Frontal-Interview | Ebnat-Kappel

«Auch in der Politik braucht es Kampfeslust»

Eringerkuhhalter und SVP-Präsident Toni Brunner
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Eringerkuhhalter und SVP-Präsident Toni Brunner
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Eringerkuhhalter und SVP-Präsident Toni Brunner
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Eringerkuhhalter und SVP-Präsident Toni Brunner
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Quelle: 1815.ch/RZ 2

Die SVP hat während der letzten Legislatur mehrere Erfolge gefeiert, auch im Wallis. Ihr Noch-Präsident ist Bergbauer im sankt­gallischen Toggenburg. Toni Brunner spricht über die Durch­setzungsinitiative seiner Partei und seine drei Eringerkühe.

Was haben Sie heute Morgen als Erstes gemacht?

Heute Morgen habe ich sowohl meine Braunvieh­kühe wie auch meine drei Eringerkühe gemolken. Anschliessend habe ich meine Tiere in den Laufhof gelassen, sie dort gestriegelt und betreut. Das ist aber nicht jeden Tag so, weil ich circa 100 Tage pro Jahr im Bundeshaus in Bern bin. Ich lebe also sozusagen in zwei Welten.

Sie wohnen auf dem Hundsrücken in Ebnat-Kappel SG auf über 1000 Meter über Meer, und es sieht danach aus, dass es vor Kurzem viel geschneit hat. Wie lebt es sich als Bergbauer mit einem eher kleinen Bauernhof?

Ich lebe hier in den Bergen und wir haben gut und gerne sechs Monate Winter. Es ist nicht unüblich, dass wir von Ende Oktober bis Ostern Schnee haben. Um für sechs Monate Futter zu haben, müssen wir im Sommer natürlich viel heuen. Tatsächlich bin ich im schweizerischen Vergleich kein grosser Bauer. Aber Arbeit hat es genug, ich bewirtschafte 17 Hektaren Grünland und es ist zum Teil auch recht stotzig.

Wie sind Sie dazu gekommen, Eringer zu kaufen?

Das war ein spontaner Entscheid. Ich war im letzten Jahr im Goler am Ringkuhkampf und wollte mir die Tiere noch vor dem Stechen auf dem Platz ansehen. Speziell war ich auf der Suche nach der Nummer 74, weil das mein Jahrgang ist. Als ich sie gefunden habe, war es Liebe auf den ersten Blick. So konnte ich «Taifun» erwerben, noch bevor sie in die Arena geführt wurde. Zu meiner grossen Freude kam sie in den ­Final und wurde Siebte. Im Sommer habe ich dann in Turtmann gemeinsam mit einem Kollegen Kuh «Micabol» gekauft, und später kam «Lulu» dazu. Es wird auch noch ein viertes Tier geben.

Wie vertragen sich die braunen mit den schwarzen Kühen?

Problemlos. «Taifun», meine erste Eringerkuh, hat ­eine natürliche Autorität und war vom ersten Tag an die Chefin in der Herde – zum Leidwesen der bisherigen braunen Leitkuh «Linda». Von wenigen Ausnahmen abgesehen hat es keine Kämpfe gegeben. Innert Sekunden war die Hierarchie klar. Freude bereitet mir auch ihr Kalb «Tigris». Ich habe «Tigris» schon nach wenigen Tagen auf die Weide gelassen, zusammen mit viel grösseren Kälbern, darunter einem zwei Monate älteren Simmentaler Kalb. Trotzdem ging die zehn Tage alte «Tigris» schnell zum Nahkampf über, setzte nach und liess nicht locker, bis sie das viel grös­sere Simmentaler Kalb besiegt hatte.

Politisch gibt es auch verschiedene Farben, aber da funktioniert es untereinander oft nicht so gut wie unter Tieren. Wie erleben Sie das?

(lacht) Politik ist wie die Eringerzucht. Es kommt zum einen oder anderen Kampf und am Schluss gibt es einen Sieger. So braucht es auch bei Wahlen und Abstimmungen Kampfeslust, Durchhaltewillen und Stehvermögen. Ich erlebe das im Moment mit der Durchsetzungsinitiative, wo wir als SVP allein gegen alle anderen Parteien ankämpfen müssen.

