Oberwallis | Tierschutz fordert ständige Behirtung

Schützt Behirtung vor Schafverlusten?

In der Schweiz wird rund die Hälfte der Schafe gesömmert.
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In der Schweiz wird rund die Hälfte der Schafe gesömmert.
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Während der Sömmerung sterben schweizweit rund 4000 Schafe. Könnten die Tiere besser geschützt werden? Die Meinungen sind geteilt.

In der Schweiz verbringen rund 200 000 Schafe den Sommer auf der Alpe. Gemäss einer Untersuchung von Alpfutur (2012) verliert ein Schafhalter während der 100-tägigen Alpzeit im Schnitt zwei Prozent seiner Herde. Schweizweit sterben bei der Sömmerung pro Saison also circa 4000 Tiere aufgrund von Krankheiten, Abstürzen, Stein- und Blitzschlag oder Verlorengehen. Die Verluste durch Gross­raubtiere wie den Wolf machen laut Studie mit 300 Tieren dagegen nur einen relativ kleinen Teil aus.

Steiner-Umfrage widerspricht

Dass weniger als 10 Prozent der Verluste auf den Wolf zurückzuführen sind, zweifelt Daniel Steiner an, zumindest fürs Oberwallis. Der Präsident des Oberwalliser Schwarznasenzuchtverbands hat 2015 unter den Oberwalliser Schwarznasenschafzüchtern eine eigene Umfrage durchgeführt (90 Prozent Rückmeldung) und kam zu anderen Resultaten. Das Ergebnis: Von der Gesamtverlustrate von 2,3 Prozent der Schafe war der grösste Teil, nämlich 1,3 Prozent, nachweislich durch den Wolf verursacht. 0,7 Prozent durch Krankheiten, 0,2 Prozent durch Unwetter/Blitzschlag und 0,1 Prozent durch Steinschlag.

Tierschutz fordert Behirtung

Die Autoren der Untersuchung von Alpfutur gehen davon aus, dass mit einer durchdachten Alpungsstrategie und rigorosem Gesundheitsmanagement die Abgangsrate von derzeit circa zwei Prozent schweizweit auf unter ein Prozent gesenkt werden kann. Deshalb setzt sich der Schweizer Tierschutz für einen besseren Schutz der Schafe auf den Alpen ein. «Unser Verband konnte durchsetzen, dass die Beiträge für die Systeme ‹Behirtung› und ‹Umtriebsweide› pro Normalstoss erhöht wurden», sagt Hans-Ulrich Huber, Geschäftsführer des Schweizer Tierschutzes. Ständige Behirtung bedeutet, dass immer ein Hirt anwesend ist und die Schafe nachts in den Nachtpferch zusammengetrieben werden. Gab es 2009 im Oberwallis noch 20 Alpen mit ständiger Behirtung, so sind es heuer 44. «Heute sind auf den Alpen mehr Schafe besser geschützt als früher. Das ist ein guter Trend. Unseres Erachtens wäre die minimale Tierschutz-Anforderung, dass wenigstens einmal täglich zu den Schafen auf den Alpen geschaut wird», sagt Huber.

«Der Tierschutz übertreibt»

Einer, der seit sechs Jahren Erfahrung mit «ständiger Behirtung» hat, ist Rafael Ittig. Der Verantwortliche der Alpe Richenen bei Bellwald hat zusammen mit anderen Schäfern eine gemischte Schafherde von circa 700 Tieren. Positiv an der ständigen Behirtung ist laut Ittig, dass die Alpe besser genutzt werden kann, der Überblick über die Schafe besser ist und durch die Arbeit der Hirten die Eigentümer entlastet werden. Dass ständige Behirtung mehr Sicherheit schafft und so weniger Tiere auf der Sömmerung umkommen als im freien Weidegang auf unbehirteten Alpen, wie der Tierschutz behauptet, daran glaubt Ittig nicht: «Ich bin der Meinung, dass der Tierschutz masslos übertreibt.» Die ständige Behirtung berge überdies auch zahlreiche Schwierigkeiten, sagt Ittig: «Abgesehen davon, dass gute Hirten Mangelware sind, ist der Aufwand der Hirten enorm. Schafe verschiedener Besitzer lassen sich nicht schnell zu einer homogenen Herde vereinen. Es dauert bis zu zwei Jahre, bis ein fremdes Schaf in einer Herde integriert ist.» Ausserdem stresse die Behirtung die Tiere. Die Folge: geringeres Gewicht. Für Ittig ist klar: «Im freien Weidegang sind die Schafe körperlich in einem besseren Zustand.» Dem stimmt auch Schäfer Siegfried Oggier zu: «Der freie Weidegang entspricht der artgerechten Haltung.» Trotzdem hat Oggier seine Herde im Turtmanntal unter ständiger Behirtung: «Der Mehraufwand ist enorm. Weil ich aber meine Tiere vor dem Wolf schützen will, bleibt mir nichts anderes übrig.» Verluste aus anderen Gründen wie etwa Naturgefahren sieht er nicht als Problem: «Ich besitze seit 1993 Schafe und habe in dieser Zeit vielleicht fünf Tiere verloren.»

Frank O. Salzgeber

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