Naters | Gegenseitige Schuldzuweisungen von Ratsmitgliedern

Der Natischer Gemeinderat als schlechtes Beispiel

Disput im Natischer Gemeinderat.
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Disput im Natischer Gemeinderat.
Foto: Walliser Bote

Quelle: RZ 0

Das Kollegialitätsprinzip im Natischer Gemeinderat scheint massiv angeknackst zu sein. Nur selten sieht man derart öffentliche Schuldzuweisungen von Ratsmitgliedern. Das ist schlecht. Eine Analyse.

Auf Ebene der Parteien, vor allem wenn Wahlen oder Abstimmungen bevorstehen, sind Vorgänge, wie man sie in den letzten Wochen in Naters beobachten konnte, eigentlich nichts Ungewöhnliches. Vertreter der SVP auf der einen Seite und jener der SP auf der anderen werfen sich gegenseitig vor, die Wahrheit zu verdrehen oder sich zumindest nicht an die Fakten zu halten. Die Politiker der Mitte halten derweil die Füsse still.

Öffentlicher Schlagabtausch

Was sich derzeit jedoch im Junkerhof abspielt, ist doch eher ungewöhnlich, vor allem für einen Gemeinderat im Oberwallis. Auslöser des Disputs zwischen SP-Gemeinderat Bernhard Imhof und seinen Ratskollegen von der SVP waren Berichte des «Walliser Boten» über die strengen Einbürgerungstests in Naters. Hoch kochten die Gemüter, als das Kantonsgericht einen Entscheid der Natischer Einbürgerungskommission für ungültig erklärte. Bernhard Imhof nahm dies zum Anlass, sich öffentlich von der Praxis der Einbürgerungskommission zu distanzieren. Seine Partei kündigte gar an, eine Verwaltungsbeschwerde gegen die Einbürgerungskommission zu prüfen.

Schuldzuweisungen auf beiden Seiten

Die Antwort der SVP folgte wenig später in Form eines Leserbriefs im WB. Darin beschuldigte die Partei Imhof namentlich, sich nicht an die Wahrheit zu halten. Imhof habe die Einbürgerungspraxis in Naters sehr wohl mitgetragen, sein Verhalten sei unkollegial und offenbar seien die Vorgänge im Junkerhof für den SP-Mann nicht ganz klar. Zudem äusserte die Partei den Verdacht, die angekündigte Verwaltungsbeschwerde habe ihren Ursprung südlich der Saltina, sprich fremde Mächte würden sich in Natischer Angelegenheiten einmischen. Daraufhin reagierte die SP am Montag ebenfalls mit einem Leserbrief. Die persönlichen Angriffe auf Bernhard Imhof zeigten, dass die SVP in der Angelegenheit auf dem falschen Fuss erwischt worden sei, so die Quintessenz.

Zerbrochenes Geschirr hilft niemandem

Dass im Junkerhof viel Geschirr zerbrochen ist, scheint ziemlich klar. Auch wenn die jeweiligen Leserbriefe im Namen der Ortsparteien verfasst wurden, darf man doch davon ausgehen, dass deren Inhalt vorgängig die Zustimmung der betroffenen Akteure gefunden hat; wenn nicht, wäre dies einfach nur peinlich. Dabei ist es auch nicht das erste Mal, dass sich Natischer Gemeinderäte einen öffentlichen Schlagabtausch liefern. Schon 2015 war dies der Fall, damals ging es um die Erhöhung der Kehrichtgrundgebühr. Im Junkerhof scheint das Prinzip, dass auf Gemeindeebene mehr Sach- als Parteipolitik betrieben werden sollte, nicht mehr zu gelten. Das schadet nicht nur dem politischen Betrieb, der in dieser Form noch bis Herbst 2020 weitergehen muss, denn erst in mehr als zweieinhalb Jahren sind wieder Gemeinderatswahlen. Die Affäre ist aber vor allem ein Schlag ins Gesicht der Wähler von links bis rechts, die wohl im guten Glauben Köpfe statt Parteien in den Rat gewählt haben, für die jetzige Zusammensetzung des Rates verantwortlich sind. Im Moment ist der Natischer Gemeinderat ein schlechtes Beispiel, das hoffentlich nicht Schule macht.

Martin Meul

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