Region | Nach Vorwürfen von Tierschützerin

Jetzt reden die Eringerzüchter

Für Eringerzüchter ist klar: «Die Kühe wollen stechen.»
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Für Eringerzüchter ist klar: «Die Kühe wollen stechen.»
Foto: Symbolbild/RZ-Archiv

Quelle: RZ 0

Nachdem eine Tierschützerin die Eringerringkuhkämpfe als eine Tierquälerei bezeichnet hatte, reagieren nun die Züchter. Der Tenor: «Wir respektieren unsere Tiere.»

Nancy Holten, Tierschützerin aus der Deutschschweiz, hat genug. Sie will die Eringerzüchter da­hingehend sensibilisieren, ihre Tiere nicht mehr für Showzwecke oder Belustigungen einzusetzen und sie ohne Kuhglocke in den Ring zu schicken (die RZ berichtete). ­Alles­ andere ist für sie Tier­quälerei. Jetzt sprechen Eringerzüchter. Für sie ist klar: Die Tiere kämpfen ihrem natürlichen Verhalten entsprechend um die Hierarchie in der Herde.

«Sie tragen stolz ihre Glocken»
Kurt Summermatter aus Törbel hält seit über 40 Jahren Eringer­kühe und kann die Vorwürfe von Holten nicht nachvollziehen. «Keine Eringerkuh wird im Oberwallis für Showzwecke missbraucht», sagt er. Summermatter ist bekannt dafür, dass er seine Tiere bestens kennt und stets weiss, wie sich seine Kühe fühlen. Ist ein Tier erschöpft, lässt er es nicht kämpfen. Er ist überzeugt, dass dies auch die jungen Eringerzüchter im Oberwallis so handhaben. «Ich habe bei Stechfesten erlebt, dass Züchter ihr Tier früher aus der Arena geführt haben und deshalb auf den Tagessieg verzichteten.» Dies zum Wohle des Tieres. Summermatter betont, dass es gerade in jüngster Vergangenheit eine grosse Freude sei, den jungen Züchtern zuzusehen, wie liebevoll sie zu ihren Tieren schauen. «Die Tiere sind gepflegt und gut trainiert, das zeigt, dass sie von ihren Züchtern respektvoll behandelt werden und diese mit ihnen vor Stechfesten ein paar Runden vor dem Stall drehen.» Holten wirft den Eringerzüchtern weiter vor, dass die «lauten und schrillen Klänge» Ohrschäden bei den Tieren zur Folge haben können. Summermatter teilt diese Meinung nicht. «Ich bin überzeugt, dass die Kühe ihre Glocken mit Stolz tragen», sagt er und erinnert daran, dass gerade der Glockenklang der «Königin» für die restliche Herde sehr wichtig sei.

Leichte Kratzer nach Stechfest
Wie Kurt Summermatter findet auch Silvan Abgottspon keinen Grund, dass Kuhglocken Folgeschäden für Kühe haben. Abgott­spon stammt aus Staldenried und ist Tierarzt im Kanton Schwyz. Und: Er ist Züchter. «Ich habe nie davon gehört, dass eine Kuh einen Hörschaden davongetragen hat», sagt er. Abgottspon weiss, dass die Hierarchie innerhalb einer Herde durcheinandergerät, wenn die Tiere keine Glocken tragen oder wenn die Züchter die Glocken der Tiere vermischen. «Die Kühe orientieren sich an den Klängen, das Tragen der Kuhglocken ist sehr wichtig für sie», sagt er. Holtens Vorwurf, die Kühe würden während eines Stechfests überstrapaziert, kann der Tierarzt nicht nachvollziehen. «Selber habe ich vor wenigen Jahren an einem Stechfest erlebt, wie meine Kuh nach mehreren Kämpfen immer wieder in den Ring steigen wollte, um zu stechen», erklärt er. Grobe Verletzungen an einem Stechfest seien zudem eine Ausnahme. «Wie bei den Menschen tragen auch Kühe nach einem Stechfest manchmal leichte Kratzer davon, diese heilen jedoch meistens schnell wieder», erklärt er aus Sicht der Medizin.

Vorbildliche Eringerzüchter
Zu den Vorwürfen der Tierschützerin Nancy Holten äussert sich auch Daniel Pfaffen, Präsident des Tierschutzes Oberwallis. Für ihn ist klar: «Grundsätzlich ist es sicherlich richtig, dass Anlässe mit Tieren, die lediglich der Unterhaltung des­ Menschen dienen, mit einer gewissen Skepsis betrachten werden müssen.» Trotzdem gilt für Pfaffen: «Bevor man über Sinn und Unsinn von Ringkuhkämpfen diskutiert, sollte man sich zuerst mit anderen Anlässen, Themen und Problemen befassen.» Die Ring­kuhkämpfe im Wallis können laut ihm beispielsweise nicht mit einer Löwenshow im Zirkus, den Auftritten von sogenannten «Tanzbären» oder irgendwelchen Tierausstellungen verglichen werden. «Im Gegensatz zu Löwen, die im Zirkus durch Feuerreifen springen sollen, und Bären, die auf zwei Beinen laufen müssen, sind Kämpfe zwischen Kühen etwas Natürliches», sagt er. Natürlich werde der Kampfgeist in der Arena forciert, jedoch können die Tiere nicht zum Kampf gezwungen werden. Der Präsident des Tierschutzes Oberwallis weiss: «Es kommt daher auch oft vor, dass einige Tiere gar nicht kämpfen wollen und sich zurückziehen.»

Summermatters Einladung
Der Tierschutz Oberwallis wird oft damit konfrontiert, bei Vorwürfen von Tierquälerei sein Statement abzugeben. Pfaffen sagt: «Mit Eringerzüchtern haben wir kaum Probleme. Im Gegenteil, es ist meist sehr vorbildlich, wie Eringerzüchter im Oberwallis zu ihren Tieren schauen und sie respektieren.» Bleiben da noch die Verletzungen und blauen Flecken im Kampf. Pfaffen dazu: «Verletzungen gibt es laut Aussage der dort anwesenden Platztierärzte sehr wenig.» Ob die Kühe aufgrund der Kämpfe stress- oder angstbedingte Schäden davontragen, könne er nicht beurteilen. Um Nancy Holten mehr über Respekt und Liebe zu den Eringerkühen zu verraten, lädt Kurt Summermatter sie ins Wallis ein. «Ich möchte ihr aufzeigen, wie wichtig uns die Tiere sind», sagt er und erklärt den geplanten Tagesablauf: «Morgens um 4.00 Uhr heuen wir und später gehen wir zusammen auf die Alp zu den Kühen.»

Simon Kalbermatten

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