Alpwirtschaft | Oberwallis

Ein Sorgentelefon für Älpler

Alexander Reichhart aus dem deutschen Allgäu wurde vom Alpofon als Einsatzspringer auf die Alpe Lax vermittelt.
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Alexander Reichhart aus dem deutschen Allgäu wurde vom Alpofon als Einsatzspringer auf die Alpe Lax vermittelt.
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Quelle: RZ 0

Probleme auf der Alp? Das Alpofon hilft rasch. So wird die Hotline für Älpler zwischendurch zum Sorgentelefon.

Kurz bevor der Arbeitnehmer seine Stelle auf der Alpe Lax antreten kann, bricht er sich ein Bein. Innert kürzester Zeit einen Ersatz zu finden, wird jetzt fast zur Unmöglichkeit. Eine gros­se Herausforderung steht an. Doch zum Glück gibt es seit 15 Jahren das Alpofon. Manchmal genügt schon ein Anruf. Am anderen Ende der Leitung meldet sich Barbara Sulzer. Sie verfügt selbst über Alperfahrung. «Heute kann ich nicht mehr zur Alp, aber dank dem Alpofon bleibe ich am Puls», sagt die Glarnerin der RZ. Sie ist beim Alpofon für die Vermittlung von Stellvertretern verantwortlich. Entlöhnt wird sie für ihre Arbeit nur, wenn Alp-Verantwortliche ihr für den erwiesenen Dienst eine freiwillige Spende zahlen.

Schnee statt Idyll

Grund, weshalb kurzfristig Lösungen gefunden werden müssen, ist oft die Überforderung. «Viele gehen mit der Vorstellung von viel Idyll auf eine Alp, werden aber schon in den ersten Tagen eines Besseren belehrt», erzählt Sascha Imboden, der bereits den 20. Sommer auf einer Alp verbringt. Dieses Jahr ist er als Käser in Gspon ob Staldenried im Einsatz. Für ihn ist klar, dass die Arbeiten auf der Alp oft unterschätzt werden. Statt auf einer Bergweide zu liegen und genüsslich Murmeltiere zu beobachten, wollen Milchkühe zweimal täglich, sieben Tage in der Woche, dazu noch um fünf Uhr morgens gemolken werden. Statt strahlenden Sonnenschein bei sommerlichen Temperaturen zu geniessen, passen Älpler im strömenden Regen auf die ihnen anvertrauten Schafe auf. Nicht selten fällt sogar Schnee, die Hände frieren, während die Kollegen MMS-Grüsse von heissen Stränden und Bikini verschicken. Da viele Bauern um ihr eigenes Überleben kämpfen, können auch nicht gerade fürstliche Löhne bezahlt werden. Manch einer gibt daher schon in der ersten Woche auf und kehrt ins Tal zurück. «Auch bei uns gab es eine Älplerin, für die die Arbeit mit den oft kämpfenden Eringerkühen eine zu grosse Verantwortung darstellte», sagt Imboden. Daraufhin habe sie den Bettel hingeschmissen. Dank des Alpofons fand Imboden schliesslich eine andere Hirtin.

Leben auf engstem Raum

Nach vier bis fünf Wochen macht sich bei den Hirten oft Beklemmung bemerkbar. Oft krampfen, leben und schlafen Älpler, die sich zuvor nie gesehen haben, auf engstem Raum zusammen. Spielt sich da einer mit all seinen Allüren noch zum Chef auf oder kommt es zum Stadt-Land-Konflikt zwischen Angestellten und Bauern, wird das Alpofon auch mal zum Sorgentelefon. Alexander Reichhart aus dem deutschen Allgäu hat selbst schon zweimal seine Stelle verlassen, weil es zwischenmenschliche Dispute gab. «Mein Mit-Älpler wollte sich nichts sagen lassen, das ging auf die Dauer nicht», sagt er und fügt an, «ein anderes Mal waren wir uns im Team nicht einig.» Insgesamt verbringt er zurzeit seinen bereits sechsten Sommer auf der 14. Alp. Er gehört zu den Einsatzspringern, die sich vom Alpofon jeweils dorthin vermitteln lassen, wo gerade Not am Mann ist. Dieses Jahr ersetzt er denjenigen, der sich kurz vor Beginn des Alpsommers ein Bein gebrochen hat und deshalb die Stelle auf der Alpe Lax nicht antreten konnte.

Rasche Hilfe

Wie schnell es gehen kann, bis Barbara Sulzer Ersatz findet, zeigt ein Beispiel von der Binneralp, wo die Alp-Verantwortlichen einen Schlussstrich gezogen haben und das Käserei-Personal entlassen mussten. «Um die Qualität unseres zertifizierten Käses zu gewährleisten, mussten die Bauern die Käsepflege selbst übernehmen», sagt Max Gurten von der Alpgenossenschaft Binntal. Wo täglich 60 bis 65 Laibe Käse produziert werden, kommt im Reifungskeller schnell eine grosse Menge Arbeit zusammen, was die bisherigen Käser unterschätzt haben. «Darum habe ich aufs Alpofon angerufen. Keine drei Stunden später meldete sich bereits ein Mann aus Deutschland», so Gurten. Noch einige Referenzen überprüfen, und schon ist man sich einig. Bernhard Goebel kann sich beruflich einrichten, reist umgehend mit dem Zug nach Fiesch und wird nun für den Rest des Alpsommers Käse pflegen. Bis die prächtig geschmückten Kühe Mitte September «ins Fäld» zurückkehren, werden es rund 4000 Laibe sein.

Christian Zufferey

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