Frontal-Interview | Fernando Lehner zum Jahresergebnis der BVZ Gruppe

«Wir planen eine Excellent­-Klasse­ im Glacier Express»

Geschäftsführer der BVZ Gruppe Fernando Lehner.
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Geschäftsführer der BVZ Gruppe Fernando Lehner.
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«Die Zahlen der Schweizer Kunden sind nahezu stabil geblieben.»
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«Die Zahlen der Schweizer Kunden sind nahezu stabil geblieben.»
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Fernando Lehner, Geschäftsführer der BVZ Gruppe, blickt auf ein gutes Geschäftsjahr 2016 zurück. Anlass zur Freude geben vor allem die Zahlen der Gornergrat Bahn und des Glacier Express.

Fernando Lehner, die BVZ Gruppe konnte im letzten Jahr den Ertrag um 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 143 Millionen Franken steigern. Wie kam dieses Resultat zustande?
Wir haben ein sehr gutes Jahr hinter uns. Dafür spricht auch, dass wir 2016 11,5 Prozent mehr Gewinn als 2015 gemacht haben, insgesamt 8,7 Millionen Franken. Einen grossen Anteil an dem guten Geschäftsgang hat die Gornergrat Bahn.

Wie lief es am Gornergrat?
Bei der Gornergrat Bahn haben wir einen Ertrag von 26,2 Millionen Franken erzielt. Das sind fast 5 Prozent mehr als 2015. Besonders erfreulich daran ist, dass wir damit den aktuellen touristischen Tendenzen trotzen konnten. Während andere, vergleichbare Angebote in der Schweiz Rückgänge hinnehmen mussten, haben wir zugelegt.

Wer fuhr denn vor allem auf den Gornergrat?
Die Zahlen der Schweizer Kunden sind nahezu stabil geblieben. Auf der anderen Seite mussten wir bei Gästen aus Deutschland, Grossbritannien, Skandinavien und Russland, aufgrund des schwachen Euros und Rubels, Rückgänge hinnehmen. Dies konnten wir jedoch mit Gästen aus den wichtigen Fern- und Überseemärkten und aus Italien kompensieren. In Taiwan, Thailand, Südkorea und den USA legte besonders das Gruppengeschäft zu.

Was stimmt sie am Geschäftsergebnis sonst noch positiv?
Im Geschäftsfeld «Mobilität», also im Regionalverkehr und dem Autoverlad an der Furka haben wir ebenfalls zulegen können. Der Ertrag beläuft sich hier auf 55,6 Millionen Franken. Was uns aber auch Freude macht, ist, dass wir mit dem Glacier Express einen Gewinn von rund 270 000 Franken erwirtschaften konnten.

Das sah im Vorjahr noch ganz anders aus. Haben Sie den Turnaround beim Glacier Express also geschafft?
Von einem Turnaround zu sprechen, wäre vielleicht etwas zu früh. Sicher ist es erfreulich, dass wir auch mit dem «langsamsten Schnellzug der Welt» wieder den Ertrag steigern konnten und einen anständigen Gewinn gemacht haben. Wir haben festgestellt, dass viele Kunden, vor allem jene aus den Fernmärkten in Asien, kaum noch die Zeit finden, die ganze Strecke des Glacier Express zu fahren. Für uns bedeutet das, dass wir uns anpassen und neue Angebote kreieren müssen.

Wie tun Sie das?
Einerseits sind wir dabei, neue «Kurzstrecken» zu schaffen. Besonders asiatische Gäste wollen in kurzer Zeit möglichst viel von der Schweiz sehen. Tagsüber gehen diese vielleicht noch in Luzern shoppen, abends wollen sie dann aber schon in Zermatt sein. Darum lancieren wir beispielsweise eine neue Verbindung, bei der die Gäste am späten Nachmittag in Andermatt den Glacier Express besteigen können und am Abend in Zermatt sind. Dann stellen wir fest, dass viele Kunden auch im Zug auf keinen Luxus verzichten wollen.

«Wir konnten den aktuellen touristischen Tendenzen trotzen»

Deshalb planen wir eine «Excellent-Klasse» im Glacier Express. Den Gästen steht in dieser Klasse zum Beispiel ein Steward zur Verfügung und auch sonst werden sie auf keine Annehmlichkeit verzichten müssen. Dazu rüsten wir das Rollmaterial des Glacier Express für 20 Millionen Franken auf, die Innenausstattung wird komplett überholt. Wir sind überzeugt, dass wir so den Bedürfnissen der Kunden entgegenkommen, was sich dann mittelfristig sicher positiv auf die Beförderungszahlen im Glacier Express auswirkt.

Die Zahlen der Gruppe entwickeln sich gut. Gibt es trotzdem Sparbemühungen?
Es ist die Aufgabe einer jeden Geschäftsführung, möglichst effizient unterwegs zu sein. Nehmen wir als Beispiel den Halbstundentakt zwischen Zermatt und Fiesch. Ohne Effizienzsteigerung wäre es nicht möglich, diesen dichten Fahrplan anzubieten. Führt man eine solche Neuerung ein, braucht es immer um die drei Jahre, bis das Angebot bei den Kunden defacto angekommen ist und man wirklich weiss, wie stark die Nachfrage tatsächlich ist. Stellt sich heraus, dass man eine permanente Unterdeckung hat, so ist klar, dass man an der Effizienz arbeiten muss, um das Angebot weiterhin anbieten zu können. Das ist aber hier nicht der Fall, ganz im Gegenteil – der Halbstundentakt ist gut ausgelastet.

