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Im Wallis zu Hause – Muslime reden über ihre Integration

Leotrime Neimi: «Anschlag in Paris hat keinen religiösen Hintergrund.»
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Leotrime Neimi: «Anschlag in Paris hat keinen religiösen Hintergrund.»
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Isak Iljazi: «Integration über die Sprache ist wichtig.»
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Isak Iljazi: «Integration über die Sprache ist wichtig.»
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Mefail Fida ist bestens im Oberwallis integriert.
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Mefail Fida ist bestens im Oberwallis integriert.
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Oberwallis | Sie leben schon lange mitten in unserer Gesellschaft. Trotzdem werden sie nicht immer akzeptiert. Wie ticken die Muslime? Was ist ihnen wichtig? Die RZ auf Spurensuche.

Paris, 7. Januar 2015. Ein islamistisch motivierter Terroranschlag schockt die Welt. Obwohl mancher Muslim das Attentat aufs Schärfste kritisiert, steht der Islam seither im Fokus der Öffentlichkeit. Auch im Oberwallis. Ein Austausch über eine andere Religion.

Terror – keine Frage des Glaubens

Leotrime Neimi (28) aus Randa redet waschechtes «Wallisertitsch». Sie lebe seit 24 Jahren im Oberwallis und fühle sich sehr wohl, sagt die Sozialarbeiterin. Immer? «Natürlich gibt es nach gewissen Vorfällen auch verschiedene Fragen, mit denen ich konfrontiert werde», gibt sie preis. Was sie meint, ist der Terroranschlag in Paris. «Daraufhin wurde ich oft gefragt, wo ich religiös eigentlich stehe.» Ihre Haltung ist klar: «Die Anschläge haben in meinen Augen keinen religiösen Hintergrund, vielmehr vermute ich, dass es sich um ausgeschlossene Leute handelt, die nicht oder zu wenig in die Gesellschaft integriert sind.» Neimi ist Muslima und pflegt eine gesunde Beziehung zu ihrer Religion. «Ich habe für mich einen guten Zwischenweg gefunden», sagt sie. Obwohl sie nicht strenggläubig sei, achte sie auf ihre Kleidung und faste auch jedes Jahr während des Ramadans. Im Oberwallis längst zu Hause, erinnert sich die Mazedonierin an ihre ersten Tage in der Schule, wo sie gleich in den Religionsunterricht integriert wurde. «Ich besuchte am ersten Schultag einen katholischen Gottesdienst und sprach das «Vater unser», bis meine Mutter der Lehrerin erklärte, dass wir eine andere Religion haben.» In einem Walliser Bergdorf eine Schule zu besuchen mit Schülern, die man nicht verstanden habe, sei eine grosse Herausforderung gewesen, erinnert sie sich und findet positive Worte für die Gemeinde. «Wir waren eine der ersten ausländischen Familien im Dorf und wurden stets akzeptiert.» Heute arbeitet Neimi im Ausbildungszentrum in Raron und wünscht sich bezüglich Integration im Wallis eines: «Die islamischen Kulturzentren müssen öffentlicher und von der Gesellschaft wahrgenommen werden.» Das sei ein Schritt in die richtige Richtung, ist sie überzeugt und fährt fort: «Der Islam ist in der Schweiz längst präsent.»

«Verzichte auf Gebete»

«Die Sprache öffnet die Türen, man kann kommunizieren und das Oberwallis mit seinen Leuten kennen lernen», sagt Isak Iljazi, der seit sieben Jahren im Oberwallis lebt und seit vier Jahren bei PostAuto Wallis arbeitet. Obwohl er während zweieinhalb Jahren Präsident des Albanisch-Islamischen Kulturzentrums Oberwallis war, praktiziert er die islamische Religion nicht ganz strikt. «Natürlich verzichtet auch meine Familie auf Schweinefleisch oder Alkohol, doch fünfmal täglich beten wir nicht immer», sagt er. Mit der Integration hatte Iljazi wenig Mühe. Bereits in Deutschland hatte er die Sprache gelernt und konnte sich schnell im Rhonetal integrieren. «Die Menschen haben generell Angst vor Leuten und Sachen, die sie nicht kennen, das ist aber kein Schweizer Problem, deshalb empfehle ich beiden Seiten immer, möglichst viel miteinander zu kommunizieren.» Wie verlief Iljazis Anstellung bei seinem jetzigen Arbeitgeber? «Natürlich musste ich meinen Verpflichtungen nachkommen und die benötigten Papiere und Führerscheine vorlegen, doch mein Arbeitgeber hat mich gerade am Anfang sehr unterstützt.» Das treffe auch auf seine Mitarbeiter zu, die ihn auf eine sehr gute Art aufgenommen haben, erinnert sich der Postauto-Chauffeur mit mazedonischen Wurzeln zurück. Iljazi wirkt sehr offen und zuverlässig. Er hoffe, dass man mit seiner Arbeit zufrieden sei, denn als Chauffeur trage er eine grosse Verantwortung gegenüber den Mitmenschen, sagt er.

«Chance nutzen im Wallis»

«Das Wallis und die Schweiz bieten uns eine grosse Chance», sagt Mefail Fida, der seit 13 Jahren im Oberwallis zu Hause ist und reines Walliserdeutsch spricht. Fida hat sich sowohl über die Sprache, als auch über die Ausbildung und den Sport längst in der Schweiz integriert. Einfach sei es am Anfang nicht gewesen, erinnert er sich. «Der Start in einem Land mit einer anderen Sprache und Kultur ist schwierig, doch wichtig ist es, die Chance dahinter zu sehen, die uns dieses Land bietet.» Fida packte diese Chance und arbeitet heute zusammen mit seinem Bruder in der Immobilen-Branche. In der Oberwalliser Gesellschaft erlebt er nur selten Zwischenfälle, bei denen er wegen seinem Migrationshintergrund provoziert wird. «Es gibt immer Leute, die Vorurteile gegenüber Ländern, Kulturen und Menschen haben, die sie nicht kennen», weiss er. Das Rezept dagegen sei eine offene Kommunikation, «dann lassen sich solche Missverständnisse schnell aufklären.» Nach dem Terroranschlag in Paris geriet der Islam ins Visier verschiedener Medien. Für Fida unverständlich. «Das kann ich nicht verstehen, viele Muslime mussten sich anschliessend von etwas distanzieren, das sie gar nicht betrifft.» Persönlich habe ihn weder in seinem beruflichen noch privaten Umfeld jemand nach seinem Blickwinkel auf den Anschlag in Frankreich gefragt. Fida lebt seine Religion: «Ich bin Muslim und bete fünfmal täglich, trinke keinen Alkohol und verzichte auf Schweinefleisch.» Dazu gehöre auch der spirituelle Aspekt wie Liebe, Friede, Toleranz und der Respekt gegenüber Mitmenschen.

Simon Kalbermatten

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