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Immer weniger Bauernhöfe im Wallis

Jungbauer Yannick Squaratti: «Zum Landwirt muss man geboren sein.»
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Jungbauer Yannick Squaratti: «Zum Landwirt muss man geboren sein.»
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Während die Biobetriebe boomen, nimmt die Zahl der konventionellen Bauernhöfe auch im Wallis weiter ab. Die einzelnen Betriebe werden im Schnitt immer grösser.

Täglich müssen in der Schweiz drei ­Bauern ihren Hof aufgeben. Dieser Trend hält weiter an. Experten gehen davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren 10 000 weitere Betriebe verschwinden werden. Besonders betroffen werden Klein- sowie Bergbetriebe sein. Das Wallis mit einem Anteil von über 80 Prozent Nebenerwerbsbetrieben ist da keine Ausnahme. 2014 existierten im ganzen Kanton noch 3289 Betriebe – rund 150 weniger als im Vorjahr. Zum Vergleich: Zur Jahrtausendwende gab es im Wallis noch über 5000 Betriebe, in den 1950er-Jahren gar über 20 000. Trotzdem sieht Moritz Schwery, Direktor des Landwirtschaftszentrums Visp, die Zukunft nicht ganz so düster: ­«Die Attraktivität des Berufs ist immer noch da.»

55-Stunden-Wochen

Einer, der ganz auf die Karte Landwirtschaft setzt, ist Yannick ­Squaratti, der gerade seine Ausbildung zum Landwirt abgeschlossen hat: «Ich war schon immer mit der Landwirtschaft verbunden, bin damit aufgewachsen. Als Kind habe ich praktisch jede freie Minute auf dem Hof meines Onkels in Zwischbergen verbracht. Jetzt konnte ich mein Hobby zum Beruf machen.» Auch die intensiven Arbeitstage und wenig Freizeit konnten ihn nicht davon abhalten: Eine 55-Stunden-Woche ist normal, in der Hochsaison sind 18-Stunden-Tage eher die Regel denn die Ausnahme und an längere Ferien ist kaum zu denken. Gerade angesichts dieser Fakten bemängelt der 18-Jährige: «Ich finde, die Arbeit der Bauern wird von der Öffentlichkeit zu wenig gewürdigt.» Dabei gehe oftmals vergessen, was die Bauern für die Pflege und Förderung des Kulturlandes sowie für die Landschaftspflege leisten. Auf ein intaktes Landschaftsbild sei insbesondere auch der Tourismus angewiesen. Auch Moritz Schwery erklärt das abnehmende Verständnis der Bevölkerung für den Einsatz der Bauern damit, dass heutzutage viel weniger Menschen einen Bezug zur Landwirtschaft haben und es deshalb an Sensibilität mangle. «Bei den Subventionen, welche die Bauern erhalten, handelt es sich ja nicht um Almosen, sondern es werden damit ganz konkrete Leistungen abgegolten», unterstreicht Schwery, fügt aber gleich hinzu: «Es ist aber auch an den Bauern, kommunikativ offensiver aufzutreten und den Leuten zu erklären, was sie eigentlich alles für das Gemeinwohl leisten.»

Mehr Nutzfläche pro Betrieb

Eine klare Perspektive für die Zukunft hat Jungbauer Squaratti. Er will dereinst den Hof seines 58-jährigen Onkels übernehmen. Vielerorts ist die Nachfolgeregelung aber nicht so vorgezeichnet. «Die Überalterung und damit verbunden die Nachfolgeregelung ist ein Problem», sagt auch Schwery. So geschieht es oft, dass beim Generationenwechsel Bauernhöfe aufgelöst und das Land auf bestehende Betriebe verteilt wird. Es gibt zwar immer weniger Bauernhöfe, die landwirtschaftliche Nutzfläche ist in den letzten Jahren aber annähernd gleich geblieben. So hat sich zwischen 1996 und 2013 die durchschnittliche landwirtschaftliche Nutzfläche pro Betrieb in der Schweiz fast verdoppelt. In grossen Betrieben lässt sich in der Regel wirtschaftlicher produzieren. Die Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktepreise ist eine Herausforderung, der Preisdruck immer zu spüren. «Viele Konsumenten wollen billige Produkte aber trotzdem gute Qualität – das lässt sich nicht vereinbaren», so Squaratti. Die Entwicklung der Landwirtschaft wird aber massgeblich durch die Politik beeinflusst. Wie gestalten sich in Zukunft die Beziehungen mit der EU? Wie sieht es mit Freihandelsabkommen aus? «Als Bauer macht man sich schon Sorgen, dass die Schweiz dereinst von billigen ausländischen Landwirtschaftsprodukten überschwemmt wird», sagt Squaratti. Eine weitere Herausforderung sind die vielen gesetzlichen Vorschriften. «Um am EU-Markt teilnehmen zu können, übernimmt die Schweiz oft EU-Vorschriften. Um sich an diese anzupassen, ist Mehraufwand und Mehrausgaben nötig, doch ändern sich die Vorschriften ständig», sagt Direktor Schwery und fordert diesbezüglich mehr Kontinuität. Die vielen Verordnungen und die zunehmende Bürokratie zwingt die Bauern auch zu immer viel mehr Büroarbeit: «Der Papierkrieg wird je länger je schlimmmer», weiss aus eigener Erfahrung Squaratti.

Nebenerwerb unter Druck

Nach den Perspektiven für die Walliser Landwirtschaft befragt, sieht Schwery vom Landwirtschaftszentrum Visp in Zukunft vor allem die Nebenerwerbsbetriebe unter Druck. Dagegen hält auch im Wallis der Trend zu mehr Biobauernhöfen weiter an. In der Schweiz ist der Anteil biologisch bewirtschafteter Nutzfläche doppelt so gross wie im europäischen Durchschnitt. Im europäischen Vergleich zählt die Schweiz aber zu den Ländern mit einem eher kleinen Strukturwandel in der Landwirtschaft. Zum Vergleich: In Polen ging die Anzahl Betriebe in den letzten fünf Jahren um 35 Prozent zurück.

Frank O. Salzgeber

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