Kantonsfinanzen | Trotz Sparmassnahmen und hoheren Steuern
Mehrheit der Kantone budgetiert rote Zahlen
Die Kantone sehen angesichts des starken Frankens und der ungewissen Folgen der Zuwanderungsinitiative finanziell schwierige Zeiten auf sich zukommen. Trotz Sparbemühungen rechnet die Mehrheit der Kantone für 2016 mit einem Verlust.
Die finanzielle Lage für die Kantone habe sich gegenüber dem vergangenen Jahr verschlechtert, sagte Peter Hegglin, Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren (FDK) und Zuger Finanzdirektor, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Und seiner Meinung nach dürfte es schwierig bleiben.
Das schlägt sich auch in den Budgets nieder, welche die Kantone in den vergangenen Wochen präsentiert haben. Von den 23 bis heute vorliegenden Budgets sehen 15 rote Zahlen für das kommende Jahr vor.
Grosse Ausnahme ist überraschend Bern: Der grösste Netto-Bezüger aus dem Nationalen Finanzausgleich plant mit einem Überschuss von 226 Millionen Franken - möglich gemacht durch ein Sparprogramm und höhere Steuereinnahmen. Dank weiteren Überschüssen sollen die Schulden bis 2019 um 300 Millionen Franken abgebaut werden.
Minus trotz höheren Steuern
Fast überall sonst in der Deutschschweiz kalkulieren die Kassenwarte aber mit einem Minus von bis zu einigen Dutzend Millionen Franken, und das meist trotz Sparmassnahmen und höheren Steuern. Schwyz rechnet etwa mit einem Minus von 53,7 Millionen Franken - ohne Steuerfusserhöhung wäre es mehr als doppelt so gross gewesen.
Steuererhöhungen sind auch im Steuerparadies Zug - bei einem budgetierten Defizit von 26,3 Millionen Franken - kein Tabu mehr. "Die Frage der Steuern darf nicht ideologisch angegangen werden", sagte Finanzdirektor Hegglin. Es handle sich um eine von mehreren Optionen, die "vernünftig" eingesetzt werden müsse, um das Gleichgewicht zu halten.
Ebenfalls ein Budgetdefizit gibt es in Basel-Land (-60,5 Mio.), Solothurn (-58,2 Mio.), St. Gallen (-33,7 Mio.), Schaffhausen (-19,2 Mio.), Glarus (-12,8 Mio.), Thurgau (7,8 Mio.), Obwalden (-7,3 Mio.) und Nidwalden (-2,6 Millionen).
Schwarze Null dank Sparen
Auch wo die Finanzdirektoren einen Überschuss budgetieren, ist dies nur dank rigorosem Sparen möglich: Im Aargau soll ganz knapp ein Überschuss herausschauen (0,1 Mio. Fr.), dafür waren aber Einsparungen in der Höhe von rund 100 Millionen Franken nötig. Dank Einsparungen soll es auch in Appenzell-Ausserrhoden (10,9 Mio.) und Uri (0,4 Mio.) einen Gewinn unter dem Strich geben.
Der grösste Kanton, Zürich, rechnet mit einer schwarzen Null (10 Millionen). Finanzdirektor Ernst Stocker kündigte aber "schwierige Aufgaben" für die Zukunft an: Bis 2019 dürfte ein Aufwandüberschuss von total 800 Millionen Franken resultieren und die Verschuldung ansteigen.
Dem Kanton Basel-Stadt beschert die Reform der staatlichen Pensionskasse ein Defizit von voraussichtlich 932 Mio. Franken. Ohne diesen Einmaleffekt sieht das Budget aber einen Überschuss von 85,8 Mio. Fr. vor.
Waadt erneut mit einem Plus
In der Westschweiz strebt die Waadt die zehnte Rechnung in Folge mit schwarzen Zahlen an. Budgetiert wird eine schwarze Null (1,4 Millionen). Es sei eine Verlangsamung zu spüren, sagte Finanzdirektor Pascal Broulis der sda. Unter anderem gingen die Quellensteuern zurück.
Broulis glaubt, dass die öffentlichen Finanzen die Last der Unsicherheit tragen, welche die Volksentscheide der letzten Jahre, allen voran die SVP-Zuwanderungsinitiative, geschaffen haben. Der FDP-Politiker kritisiert aber auch die Linke, die mit ihren Initiativen die Standortattraktivität für Firmen nicht verbessert habe.
Grössere Defizite zeichnen sich im Tessin (-87,9 Mio.) und in Genf ab (-70 Mio.) ab. Beide Kantone drehen an der Sparschraube: In Genf sollen die Beamten künftig 42 statt 40 Stunden pro Woche arbeiten. Das Tessin rechnet erst 2019 wieder mit schwarzen Zahlen. Auch in Neuenburg (-11,7 Mio.) und im Jura (-6,9 Mio.) fällt ein Defizit an.
Das Wallis veranschlagt einen Überschuss von 36,3 Millionen Franken, der die Defizite der letzten Jahre decken helfen soll. Freiburg (0,5 Mio.) strebt eine schwarze Null an.
Erst noch vorgelegt werden die Budgets in Luzern, Appenzell-Innerrhoden und Graubünden.
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