Saas-Grund | Interview mit neuem Direktor Bergbahnen Hohsaas

«Edmond Offermann wartet, bis wir am Ende sind»

Bruno Ruppen.
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Bruno Ruppen.
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Nebst seinem Amt als Gemeindepräsident ist er seit Kurzem auch Geschäftsführer der Bergbahnen Hohsaas AG. Bruno Ruppen (64) spricht über die Zukunft und Sanierungspläne der finanziell stark angeschlagenen Bergbahnunternehmung.

Bruno Ruppen, Sie durchlaufen derzeit turbulente Tage und finden dennoch Zeit, die Fussball-WM zu verfolgen. Wo tun Sie das?

Natürlich in unserem Public Viewing im alten Dorfteil auf der grössten Leinwand des Oberwallis.

Da Sie unmittelbar daneben wohnen, behaupten böse Zungen, Sie hätten sich mit dem Bau der angesprochenen «Arena» einen eigenen tollen Vorgarten erschaffen.

Die bösen Zungen haben keine Ahnung. Wer installiert schon vor seinem eigenen Haus einen solchen Lärm, wenn er es nicht im Sinne einer Aufwertung für das Dorf macht.

Als Gemeindepräsident sind Sie seit Neustem auch noch Direktor der finanziell schwer angeschlagenen Bergbahnen. Was haben Sie seither erreicht?

Da ich ja zu einem früheren Zeitpunkt schon einmal VR-Mitglied war, kenne ich das Unternehmen gut. Vorerst führte ich mit den Mitarbeitern intensive Einzelgespräche. Dabei spürte ich einen grossen Willen, die Unternehmung wieder auf Kurs zu bringen. Vor dem Hintergrund der finanziellen Situation (3,6 Millionen Franken offene Posten, Anm. Red.) ist das ein erster wichtiger Schritt und ich bin überzeugt, dass wir nun aufgrund der uns gewährten Nachlassstundung in den nächsten vier Monaten eine Strategie entwickeln können, um künftig wieder erfolgreich sein zu können.

Über diese Strategie reden wir später. Kommen wir zuerst auf die Gründe der Misere zu sprechen. Wie konnte es so weit kommen?

Wir haben schon mehrere Jahre einen Verlust geschrieben. Die Probleme fingen also schon vor Längerem an. Ich habe schon damals mehrere Male gemahnt. Leider hat mir jeweils die Familienpolitik einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dann fehlt es der Unternehmung seit Jahren an einer klaren Strategie. Man hat einfach so jeden Trend mitgemacht: Familien, Kinder, Biker, Skifahren usw. Nun gilt es, uns strategisch scharf zu positionieren und bei der Umsetzung ein entsprechend attraktives Angebot auszuarbeiten. Und schliesslich hat uns auch der «Hammerdeal» getroffen.

Inwiefern?

Als Saas-Fee damit begonnen hat, war er im ersten Jahr ein voller Erfolg. Die Destination Saastal war in aller Munde und der damit verbundene Marketingeffekt war Gold wert. Im zweiten Jahr, als das Angebot auf Saas-Grund/Hohsaas ausgeweitet wurde, hätte der Preis auf 333 Franken ansteigen müssen. Es kann nicht sein, dass für ein grösseres Angebot praktisch der identische Preis bezahlt werden muss. Und letztlich wurden weniger Karten abgesetzt als erwartet. Damit fehlen den Bahnen gegen sechs Millionen Franken in der Kasse.

Die Rücktritte aus dem Verwaltungsrat sind enttäuschend

Sie stehen dieser Strategie offenbar kritisch gegenüber und gleichzeitig wird das Angebot für die nächste Wintersaison wieder angeboten. Was werden Sie tun?

Meine Meinung dazu ist klar und deutlich. Wenn die diesjährige erwartete Anzahl von 66 666 Karten bis zum festgelegten Termin nicht abgesetzt wird, muss die Übung abgeblasen werden. Dann starten wir nächste Wintersaison mit unseren eigenen Angeboten wie früher. Das schliesst aber eine weiterhin enge Zusammenarbeit mit den Bergbahnen Saas-Fee nicht aus. Ich denke da beispielsweise an gemeinsame Kombibillette, wie es sie bereits vorher gab.

Apropos Saas-Fee. Haben Sie bezüglich Geldbeschaffung auch bei Edmond Offermann angeklopft (Grossaktionär Saas-Fee Bergbahnen, Anm. Red.)?

Ich habe schon ein paar Mal mit ihm Kontakt aufgenommen, aber unabhängig von unserem Problem. Es kam aber nie etwas zurück. Ich denke, er wartet, bis wir definitiv am Ende sind, um uns dann zu übernehmen. So weit soll es aber nicht kommen. Darum werden wir an zwei Orten in der Schweiz Investorenmeetings auf die Beine stellen, um potenzielle Geldgeber anzulocken. Heutzutage investiert niemand aus betriebswirtschaftlichen Gründen in eine Bergbahn. Darum müssen Geldgeber mit anderen Angeboten überzeugt werden.

Warum so lange warten? Fusionieren Sie doch.