Ihre Gegner sagen, die Initiative sei mit dem Völkerrecht nicht vereinbar und öffne der Willkür Tür und Tor.

Das ist falsch. Es gibt zwei Arten von Völkerrecht: zwingendes Völkerrecht, wozu das Folterverbot oder das Verbot der Sklaverei gehören, wird ja von niemandem bestritten. Dann gibt es aber allgemein völkerrechtliche Bestimmungen, die nicht zwingend sind. Und genauso handhaben wir es. Hier ansässige Ausländer, die sich an unsere Gesetze und Spielregeln halten, sind willkommen und haben nichts zu befürchten. Aber wer kriminell wird, der verwirkt sein Aufenthaltsrecht hier in der Schweiz. Alle anderen Staaten bestimmen die Regeln auf ihrem Territorium auch selber. Delikte gegen Leib und Leben oder eine Kumulation mehrerer Straftaten wie zum Beispiel Einbruch, Drohung, Körperverletzung, Diebstahl und Sachbeschädigung gehören bestraft. Das sind für mich keine Bagatelldelikte. Für das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung ist ein Einbruch mitunter das Schlimmste, was man erleben kann. Also trägt unsere Initiative auch präventiv zur Sicherheit der Bevölkerung bei. Schweizer Gefängnisse sind für ausländische Straftäter oft keine Strafe, weil sie relativ komfortabel sind. Aber eine Wegweisung wird als Strafe empfunden.

Die SVP hat in den letzten Jahren mehrere Erfolge gefeiert, zuletzt die Wahl von Guy Parmelin als zweiten SVP-Bundesrat. Wie erlebten Sie diese Wahl?

Es ist das erste Mal in der Geschichte der Schweiz, dass wir zwei von uns vorgeschlagene Regierungsmitglieder im Bundesrat stellen. In der Vergangenheit haben uns die anderen Parteien meist irgendjemanden hineingewählt, und ihn dann als unseren Vertreter hingestellt.

Das gab es aber auf linker Seite auch schon, beispielsweise als Otto Stich oder Ruth Dreifuss gewählt wurden.

Das passierte früher tatsächlich auch anderen Parteien und hat beispielsweise die SP damals vor eine Zerreissprobe gestellt. Ich finde, man sollte das Vorschlagsrecht der Parteien ernst nehmen, denn schliesslich haben sie vom Volk einen Auftrag und müssen für ihre Regierungsmitglieder die Verantwortung übernehmen. Das geht aber nicht, wenn immer nur die anderen bestimmen.

Guy Parmelin ist als aktiver Landwirt auch Ihr Berufskollege. Was versprechen Sie sich von ihm für Sie persönlich?

Guy Parmelin ist tatsächlich der erste aktive Landwirt im Bundesrat seit Paul Chaudet vor 50 Jahren zurückgetreten ist. Ein Berufskollege in der Regierung ist insofern wichtig, als dass er die nötige Sensibilität und auch ein gewisses Verständnis gegenüber der Scholle mitbringt. Mit einem Bundesrat Parmelin als Bauer und Winzer und mit Ueli Maurer, der zuvor Bauernsekretär im Kanton Zürich war, haben wir nun gar zwei Ansprechpersonen für landwirtschaftliche Anliegen. Zudem ist Parmelin Verteidigungsminister – dieses Departement ist eng mit der Landwirtschaft verbunden, geht es doch letztlich um Sicherheit und bei uns um Versorgungssicherheit.

Auch im Wallis hat Ihre Partei Erfolge gefeiert mit ­Oskar Freysinger als erstem SVP-Staatsrat und erstmals zwei SVP-Nationalräten. Was für ein Potenzial hat die SVP im Wallis noch?

Ich glaube, im Wallis ist noch mehr möglich. Was in der übrigen Schweiz schon Realität war, hat im Wallis einfach ein wenig länger gedauert. Früher gab es nur gelb und schwarz, heute ist die Stimmung aufgeschlossener und es sind auch andere Farben möglich. Speziell die Walliser sind doch freiheitsliebend und haben ein Interesse daran, dass die Schweiz frei und unabhängig bleibt.

