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«Es gibt wichtigere Dinge für das Wallis als die Flüchtlingskrise»

Thomas Burgener.
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SPO-Ständeratskandidat Thomas Burgener (61) will sich für die Wiedereinführung des Euro-Mindestkurses einsetzen, findet, dass es für das Wallis wichtigere Themen als die Flüchtlingskrise gibt und könnte mit einem erleichterten Abschuss des Wolfs gut leben.

Thomas Burgener, der Wahlkampf ist in vollem Gange. Ihre Kontrahenten überbieten sich mit ausgefallenen Aktionen wie Wanderungen durch das Wallis oder das Verteilen von Glacé. Warum kommt von Ihnen keine solche Aktion?
Es ist nicht so, dass ich nur herumsitze, Auch ich suche im Wahlkampf den Kontakt zu den Menschen, bin präsent, etwa beim Verteilen von Flugblättern und an Sportanlässen. Mir geht es dabei aber darum, dass ich nicht nur Äpfel verteile, sondern auch immer Inhalte vermittle, zum Beispiel mit dem Verteilen einer Wahlzeitung. Nur Geschenke machen ist zu billig.

Sie sind seit vielen Jahren in der Politik, dies ist nicht Ihr erster Wahlkampf. Werden Wahlen immer mehr zum Entertainment?
Wenn ich an frühere Wahlkämpfe zurückdenke, so hat sich schon einiges verändert. Das liegt aber auch an den neuen Kommunikationsformen, wie Facebook und Ähnlichen. Diese Kanäle muss man heutzutage nutzen, vor allem, wenn man die jüngere Wählerschaft erreichen will. Allerdings habe ich den Vorteil, dass ich bereits viel politische Erfahrung gesammelt habe, als Nationalrat oder Staatsrat. Ich muss das Metier des Politikers nicht mehr lernen. Die Leute kennen mich, wissen, wofür ich stehe. Deshalb muss ich wohl kein Wahlmobil basteln oder so. Ich fahre nur mit dem Velo herum, manchmal auch mit dem Töff (lacht).

Wenn Sie sagen, dass Sie den Politikerberuf nicht mehr lernen müssen, ist dies eine Kritik an einem Quereinstieg in die Politik?
Eine Legislatur ist nicht so lang. Wenn man da zuerst noch die politischen Prozesse und Instrumente kennenlernen muss, so verliert man viel Zeit. Einige meiner Konkurrenten haben ebenfalls einige Erfahrung, zum Beispiel aus dem Grossen Rat, andere dagegen nicht. Das kann schon ein Nachteil sein.

Kommen wir nochmals auf Ihre Kampagne zurück. Sie investieren rund 70 000 Franken in den Wahlkampf, bezahlt aus der eigenen Tasche. Von der Partei gibt es keine Unterstützung. Glaubt die Parteispitze nicht an Sie?
Doch, natürlich. Es ist ja nicht so, dass ich überhaupt keine Unterstützung von der SPO erhalte. Immer wenn ein Plakat oder ein Flyer für unsere Nationalratskandidaten gemacht wird, so bin ich auch mit drauf. Dass meine Kampagne nicht direkt mit Geldern der Partei unterstützt wird, liegt daran, dass schlicht das Geld fehlt.

«Die Nationalbank hat jegliche Glaubwürdigkeit verloren»

Vor sechs Jahren sind Sie aus der Walliser Regierung ausgeschieden. Nun das politische Comeback mit der Kandidatur für den Ständerat. Fehlt es der SPO an jüngeren Kandidaten?
Was meine Kandidatur für den Ständerat betrifft: Wenn die SP eine reelle Chance auf den Ständeratssitz haben will, macht es keinen Sinn, einen Youngster ins Rennen zu schicken und zu verbraten. Ich habe umgekehrt wohl den grössten Bekanntheitsgrad und die meiste Erfahrung Wir haben viele junge Menschen, die bei uns politisch aktiv sind, in der JUSO. Zwischen 30 und 45 haben wir aber einige Lücken. Die müssen wir füllen. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn wir im Oberwallis mehr junge Leute hätten, die sich für eine soziale Politik begeistern.

Kommen wir auf die aktuelle Flüchtlingskrise zu sprechen. Können Sie überhaupt hinter dem Wort «Krise» stehen?
Es handelt sich in meinen Augen um eine institutionelle Krise. Die Instrumente der EU mit den Schengen-Dublin-Abkommen werden der heutigen Situation nicht mehr gerecht. Es wird neu ein solidarischer, der wirtschaftlichen Leistung der Länder entsprechender Verteilschlüssel nötig sein, um die flüchtenden Menschen aufzunehmen. Selbstverständlich muss auch die Schweiz in diesen Schlüssel miteinbezogen werden. Wir sind zwar nicht Mitglied in der EU, aber Teil Europas. Die Probleme des Kontinents sind auch unsere Angelegenheit.

Wie beurteilen Sie denn die aktuelle Rolle der Schweiz in der Flüchtlingskrise?
Ich bin erstaunt darüber, wie ambivalent die Schweizer Politik derzeit auftritt. Wenn man sich die Ansichten viele Politiker betrachtet, so stellt man fest, dass einerseits immer wieder gesagt wird, dass man die Situation in den betroffenen Ländern verbessern müsse. Gleichzeitig wollen dieselben Politiker aber die Gelder für Entwicklungszusammenarbeit kürzen. Das passt nicht zusammen. Selbstverständlich kann die Schweiz nicht die Probleme der ganzen Welt lösen, aber wir müssen unseren Beitrag leisten. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass es wichtigere Dinge für das Wallis gibt als die Flüchtlingskrise.

