Frontalinterview | Visp

«Im kommenden Jahr werden in Visp 100 Millionen investiert»

Jörg Solèr
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Jörg Solèr (38) leitet seit dem 1. Juli den Standort Visp von Lonza. Im Interview spricht er über seinen Führungsstil, Stellenabbau, neue Investi­tionen und die Quecksilberaffäre.

Jörg Solèr, Sie sind nun seit ein paar Monaten der neue Standortleiter in Visp. Wie haben Sie die erste Zeit in Ihrer neuen Rolle erlebt?
Die ersten Monate waren für mich vor allem durch die Anpassungen an die neue, zusätzliche Position geprägt. Ich bin nach wie vor Leiter Operations Special Ingredients Visp und nun eben auch noch Standortleiter. Dank meiner Mitarbeitenden, die mich sehr gut unterstützt haben, ist diese Anpassung gut gelungen.

Was sehen Sie als die grössten Herausforderungen, die auf Sie als Standortleiter in nächster Zeit zukommen?
Ich sehe hier vor allem zwei grosse Herausforderungen. Einerseits geht es darum, den Standort Visp für die Zukunft zu positionieren und dabei den Transformationsprozess, den wir in den letzten Jahren eingeleitet haben, fortzusetzen. Andererseits liegen mir Umweltthemen und Arbeitssicherheit sehr am Herzen. Bei Lonza Visp soll es keine Arbeitsunfälle geben, daran arbeiten wir jeden Tag.

Was heisst «den Standort für die Zukunft positionieren»?
In den letzten Jahren hat sich die Produktion in Visp stark verändert. Wir haben neue Produkte und Produktionsprozesse in unser Portfolio aufgenommen. Die Biotechnologie wurde gestärkt mit der Einrichtung eines entsprechenden Kompetenzzentrums. Die Märkte, in denen Lonza aktiv ist, haben sich verändert, und wir verändern uns mit. Das ist, was ich mit Neupositionierung meine. Es geht darum, sich an die Entwicklungen anzupassen. Das ist besonders für ein grosses Werk wie Visp von zentraler Bedeutung. Wir müssen strategisch vorgehen, Schnellschüsse sind nicht zielführend.

Werden denn gewisse Produkte künftig nicht mehr in Visp produziert?
Das ist ein natürlicher Prozess. Lonza produziert heute nicht mehr dieselben Produkte wie vor 100 Jahren. Es wird immer gewisse Anpassungen im Portfolio geben, auch in den Mehrzweckanlagen. Verschwindet ein Produkt vom Markt oder ändern sich Kundenbeziehungen, so müssen wir uns anpassen. Das gelingt uns aber sehr gut. Unsere technischen Möglichkeiten sind sehr breit. Hinzu kommt die grosse Stärke des Standorts Visp – die Mitarbeitenden. Unsere Leute identifizieren sich sehr stark mit unserem Betrieb und sind bestens ausgebildet. Ich denke, dass diese Faktoren es dem Werk Visp ermöglichen, sich immer wieder anzupassen und auch auf externe Faktoren wie Energiepreise, Währungsschwankungen oder Umweltauflagen erfolgreich zu reagieren. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Lonza diesen Weg gehen kann, auch wenn dieser vielleicht manchmal schmerzhaft ist. Wir mussten in den letzten Jahren Stellen streichen, das macht man überhaupt nicht gerne, auch wenn diese in anderen Bereichen teilweise wieder aufgebaut werden können. Wenn die Rahmenbedingungen es aber erfordern, so muss ein Unternehmen diesen Weg gehen.

Sie gelten in dieser Beziehung bei manchen als «harter Hund». Wie sehen Sie sich selber?
Es ist klar, dass ich in meiner Zeit bei Lonza gewisse Entscheidungen traf, die nicht allen gefallen und die auch Angestellte direkt betroffen haben. Dann ist klar, dass man bei einigen Leuten als «hart» gilt. Ich denke aber, dass das zu unserem Job gehört. Wie sind verpflichtet, das Richtige zu tun, die Wahrheit auf den Tisch zu bringen und entsprechend zu entscheiden. Das erwarte ich von allen meinen Führungskräften. Sie dürfen nicht nur immer lieb und nett sein, sondern müssen, wenn es die Situation verlangt, auch einmal einen weniger populären Entscheid treffen. Aber, und das ist mir sehr wichtig, die Mitarbeitenden liegen mir sehr am Herzen, denn wie gesagt sind sie zum grossen Teil für unseren Erfolg verantwortlich. Genau deshalb muss man aber manchmal konsequent sein, denn es kann nicht sein, dass wir uns am schwächsten Glied der Kette orientieren. Vielmehr müssen wir noch mehr auf unsere besten Kräfte setzen, um die besten Resultate zu erzielen. Lonza hat eine soziale Verantwortung, irgendwann kommt jedoch der Punkt, wo man Massnahmen einleiten muss, die nicht alle glücklich machen.

Lonza rechnet für das laufende Jahr mit einem guten Ergebnis. Welchen Anteil hat das Werk in Visp daran?
Zahlen für die einzelnen Standorte weist Lonza nicht aus. Im Halbjahresergebnis sieht man aber gut, dass die Bereiche, die auch in Visp angesiedelt sind, einen grossen Beitrag an das Ergebnis leisten. Das Werk Visp trägt natürlich durch seine Grösse zum guten Ergebnis bei, aber nicht nur. Das gesamte Netzwerk von Lonza ist derzeit gut unterwegs.