Gespart wird auch an den Bahnhöfen. Schalter werden geschlossen.
Es ist leider das gleiche Phänomen, mit dem auch die Post oder Banken zu tun haben. Durch die Digitalisierung findet eine Verlagerung der administrativen Geschäfte weg vom Schalter hin zu Online-Plattformen statt. Und dann macht es einfach keinen Sinn, einen Schalter, dem die nötigen Frequenzen fehlen, offen zu lassen. Letztendlich bestimmt der Kunde, wo er welche Leistung in Anspruch nehmen will. Um das Wegfallen der Schalter zu kompensieren, setzen wir aber im Sinne der Kunden auf unsere Zugbegleiter. Viele Sachen, die man früher am Schalter erledigen konnte, werden heute von den Zugbegleitern angeboten, hauptsächlich natürlich der Kauf von Billets.

Das neue Geschäftsjahr ist rund zwei Monate alt. Wie sind Sie ins Jahr 2017 gestartet?
Der Start war sehr gut, die Tendenz zeigt nochmals nach oben.

Was stimmt Sie positiv?
Die Nachfrage nach dem Glacier Express ist gut und die Gornergrat Bahn bewegt sich auf einem konstant guten Niveau. Zudem finden im Sommer auf dem Riffelberg wieder Freilichtspiele statt. Das wird sicher zusätzliche Frequenzen generieren.

Wo sehen Sie Herausforderungen für das Unternehmen?
Wir sind ein Unternehmen mit internationaler Kundschaft. Entsprechend haben geopolitische Entwicklungen Einfluss auf uns. Sinkt beispielsweise die Reiselust aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage, so spüren wir dies natürlich. Wir haben aber darauf keinen Einfluss. Es bleibt uns nur übrig, ein fittes Unternehmen zu sein, das sich globalen Trends anpassen kann, was uns, davon bin ich überzeugt, gut gelingt. Mehr Sorgen macht mir die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs durch die öffentliche Hand. Der Druck, die Kosten zu senken, ist gross. Wir machen der öffentlichen Hand Offerten für den Regionalverkehr, sprich für die Anbindung der Regionen Mattertal, Goms, Urseren und Surselva an das ÖV-Netz. Schon jetzt wissen wir, dass seitens unserer Besteller, das sind der Bund sowie die drei Kantone Wallis, Uri und Graubünden, der Wunsch besteht, für das kommende Jahr eine Offerte vorzulegen, die das gleiche umfangreiche Verkehrsangebot beinhaltet, aber spürbar weniger kostet. Das entspricht in etwa der Quadratur des Kreises und ist eigentlich nicht zu bewerkstelligen.

Stichwort öffentliche Gelder. Die BVZ Gruppe schüttet eine Dividende von 11 Franken pro Aktie aus. Gleichzeitig erhalten Sie Gelder von der öffentlichen Hand. Bezahlen Sie also Ihre Aktionäre mit Steuergeldern?
Nein, diese Annahme ist absolut falsch. Die Dividenden werden von der BVZ Holding nur aus jenen Geschäftsfeldern ausgeschüttet, die privat sind. Einfacher ausgedrückt: Macht die privat betriebene Gornergrat Bahn Gewinn, so gibt es eine Dividende. Gleiches gilt bei Einnahmen aus den Immobilienaktivitäten der BVZ Holding. Nehmen wir aber unsere Infrastruktur AG, die für den Unterhalt der Strecken und Bahnhöfe zuständig ist und in die viele öffentliche Gelder fliessen, präsentiert sich die Situation ganz anders. Die BVZ Gruppe besitzt keine Aktien an dieser AG, kann folglich auch keine Dividenden ausschütten. Dann bezahlt der Bund auch für von uns erbrachte ÖV-Leistungen, und zwar an die Matterhorn Gotthard Verkehrs AG. An dieser AG hält die BVZ Holding zwar 75 Prozent der Aktien, trotzdem dürfen wird hier nur Dividenden ausschütten, die in Form von Zinserträgen auf unser Eigenkapital in dieser AG erzielt wurden. Der maximale Zinssatz ist dabei jeweils so hoch wie der der Bundesanleihen, im Moment also null. Machen wir im ÖV-Geschäft Gewinne, so müssen wir diese als zweckgebundene Reserven zurückstellen. Die BVZ Gruppe schüttet also keine Steuergelder in Form von Dividenden an ihre Aktionäre aus, überall wo öffentliche Gelder im Spiel sind, müssen wir eine Nullsummenrechnung machen.

Kommen wir noch auf die Infrastruktur zu sprechen. Welche grösseren Bauprojekte stehen dieses Jahr bei Ihnen an?
Einerseits treiben wir den Ausbau mehrerer Kreuzungsstellen voran. Das sind vor allem die beiden Kreuzungsstellen in Lax und im Ackersand. Die Baustelle «Sefinot» im Ackersand wollen wir noch in diesem Jahr abschliessen. Dann beschäftigt uns natürlich weiterhin die Sanierung des Furkatunnels, die ein gewaltiges Unterfangen ist. Und dann beginnen wir in diesem Jahr mit den Vorarbeiten für den Bau des neuen Bahnhofs in Andermatt. Der Bahnhof Andermatt stellt dabei eines der wichtigsten Projekte der kommenden Zeit für uns dar. Er wird das Bindeglied zwischen dem neu entstehenden Tourismusresort und dem alten Dorfkern sein und einen direkten Anschluss an das Skigebiet haben

Martin Meul

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Infos

Zur Person

Vorname Fernando
Name Lehner
Geburtsdatum 9. April 1960
Familie Verheiratet, zwei Kinder
Beruf Menschinenbauingenieur
Funktion CEO BVZ Gruppe
Hobbies Sport allgemein, Chorgesang

Nachgehakt

Als Kind wollte ich Lokführer werden. Nein
Die MGBahn ist für das Oberwallis wichtiger als die Lonza. Nein
Die schönsten Streckenabschnitte der MGBahn liegen im Oberwallis. Joker
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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