Die da wären?
Sicherlich der harte Franken. Industrie und Tourismus leiden vorab im Wallis enorm darunter. Die Aufgabe des Mindestkurses durch die Nationalbank war ein Fehler, ganz klar. Nun kann man mit dem jetzigen Direktorium der Nationalbank SNB nicht mehr zurück, da die SNB-Spitze jegliche Glaubwürdigkeit verloren hat.

Und das heisst?
Das Parlament müsste meiner Meinung nach Druck auf den Bundesrat ausüben, dass dieser das jetzige Direktorium der SNB absetzt und dann ein neues bestimmt, welches glaubwürdig wieder einen Mindestkurs einführen kann. Das würde uns im Wallis viel mehr helfen als irgendwelche Diskussionen über den Wolf.

Dennoch scheint am Thema Wolf kein Weg vorbeizuführen. Wie stehen Sie dazu?
Der Wolf wurde von einigen Parteien als Thema so stark bewirtschaftet, dass die realen Probleme in den Hintergrund getreten sind. Das ist schade. Was den Schutz des Wolfs betrifft, so bin ich der Meinung, dass man nicht den Wolf schützen kann, die Schafe dagegen ihrem Schicksal überlässt. Es braucht mehr Herdenschutz. Aber ich könnte mit einem erleichterten Abschuss von Wölfen durchaus gut leben.

Kommen wir zur Rentenreform, die derzeit läuft. Was halten Sie von den derzeitigen Bemühungen, die Renten zu sichern?
Die letzten beiden Rentenreformen sind kläglich gescheitert, weil es Abbauvorlagen waren. Nun hat Bundesrat Alain Berset es geschafft, das Problem der Renten ganzheitlich anzugehen. Gleichzeitig ist aber jetzt schon klar, dass es eine Volksabstimmung geben wird, da die eine oder andere Seite das Referendum ergreifen wird. So eine Volksabstimmung gewinnt man aber nur, wenn kein Leistungsabbau vorgenommen wird. Deshalb ist es sicher positiv, dass die AHV gestärkt wurde. Was ich dagegen stossend finde, ist die Erhöhung des Rentenalters der Frauen.

«Ich könnte mit einem erleichterten Abschuss von Wölfen gut leben»

Warum das?
Frauen verdienen für die gleiche Arbeit leider immer noch im Schnitt bis zu 20 Prozent weniger als Männer. Entsprechend sind ihre Renten auch kleiner. Und nun sollen sie auch noch länger arbeiten? Ein gleiches Rentenalter wäre dann gerecht, wenn auch die Löhne von Frauen und Männern gleich wären.

Sie befürworten mittelfristig einen Beitritt der Schweiz zur EU (siehe Kasten rechts). Warum das?
Vorläufig ist es wichtig, dass die Schweiz die bilateralen Verträge mit der EU rettet. Auf längere Sicht wird sich aber die Frage nach einem Beitritt zur EU sicher wieder stellen. Und dann wird alles sehr schnell gehen, ähnlich wie es mit der Aufhebung des Bankgeheimnisses gelaufen ist. Schon jetzt müssen wir viele Vorschriften der EU befolgen, es bleibt uns gar nichts anderes übrig. Darum wäre es doch sinnvoll, wenn die Schweiz diese Vorschriften mitbestimmen könnte. Die Angst, dass es dem Land nach einem EU-Beitritt schlechter gehen würde, halte ich derweil für unbegründet. Es ist ja nicht so, dass die Menschen in unseren Nachbarländern am Hungertuch nagen.

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Kandidaten an der Urne

Im grossen Frontalinterview kommt jeweils ein Oberwalliser Ständeratskandidat zu Wort. Damit sich das Wahlvolk ein besseres Bild über die Ansichten und Positionen der Kandidaten machen kann, müssen die Interviewpartner an der RZ-Urne Stellung beziehen.
Wie jeder Stimmbürger kann der Kandidat mit Ja, Nein oder Stimmenthaltung (leer) antworten.

Stimmabgabe von Thomas Burgener, Ständeratskandidat SPO

Soll der Wolf in der Schweiz bejagt werden? Ja
Sind Sie für eine Erhöhung des Rentenalters? Nein
Ist eine Festlegung der Obergrenze bei den Krankenkassenprämien notwendig? Ja
Sollen die Gelder für Sozialhilfeempfänger gekürzt werden? Nein
Muss die Schweiz gegenüber Deutschland bei den Strompreisen aggressiver auftreten? Ja
Soll das SRF weniger Gebührengelder erhalten? Nein
Muss die Schweiz mehr in die Terrorbekämpfung investieren? Nein
Soll die Schweiz an den bilateralen Verträgen festhalten? Ja
Sollen mehr Gelder aus der Mineralölsteuer in das Strassennetz investiert werden? Nein
Finden Sie, dass die Schweiz aus der Atomenergie aussteigen muss? Ja
Soll die Schweiz mehr Flüchtlinge aufnehmen? Ja
Soll der Wechselkurs des Frankens wieder an den Euro geknüpft werden? Ja
Befürworten Sie einen mittelfristigen Beitritt der Schweiz zur EU? Ja

Martin Meul

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Infos

Zur Person

Vorname Thomas
Name Burgener
Geburtsdatum 11. August 1954
Familie verheiratet, zwei Kinder
Beruf Jurist
Hobbies Rebbau, Velofahren, Tambouren und Pfeifer, Besuch von Open Airs.

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