Sie haben vorhin schon davon gesprochen, dass Lonza Stellen abbauen musste. In den kommenden drei Jahren sollen noch 90 weitere folgen. Wie sieht es mit diesem Abbau aus?
Das läuft vor allem über natürliche Fluktuationen. Jedes Jahr gehen etwa 100 unserer Angestellten in Pension. Die entsprechenden Projekte für den Stellenabbau sind aufgegleist und werden in der nächsten Zeit umgesetzt. Wir haben aber weniger ein Problem mit dem Abbau von Stellen als offene Stellen neu zu besetzen.

Warum das? Lonza gilt doch als ausgesprochen attraktiver Arbeitgeber.
Es stehen weniger junge Leute schon wegen der sinkenden Geburtenrate zur Verfügung. Wir müssen uns daher überlegen, wie wir die Abgänge kompensieren können. Das beschäftigt mich viel stärker als die Abgänge selbst. Bei der Besetzung der Lehrstellen stehen wir vor den gleichen Herausforderungen, wie die meisten Unternehmen im Land. Darum müssen wir uns überlegen, wie wir junge Menschen in unseren Betrieb integrieren können. Einerseits versuchen wir, unsere Lehrstellen attraktiver zu gestalten, indem wir beispielsweise die Möglichkeit bieten, dass man bei Lonza nach der Lehre eine Vollzeit-Berufsmatura machen kann und weiterhin noch Lohn erhält. Dies natürlich in der Hoffnung, dass die jungen Leute eines Tages, wenn sie dann eine weiterführende Ausbildung abgeschlossen haben, wieder bei uns arbeiten. Dann sind wir auch dabei, Modelle zu entwickeln, mit denen wir Schüler, die vielleicht nicht ganz so gute Noten hatten, ebenfalls in unsere Betriebe und Prozesse integrieren können. Man sieht: Die Nachwuchs­frage ist auch für uns eine sehr zentrale.

In den letzten Jahren war in Zusammenhang mit Lonza viel von Effizienzsteigerung die Rede. Geht diese Entwicklung weiter?
Die Effizienz in Visp hat in der Tat sehr stark zugenommen. In diesem Sinne sind die Bemühungen der letzten Jahre von Erfolg gekrönt, denn wir konnten sehr viel der Währungsverluste und Preissenkungen so wettmachen. Jetzt müssen wir aber aufpassen.

Aufpassen?
Weil es jetzt gerade gut läuft, dürfen wir auf keinen Fall nachlässig werden. Man hat eine grosse Herausforderung bewältigt und plötzlich läuft man Gefahr, dass man träge wird. Die Herausforderung ist es, auf der Effizienzschiene zu bleiben, auf der wir jetzt sind. Und natürlich möglichst weiterhin Verbesserungen der Effizienz vorzunehmen. Das Motto ist: Halten und leicht verbessern.

Stichwort Investitionen. Wie sieht es dort für den Standort Visp im kommenden Jahr aus?
Für das kommende Jahr planen wir wiederum Investitionen von rund 100 Millionen in Visp. Erfreulich ist dabei, dass wir in allen Bereichen investieren werden. Das heisst, dass wir auch immer wieder Mittel zur Verfügung haben, um ältere Prozesse zu optimieren. Dann kommen neue Anlagen hinzu und zum Schluss werden die Mittel auch immer wieder eingesetzt, um Ersatzinvestitionen zu tätigen, sprich Anlagen instand zu halten. Das ist ein positives Signal für Visp. Nicht zu vergessen unsere Investitionen in den Umweltschutz. Das ist besonders zentral.

Warum?
In Visp haben wir einen hohen Standard, was die umweltverträgliche Produktion betrifft. Das kann je länger je mehr auch zu einem Wettbewerbsvorteil werden, da Umweltbehörden weltweit die Schrauben langsam anziehen.

Kommen wir noch zur Quecksilberaffäre. Wie ist der Stand der Dinge aus Sicht von Lonza?
Wir sind mit Hochdruck dabei, die ganzen technischen Untersuchungen durchzuführen. Unser Ziel ist es, so schnell wie möglich mit den Sanierungen der Böden zu beginnen. In einer ersten Phase liegt der Fokus auf dem Siedlungsgebiet. Allerdings hängt das Tempo nicht nur von uns ab, da wir nicht der einzige Player in diesem Spiel sind. Sobald alle nötigen Resultate vorliegen, werden wir mit den Sanierungen beginnen.

Wird die Quecksilberaffäre für Lonza jemals ausgestanden sein?
Davon gehe ich aus. Was den Zeithorizont betrifft, ist es schwierig zu sagen, wann das Thema vollständig abgeschlossen wird, da viele Faktoren eine Rolle spielen. Ich denke aber, dass ich persönlich es noch erleben werde, dass gute Lösungen gefunden und umgesetzt worden sind.

Martin Meul

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Infos

Zur Person

Vorname Jörg
Name Solèr
Geburtsdatum 22. August 1977
Familie Verheiratet
Beruf Chemieingenieur
Funktion Standortleiter Lonza Visp
Hobbies Theologie, Lesen

Nachgehakt

Der Posten des Standortleiters ist das 
Karrieresprungbrett am Standort Visp.
Nein
Wenn ich nicht Standortleiter wäre, würde 
ich Religion unterrichten.
Ja
Ich war schon einmal persönlich in jedem Betrieb am Standort Visp. Ja
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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