So einfach ist das nicht. Zudem sind die Saas-Fee Bergbahnen finanziell auch nicht auf Rosen
gebettet. Aus zwei Kranken entsteht kein
Gesunder.

Sie wollten im letzten Jahr den Verwaltungsrat der Hohsaas Bergbahnen entpolitisieren, was schliesslich gelang. Heute, knapp sieben Monate später, sind der VR-Präsident und ein weiteres VR-Mitglied zurückgetreten und Sie als Politiker sind plötzlich wieder im Spiel. Wie glaubwürdig sind Sie?

Mich als Gemeindepräsident in einer solchen Situation von der Verantwortung zu drücken, wäre unverantwortlich. Dafür sitzt die Gemeinde mit 61 Prozent Beteiligung zu tief drin. Diesbezüglich bin ich eh der Meinung, dass die Gemeinde ihre Beteiligung auf unter 50 Prozent zurückschrauben sollte. Das würde uns trotzdem immer noch nicht die Verantwortung allfälliger Finanzhilfen entziehen. Derzeit weist die Gemeinde eine Pro-Kopf-Verschuldung von 7300 Franken aus. Das erlaubt uns einen gewissen Spielraum für all-
fällige Hilfe.

Zu den angesprochenen Rücktritten aus dem Verwaltungsrat haben Sie sich jetzt nicht geäussert. Absicht?

Nein, das war keine Absicht.

Mit dem Nein zur Saastalhalle kann ich leben

Also bitte…

Ehrlich gesagt finde ich das enttäuschend. Ich habe bei deren Rekrutierung immer gesagt, dass dieses Mandat viel Arbeit mit sich bringen wird. Dass nun nach knapp sieben Monaten bereits die Segel gestrichen werden, ist schade. In diesem Zusammenhang gilt es aber auch zu erwähnen, dass sich die drei verbleibenden Mitglieder klar zum Unternehmen und zu ihrer Aufgabe bekannt haben und bereit sind, es gemeinsam anzupacken. So sind die Löhne gesichert und die Bahnen laufen weiter wie gehabt. Wie schon erwähnt arbeiten im Hintergrund alle Beteiligten mit Hochdruck an einer Lösung. Die bewilligte Nachlassstundung gibt uns die nötige Zeit. Trotzdem muss es schnell gehen. Denn wir brauchen innert vier Monaten eine Million Franken und wir müssen bis dahin der Nachlassverwaltung aufzeigen, dass es erfolgreich weitergeht.

Eine weitere Personalrochade betrifft den Posten des Direktors. Sie bekleiden diesen nach eigenen Angaben nur so lange, bis jemand gefunden wird. Was muss die neue Person mitbringen?

Einfach wird es nicht sein, jemanden zu finden, zumal ein Vollzeitjob für die Leitung eines Unternehmens mit 16 Mitarbeitern im Sommer und etwa 45 Mitarbeitern im Winter wahrscheinlich zu viel ist. Es muss aber jemand sein, der gewillt ist anzupacken und sich nicht zu schade ist, Entscheide zu fällen. Eine Person mit klaren Vorstellungen und Führungsqualitäten.

Übrigens. Wie viel verdienen Sie als Direktor?

(lacht) Der Verwaltungsrat und ich sind uns diesbezüglich noch nicht einig. Sicher ist aber, dass ich mir den Posten nicht vergolden lassen werde. Aber gratis werde ich auch nicht arbeiten.

Reden wir über die Saastalhalle. Sie haben viel Zeit und Energie in das Projekt gesteckt, der Rückhalt in der Talbevölkerung war gelinde gesagt bescheiden. Nun haben sich auch die Gemeinderäte von Saas-Fee und Saas-Almagell offiziell dagegen ausgesprochen. Eine persönliche Niederlage für Sie?

Absolut nicht. Ehrlich gesagt hätte ich gerne eine solche Halle für das Saastal gesehen. Nun muss man sich halt eingestehen, dass der Rückhalt nicht da ist. Das Ganze nun auf Eis zu legen, damit kann ich leben. Aber die Idee an sich ist ja nicht gestorben und kann jederzeit wieder aktuell werden. Vielleicht wird es die nächste Generation anpacken.

Wo sehen Sie das touristische Saastal in zehn Jahren?

Die Welt hat sich in den letzten Jahren verändert, nur wir sind offenbar stehen geblieben. Wenn man nicht den Mut hat Projekte anzupacken und damit verbunden auch nicht bereit ist, gewisse Risiken auf sich zu nehmen, so sehe ich keinen Fortschritt. Im Gegenteil: Dann werden wir weiter stehen bleiben.

Peter Abgottspon

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Infos

Vorname Bruno
Name Ruppen
Geburtsdatum 23. März 1954
Familie verheiratet, drei Kinder
Beruf pensionierter Chemieingenieur
Funktion Gemeindepräsident, Direktor Bergbahnen
Im Saastal herrscht zu viel Familienpolitik.

Ja

Mit der Saastalhalle wollte ich mir ein Denkmal setzen. Nein
Ich bin ein guter Reiter Nein
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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