Bikesport | Gutachten wirft grosse Fragen auf

Oberwalliser Bikewegnetz – ist das Projekt rechtswidrig?

Eva-Maria Kläy mit dem Rechtsgutachten zum geplanten Bikenetz im Oberwallis.
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Eva-Maria Kläy mit dem Rechtsgutachten zum geplanten Bikenetz im Oberwallis.
Foto: zvg

Quelle: RZ 0

Ein Rechtsgutachten kommt zum Schluss, dass eine Homologierung des geplanten Bikewegnetzes im Oberwallis sowohl gegen Bundes- wie auch kantonales Recht verstossen würde.

Im Raum Visp bis Grächen sollen rund 230 Kilometer neue Bikewege entstehen. Die entsprechenden Strecken befinden sich derzeit in der Homologierungsphase beim Kanton. Das soll es den angeschlossenen Destinationen ermöglichen, das Bikenetz auch touristisch zu vermarkten, wie unter anderem der «Walliser Bote» berichtete. Dabei sollen in vielen Fällen Wanderwege für den Bikesport freigegeben werden und Wanderer und Biker auf diesen Wegen koexistieren.

Gutachten in Auftrag gegeben

Diese angestrebte «Entfremdung» von Wanderwegen ist der Wanderfreundin und Pro-Natura-Oberwallis-Geschäftsführerin Eva-Maria Kläy jedoch ein Dorn im Auge. «Ich hatte das Gefühl, dass man hier einfach etwas homologieren will, das aber nach dem Gesetz rechtswidrig ist», sagt sie. Aus diesem Grund gab Kläy ein Rechtsgutachten zu der Situation bei den im Oberwallis geplanten Bikewegen bei einer Zürcher Anwaltskanzlei in Auftrag.

Verstösse gegen Rechtsgrundlagen

In dem Gutachten, welches der RZ vorliegt, kommt die bearbeitende Rechtsanwältin Ursula Ramseier zu einem klaren Schluss. Insbesondere die Überlagerung von Wanderwegen durch Bikepisten sei hochproblematisch. «Die Überlagerung von Wanderwegen durch Bikewege über einzelne, als Verbindungsstücke notwendige kurze Abschnitte hinaus, verstösst sowohl gegen bundesrechtliche als auch kantonale Bestimmungen zu den Wanderwegen», schreibt Ramseier.

Verstoss gegen Bundesrecht

Den Planern der Bikewege, so analysiert die Juristin, steht auf bundesrechtlicher Ebene das Strassenverkehrsgesetz (SVG) im Weg. «Es ist eine Tatsache, dass Wanderwege regelmässig mit Mountainbikes befahren werden», heisst es im Gutachten. «Es wird daher teilweise die Meinung vertreten, dass durch den ständigen Bruch des im SVG enthaltenen Radfahrverbots das Befahren von Wanderwegen mit geländegängigen Fahrzeugen inzwischen gewohnheitsrechtliche Züge angenommen habe.» Dies ändere jedoch nichts daran, dass strassenverkehrsrechtlich mindestens auf Wanderwegen, welche «offensichtlich» solche sind, ein Fahrverbot für Fahrräder inklusive Mountainbikes bestehe. Ausnahme könnten höchstens kleine Verbindungsstücke sein. «Das vorgesehene Vorgehen der Überlagerung kompletter Wanderwegstrecken, dies umfassend auf mehreren Hundert Kilometern des Wanderwegnetzes, verstösst somit gegen Bundesrecht», schreibt die Juristin weiter.

Kantonale Baustellen

Doch damit nicht genug. Auch auf kantonaler Ebene ortet die Juristin grosse Probleme. Grundlage sei das Walliser Gesetz über die Wege des Freizeitverkehrs. «Demnach sind die Verkehrswege so anzulegen, dass sich die Verkehrswege unterschiedlicher Art nicht überschneiden», heisst es dort. Für Ramseier ist deshalb klar: «Die Überlagerung ganzer Wanderwegstrecken durch Bikestrecken widerspricht der im Gesetz enthaltenen Trennung der verschiedenen Weg­arten. Die geplante Homologierung verstösst somit auch gegen die kantonalen gesetzlichen Grundlagen.» Dabei merkt die Juristin an, dass es auf kantonaler Ebene aufgrund der bundesrechtlichen Grundlagen sowieso nur einen sehr kleinen Handlungsspielraum gebe.

Fehlende Richtplanung

Auch aus raumplanerischer Sicht hat die Rechtsanwältin gegenüber dem Vorhaben Bedenken. «Die Schaffung von mehreren Hundert Kilometern Bikewegen hat erhebliche Auswirkungen auf Raum und Umwelt», schreibt sie. «Ein solches Projekt bedarf daher nach dem Raumplanungsgesetz zwingend einer Grundlage im kantonalen Richtplan.» Eine solche sei jedoch nicht vorhanden, im kantonalen Richtplan seien Bikewege aktuell kein Thema. Zusammenfassend hält das Gutachten fest, dass Wanderwege, die aufgrund der vorgesehenen Überlagerung aus dem Wanderwegnetz gestrichen werden müssen, angemessen durch vorhandene oder neu zu schaffende Wege ersetzt werden müssen. «Für mich ist deshalb klar, dass der Staatsrat dieses Projekt auf keinen Fall einfach so homologieren darf», sagt die Auftraggeberin des Rechtsgutachtens, Eva-Maria Kläy, abschliessend. «Es wäre ein schlechtes Signal, wenn mit der Homologierung ein Bikenetz geschaffen würde, dem die rechtlichen Grundlagen fehlen würden.» Die Planer und Promotoren des Bikenetzes müssten definitiv nochmals über die Bücher.

Martin Meul

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