Das klingt nach einem schönen Werbespruch, aber die SVP ist nicht die einzige Partei, die sich für die Schweiz einsetzen will.

Ich spreche das niemandem ab. Alle in der Politik wollen das Beste für das Land. Aber der Weg ist ein unterschiedlicher, so darf man sich natürlich schon fragen, ob es richtig ist, wenn wir in der Schweiz EU-Gesetze besser umsetzen als die EU-Staaten selbst.

Ende April werden Sie als SVP-Präsident zurücktreten. Warum?

Parteipräsident zu sein bedeutet 365 Tage im Jahr verfügbar zu sein. Zudem muss man in Legislaturen denken. Vor den Wahlen sollte man nicht zurücktreten, also stellte sich für mich die Frage, ob ich das nochmals vier Jahre machen will. Ich kam zum Schluss, dass ich wieder etwas mehr Freiräume haben möchte, um mich wieder vermehrt um meine Tiere und meinen Hof kümmern möchte.

Gibt es auch schon Gedanken über eine Zeit nach dem Nationalrat? Immerhin blicken Sie schon auf die drittlängste Amtszeit zurück.

Und das mit meinen 41 Jahren (lacht). Nein, im Gegenteil. Ich möchte mich auch wieder mehr auf mein Nationalratsmandat konzentrieren. Hier bin ich neu in der Sozial- und gesundheitspolitischen Kommission, einem für mich völlig neuen Gebiet. Hier steht die grosse Altersreform 2020 an. Abgesehen davon kann ich mir ein Leben ohne Politik durchaus einmal vorstellen, aber im Moment ist die Lust zu politisieren durchaus noch vorhanden.

Kommen wir zurück zu Ihren Eringerkühen. Wird man Ihnen nun öfter im Wallis, namentlich an Ringkuhkämpfen begegnen?

Ich werde in diesem Jahr an das eine oder andere Stechfest ins Wallis kommen, wenn nicht mit Kühen dann mindestens als Besucher, um mit den Züchtern den Kontakt zu pflegen. Aber bei irgendeinem Stechfest möchte ich im Verlauf dieses Jahres schon auch gerne mit einer Kuh auftauchen.

Wie organisieren Sie einen so weiten Transport vom Toggenburg ins Wallis?

Letztes Jahr habe ich mit «Taifun» am Sommerstechfest in Visperterminen teilgenommen. Ich konnte sie bereits am Donnerstag vor dem Match ins Wallis bringen, so dass sie auf einer Bergweide bei einem befreundeten Bauern noch einmal grasen und sich von der Reise erholen konnte. So oder ähnlich wärs auch in Zukunft am sinnvollsten.

Christian Zufferey

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Infos

Zur Person

Vorname Toni
Name Brunner
Geburtsdatum 23. August 1974
Familie Lebenspartnerin Esther Friedli
Beruf Landwirt
Funktion Nationalrat und SVP-Präsident 
Hobbies Jassen, Ski fahren, Geselligkeit, Wandern

Nachgehakt

Nach meinem Rücktritt wird die SVP 
wieder Wähler verlieren.
Nein
Ich werde eines Tages am nationalen Ringkuhkampffinale teilnehmen und gewinnen. Joker
Die Walliser sind die einzigen, die das 
Wolfsproblem nicht im Griff haben. 
Nein
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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Kommentare

  • Peter - 415

    Liebe Klara. Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun. Welche Massnahmen ergreifen Sie, um unsere Landwirtschaft und Tourismus zu stärken? Wahrscheinlich kaufen Sie Ihre Milch im Ausland ein. Da ist der Brunner Toni einmal mit einer "Schwarzen" auf einem Foto, und sie stören sich daran. Ihre "Probleme" möchte ich haben. Denken Sie daran Frau Zenruffinen, was Sie für Ihr Land tun können, bevor Sie über andersdenkende urteilen.

  • Klara Zenruffinen - 236

    Unsere Landwirtschaft, Industrie und Tourismusbranche leiden unter dem starken Franken, den wir der Abschottungspolitik zu verdanken haben. Welche konkreten Massnahmen ergreift die SVP, die selbsternannte bodenständige Bauern- und Volkspartei? Keine ausser, dass sich der Präsident mit seinen Eringerkühen brüstet. Kopfschüttel

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