemerkte die verletzte Person zwischen Perronkante und Sicherheitslinie. Er forderte von der Betriebszentrale in Spiez eine Ambulanz für die verletzte Frau mit einem mutmasslichen epileptischen Anfall an. Diese Ansicht vertrat ein zufälliger anwesender Arzt gegenüber dem Zugpersonal. Der Mediziner entfernte sich allerdings von der Verletzten, ohne sich weiter um sie zu kümmern. Die 57-jährige Serbin wurde nach Eintreffen der Ambulanz mittels Helikopter ins Uni-Spital Lausanne geflogen, wo sie vier Tage später starb.
Not-Türöffnung möglich
Tatsache ist, dass der Zug über ein Türschliesssystem verfügte, welches alle Türen schliesst, sobald die Zugbegleiterin mittels Wagenschlüssel den Schliessbefehl gibt. Eine Tür des fahrenden Zuges kann in der Folge durch Zugpassagiere nur mehr durch die nicht plombierte Not-Türöffnung, wie sie der untersuchte Zug aufweist, geöffnet werden oder durch den Lokführer. «Es liegen keine Meldungen vor, dass in besagtem Zug eine Not-Türöffnung beziehungsweise eine manuelle Rückstellung vorgenommen wurde», hält der SUST-Bericht fest. Und die Türfunktionen des Zuges waren nachweislich nicht gestört.
Weiter hat man berechnet, dass der Zug zum Zeitpunkt eines möglichen Absprungs aus der entriegelten Tür nach 150 Metern etwa 31 km/h schnell fuhr, was typische Verletzungsmuster und Spuren an der Kleidung zur Folge habe. «Solche Anzeichen konnten jedoch nicht in der zur erwartenden Deutlichkeit festgestellt werden», heisst es im Bericht. Gleichzeitig wird festgehalten, dass auf dem Perron weder Blut- noch Schleifspuren nachgewiesen wurden.
Verfahren eingestellt
Im Bericht kommt die SUST zum Befund, dass der tatsächliche Unfallablauf nicht nachgewiesen werden kann und somit die Ursache des Unfalls nicht geklärt werden konnte. Sie gibt deshalb auch keine Sicherheitsempfehlungen ab.
Gestützt auf die Befunde des SUST-Berichts, hat die zuständige Staatsanwaltschaft Oberwallis die Untersuchung zu diesem Fall eingestellt, wie Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold auf Anfrage des «Walliser Boten» erklärt. «Nach unserem Ermessen handelt es sich um einen Unfall, der nicht auf eine Dritteinwirkung zurückzuführen ist. Somit liegt auch kein möglicher Straftatbestand vor.» Ob die Frau möglicherweise an den Folgen eines Epilepsieanfalls gestorben ist, untersuchte die Staatsanwaltschaft nicht weiter.
zen
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Kommentare
Kilian Ruch - ↑1↓1
Dieser unglaubliche Aufwand, bloss um doch noch irgend jemandem irgendwie die Schuld zuzuschieben. Die Frau hat die Tuer unerlaubterweise geoeffnet und wurde dafuer sehr hart bestraft. That's it!
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