Raserdelikte | Bundesrat offen für Streichung der Mindestfreiheitsstrafe
«Man muss wieder zurück zur Vernunft»
Am Mittwoch hat der Bundesrat seinen Bericht zum Verkehrssicherheitspaket Via sicura verabschiedet. Er stellt darin die Sanktionen für Raserdelikte zur Diskussion. Zuletzt hatte auch Ständerat Beat Rieder gefordert, auf eine Mindeststrafe zu verzichten.
Die drakonischen Strafen für Raser haben zuletzt wiederholt für heftige Diskussionen im Parlament und in den Medien gesorgt. Seit Anfang 2013 gilt unabhängig vom Verschulden als Raser, wer in der Tempo-30-Zone mit 70 km/h fährt, innerorts mit mindestens 100km/h, ausserorts mit mindestens 140 km/h oder mit mehr als 200 Stundenkilometern auf der Autobahn. Die Mindestfreiheitsstrafe dafür liegt bei einem Jahr Gefängnis bedingt. Zudem wird den Fehlbaren der Fahrausweis für mindestens zwei Jahre entzogen.
In seinem am Mittwoch verabschiedeten Bericht zum Verkehrssicherheitspaket Via sicura stellt der Bundesrat die Sanktionen für Raserdelikte nun zur Diskussion. Er zeigt sich offen dafür, auf die Mindestfreiheitsstrafe zu verzichten und die Zeit des Fahrausweisentzugs auf sechs Monate zu reduzieren. «Ich bin sehr erfreut darüber», erklärt Ständerat Beat Rieder im Gespräch mit dem «Walliser Boten». Rieder hat im vergangenen März selbst eine parlamentarische Initiative eingereicht, in der er eine Streichung der Mindeststrafe fordert.
400 bis 500 Verurteilungen jährlich
Richter sollen gemäss Rieder abhängig vom Verschulden bestrafen können. Das heisse allerdings nicht, dass keine harten Strafen ausgesprochen werden sollen. «Jährlich werden in der Schweiz 400 bis 500 Leute zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Dabei handelt es aber bei höchstens zehn Prozent auch tatsächlich um Raser, wie man sich diese als jugendliche Fahrer, die Rennen veranstalten und schwere Unfälle mit Toten und Verletzten verursachen, vorstellt», so der Ständerat. Der Bericht des Bundesrats zeige, dass man mit Via sicura deutlich übertrieben habe.
«Man muss wieder zurück zur Vernunft», sagt Rieder. Eine Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis kenne man heute ansonsten nur bei ganz schweren Delikten, wie Totschlag, Raub, Vergewaltigung und Erpressung. Bei einem Raservorfall handle es sich demgegenüber um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das auch ohne geschädigte Personen bestraft werde. Der Bericht des Bundesrats weise deshalb in die richtige Richtung. Auch für seine parlamentarische Initiative, die demnächst in die zuständige Kommission des Ständerats geht, sieht Rieder nun gute Chancen.
Bundesrat zieht positive Bilanz
Im am Mittwoch veröffentlichten Bericht zieht der Bundesrat allgemein eine «grundsätzlich positive Bilanz» zum Via-sicura-Paket. Das Alkoholverbot für Neulenkerinnen und -lenker, das Lichtobligatorium am Tag für Motorfahrzeuge, die Regelung bei Raserdelikten und Massnahmen an der Infrastruktur hätten die Sicherheit erhöht. Er will indes, wie er in seiner Bilanz festhält, wegen des im Vergleich zum Nutzen hohen Aufwands auf zwei Massnahmen, die ab 2019 hätten in Kraft treten sollen, verzichten: Alkohol-Wegfahrsperren für einschlägig Vorbestrafte sowie eine Blackbox im Auto von Personen, die wegen Tempoüberschreitungen den Fahrausweis abgeben mussten.
pmo
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