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Eine Holländerin, die Berge liebt

Marjolein Bos: «Im Wallis habe ich die Bergmalerei entdeckt.»
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Marjolein Bos: «Im Wallis habe ich die Bergmalerei entdeckt.»
Foto: RZ

Quelle: RZ 1

Sie gründete im Gletscherdorf die höchstgelegene Galerie in Europa auf 2575 m ü. M. und malt sogar Bilder für Blinde – Marjolein Bos ist keine gewöhnliche Malerin.

«Der Herbst ist die schönste Jahreszeit. Es sieht aus, als ob die Berge näherkommen», sagt Marjolein Bos, während sie an einem Bild malt, das ein Walliser Alpenpanorama zeigt. In ihrem künstlerischen Schaffen hat Bos den Akzent immer mehr auf die Berge gesetzt. «Das Spannende in den Bergen ist das Licht. Die Farben ändern sich immerzu», erzählt die 63-Jährige. Bos studierte Kunst an der Kunstakademie im niederländischen Tilburg. Seit 25 Jahren arbeitet die gebürtige Holländerin als freischaffende Illustratorin, Grafik-Designerin, Porträtzeichnerin und Kunstmalerin und realisiert Projekte in der Schweiz, den Niederlanden und in Deutschland. So hat sie etwa 2010 ein Kinderbuch der bekannten Köchin Irma Dütsch illustriert und vergangenen Sommer malte sie eine Bilder­serie für die Britanniahütte. «Ich arbeite viel, aber unregelmässig. Wenn ich einmal in einem Gemälde drin bin, so kann ich nicht mehr aufhören.»

Höchste Galerie Europas
Etwas Besonderes ist der Arbeitsort der Künstlerin. Ihr Atelier liegt auf 2775 m ü. M. in den Räumlichkeiten des ehemaligen Bergrestaurants «Maste 4» bei der Zwischenstation des Alpin Express oberhalb von Saas-Fee. Und weil es dort mit 500 Quadratmetern Platz in Hülle und Fülle gibt, eröffnete sie gleich noch eine Galerie. «Maste 4» ist die höchstgelegene Kunstgalerie Europas. Seit der Eröffnung 2010 waren schon zwei niederländische Botschafter bei Bos zu Besuch. Neben den Arbeiten von Marjolein Bos werden in der Galerie auch Werke von anderen Künstlern aus der Schweiz und aus dem Ausland rund um das Thema Berg gezeigt. «Es herrschen hier ideale Arbeitsbedingungen», sagt Bos. «Manchmal arbeite ich auch draussen in meinen «Mondlandschaften», wie sie die Gegend rund um die Bahnstation nennt. Auch Gastkünstler haben die Möglichkeit, für eine gewisse Zeit nach Saas-Fee zu kommen und das Atelier im umgebauten Erdgeschoss zum Arbeiten zu nutzen.

Keine Angst vor Perfektion
«Ich bin eine Holländerin, welche die Berg liebt», sagt Bos. Entdeckt hat sie Saas-Fee während eines Camping­urlaubs in Susten. Anschliessend verbrachte sie mehrere Winterurlaube im Gletscherdorf, das nun seit 2010 ihr fester Wohnsitz ist. Bis vor Kurzem war die vielseitige Künstlerin auch noch als Skilehrerin aktiv. Neben den Bergen faszinieren sie auch Wolken. Einmal machte Bos eine Ausstellung nur mit Wolkenbildern. In ihren Bildern setzt sie manchmal auch Texte als grafische Elemente ein. In einem kann man beispielsweise einen ihrer Leitsprüche lesen: «Habe keine Angst vor der Perfektion, du wirst sie nie erreichen.» Das Zitat stammt vom spanischen Maler Dali, einer ihrer Lieblingsmaler neben Rembrandt und Da Vinci.

Bilder für Blinde
In der Zwischensaison reist sie regelmässig nach Holland, wo ihre Kinder leben und sie ebenfalls noch über ein Atelier verfügt. Dort in Arnheim lancierte Bos vor einigen Jahren ein anderes originelles Projekt. «Ich hatte beobachtet, wie ein Blinder regelmässig die Ausstellungen besuchte und fragte ihn eines Tages, was er eigentlich genau hier mache.» Der Blinde antwortete: «Ich sehe mehr als man denkt.» Diese Bemerkung machte sie nachdenklich. Blinde und sehbehinderte Menschen sind aus der Welt der visuellen Künste fast gänzlich ausgeschlossen. «Das muss nicht sein», dachte sich Bos und versucht, zweidimensionale Kunst auch für blinde Menschen (be-)greifbar zu machen. Denn, «auch Hände können sehen», wie der blinde Kunstfreund ihr erklärte. Deshalb malt sie Tastbilder, in denen sie mit mehrschichtigen Verfahren relief­artige Strukturen schafft. Wie erwähnt, arbeitet Bos in ihren Bildern auch viel mit Texten. Damit solche Gemälde auch Blinde lesen können, erlernte sie extra die Blindenschrift. Für die Zukunft hat Bos noch weitere Ideen: «Vielleicht male ich einmal auch Berge für Blinde.»

Frank O. Salzgeber

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