Heimatschutz | Das Grüne Zimmer in Agarn erhält verdiente Auszeichnung
Viel mehr als nur ein Zimmer
Am Donnerstagabend ist in Agarn der diesjährige Raiffeisenpreis übergeben worden. Dabei wurde das Grüne Zimmer als neuer Preisträger gebührend gefeiert.
Nachdem in den letzten beiden Jahren die Renovation des alten Belwalder-Gitsch-Hüs in Grengiols und der Umbau eines Gebäudes aus den 70er-Jahren in Brig ausgezeichnet wurden, geht der Raiffeisenpreis des Oberwalliser Heimatschutzes heuer an ein besonderes Projekt in Agarn. Seit dem Jahr 2005 ist dort im Dorfzentrum ein neuer Begegnungsraum entstanden: das Grüne Zimmer. Dabei handelt es sich aber nicht etwa um einen grün angestrichenen Raum, sondern vielmehr um ein ganzes Areal. Im Zentrum des Interesses steht das sogenannte Doktor- oder Bayardgut mit mehreren Gebäuden und heute noch rund 4'000 Quadratmetern Umschwung.
Wieder Licht im Haus
In Agarn sucht man ansonsten vergebens nach geschichtsträchtigen Bauten. Grund dafür sind zwei Feuersbrünste, die das Dorf in der älteren Vergangenheit heimsuchten. Die erste ereignete sich während des Franzosenkriegs im Jahr 1799, als gegnerische Soldaten das Dorf abbrannten. Exakt hundert Jahre später waren es dann spielende Kinder am alten Rottenlauf, die ein verheerendes Feuer auslösten, welches das Dorf erneut Opfer einer Feuersbrunst werden liess. Den zweiten Brand überdauert haben indes die 1821 errichteten Gebäude des Doktorguts, das dank seiner üppigen Grünfläche vor einer Vernichtung verschont blieb.
Von der Stiftung «Ischärs Agaru» initiiert und ihrem Präsidenten Herbert Dirren als treibende Kraft vorangetrieben, wurde das heruntergekommene Doktorgut in den letzten Jahren als Grünes Zimmer wieder hergerichtet. In einer humorvollen Präsentation zeigte der Agarner German Lötscher eindrücklich auf, wie viel Fronarbeit und Herzblut der Bevölkerung und Vereine im Projekt steckt. Aktuell sind nur noch einige Details im Innern der Gebäude zu erledigen. «Seit gut einem Jahr sind wir aussen herum fertig und die Einrichtung wird rege benutzt», erklärte ein sichtlich zufriedener Herbert Dirren. «Wir wollten bewusst kein Museum einrichten, sondern neues Leben hineinbringen, so dass auch mal wieder Licht im Innern brennt.»
Segen für das Dorf
Ziel der Stiftung sei es, auf dem Areal als Kompetenzzentrum für Walliser Lebensart altes Kulturgut zu erhalten und daraus Neues entstehen zu lassen. So wird etwa gewurstet, Sauerkraut hergestellt, es werden Schindeln produziert und Trocksteinmauern aufgerichtet. Gerade dieser Aspekt hat die Jury des Raiffeisenpreises davon überzeugt, den mit 5'000 Franken dotierten Preis nach Agarn zu vergeben. «Das Grüne Zimmer ist ein sehr würdiger Preisträger», betonte Giuseppe Curcio, Präsident des Oberwalliser Heimatschutzes. «Einerseits ist natürlich die Erhaltung der Bauten wichtig. Andererseits hilft die Einrichtung aber auch dabei, Traditionen zu beleben. Heimatschutz betrifft schliesslich nicht nur Gebäude.»
Das Areal mit den beiden Gebäuden, die von einem grosszügigen Platz mit Trockensteinmauern eingerahmt werden, befindet sich inzwischen im Besitz der Gemeinde Agarn. Der Umbau, der rund 1,5 Millionen Franken kostete, wurde jedoch von der Stiftung «Ischärs Agaru» geplant und realisiert. Sie hat ein 50-jähriges Nutzungs- und Umbaurecht am Grünen Zimmer. In seiner Lobrede bedankte sich Gemeindepräsident Bernhard Mathieu für den Einsatz der Stiftung, der ein «grosser Segen» für das Dorf sei. «Ich wünsche mir, dass das Grüne Zimmer weiterhin unseren Vorfahren und ihren Lebensweisen den verdienten Respekt zollt und den künftigen Internetgenerationen etwas Bodenständigkeit und Bodenhaftung gibt», betonte er.
pmo
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar