Visp | Fronatlinterview mit Andy Abgottspon

«Unsere Plattform kann jede Industrie beeinflussen»

Andy Abgottspon, Gründer des Unternehmens "Hazu".
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Andy Abgottspon, Gründer des Unternehmens "Hazu".
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Andy Abgottspon will die kommerzielle Fluglizenz erwerben.
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Andy Abgottspon will die kommerzielle Fluglizenz erwerben.
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Quelle: RZ 0

Der Oberwalliser Andy Abgottspon will mit seinem Unternehmen international durchstarten. Und: Nebenbei fliegt er um die Walliser Bergwelt. Als Pilot. Im Helikopter.

Andy Abgottspon, Sie haben zusammen mit einem Amerikaner das Unternehmen «Hazu» gegründet. Wie lernten Sie Ihren Mitgründer kennen?
Ich hörte mir oft Podcasts an, in denen Fachleute über das Silicon Valley, Technologie und die Unternehmenskultur in den USA diskutierten. In einem dieser Podcasts wirkte auch mein späterer Businesspartner mit und erwähnte einen Geschäftstermin in London. Da (t)witterte ich meine Chance, ihn kennenzulernen.

Obwohl Sie damals in London arbeiteten, war es wohl nicht ganz einfach, ihn zu treffen?
Ich war überrascht, wie unkompliziert er war, als ich ihn über Twitter kontaktierte. Immerhin hatte er dort noch über 35 000 andere Follower. Wir trafen uns noch am selben Abend in einem Pub im Zentrum Londons und unterhielten uns lange. Anschliessend blieben wir in Kontakt und begegneten uns dann noch einige Male in San Francisco.

Wie ging es danach weiter?
Er erzählte mir von Projekten in seiner Produktionsfirma, die er nicht umsetzen konnte, weil niemand die nötige Erfahrung zu deren Implementierung mitbrachte. Aufgrund meines Backgrounds als Entwickler in einem international führenden Filmsoftware-Unternehmen konnte ich ihm schliesslich weiterhelfen.

Sie haben diese Arbeiten zur vol­lsten Zufriedenheit erfüllt, sodass daraus ein Vollzeitjob wurde…
Während zwei bis drei Monaten entwickelte ich an den Wochenenden verschiedenste Tools für die Produktionen seiner Kunden wie Google, Apple oder dem Weissen Haus. Anschliessend fragte er mich, was nötig sei, damit ich fix mit ihm arbeiten würde. Ich hatte die Chance, von überall in der Welt aus interessante Projekte zu leiten und mein eigenes Team aufzubauen. So wurde die Zusammenarbeit dann immer intensiver.

In der Folge entstand Ihre jetzige Plattform Hazu und die gleichnamige Firma. Was ist Hazu genau?
Hazu ist eine Inhalte- und Kommunikationsplattform. Wir geben den Dingen eine Struktur.

Nennen Sie ein Beispiel.
In einem Büro plant der Geschäftsführer eine Sitzung. Dazu braucht er Doodle, um einen Termin zu finden, und nutzt WhatsApp, Messenger oder SMS, um die gewünschten Personen zu kontaktieren. Eventuell braucht es vielleicht noch ein Google-Dokument, um Traktanden oder den Ablauf gemeinsam festzulegen. Dann findet die Sitzung statt. Während zum Beispiel zwei, drei Leute anwesend sind, verfolgen andere das Meeting via Skype. Anschliessend werden die verstreuten Notizen eines jeden Einzelnen noch per E-Mail verschickt oder bestenfalls in einem Sitzungsprotokoll zusammengefasst. Wie Sie lesen, benötigen die Beteiligten für etwas «Banales» wie eine simple Sitzung sechs bis sieben Inseln. Wir vereinfachen Prozesse wie diesen in verschiedensten Bereichen – vom Schulunterricht bis zum komplexen Sport-Liveanlass.

Sie sind zurzeit oft unterwegs, um Investoren zu finden. Wozu braucht es die?
Eine moderne Hightech-Plattform lässt sich nur mit einem internationalen Team aus Top-Entwicklern und Strategen auf die Server stellen. Die Kosten für Personal und Infrastruktur müssen weitestgehend vorfinanziert werden. Gerade diese Woche wurde unsere Schweizer Tochtergesellschaft gegründet und ab Oktober werden wir mit Hazu auch hierzulande Umsatz generieren. Dennoch steht fest, dass dieser in der ersten Phase nicht ausreichen wird, um die Betriebskosten zu decken.

Droht keine Gefahr, dass Ihre Idee kopiert wird oder dass Sie von einem grösseren Unternehmen überrannt werden?
Wir sind uns bewusst, dass wir schnell wachsen müssen. Die bisherige Entwicklung wurde vor allem durch Privatpersonen finanziert, die über eine halbe Million Franken in uns investiert haben. Weitere 400 000 Franken sind zurzeit geplant.

Weshalb sollen denn Unternehmen oder Privatpersonen in Ihre Idee investieren?
Hazu hat sich zum Ziel gesetzt, sich in den nächsten 12 bis 18 Monaten im deutschsprachigen Raum zu etablieren und eine sogenannte Series-A-Runde durchzuführen. Das ist im Silicon Valley die gängigste Form der Kapitalbeschaffung, um ein möglichst rasches Wachstum im schnelllebigen und hart umkämpften Technologiemarkt zu ermöglichen.

Das ist ein ähnliches Modell wie Facebook…
Genau. Facebook benötigte mehrere solcher Investitionsrunden, bis sie wussten, wie sie mit ihrem sozialen Netzwerk Geld verdienen können. Erst nachdem sie über eine Milliarde User hatten, kam die Monetarisierung mittels Werbung.

Wer investiert in Hazu?
In der frühen Phase investieren die Leute vor allem in dich als Person und Unternehmer. Da helfen ein grosses Netzwerk und enge Vertraute, die einen schon länger kennen und an einen glauben. Mit der Zeit werden dann aber auch professionelle Investoren auf einen aufmerksam, die aufgrund harter Fakten – Vision, Technologie und Team – eine Entscheidung über ein Investment treffen.

Ihre Idee mit Hazu ist langfristig, die Mittelbeschaffung eher kurzfristig. Wo sehen Sie das Unternehmen mittelfristig?
Unsere Plattform hat unserer Meinung nach das Potenzial, praktisch jede Industrie zu beeinflussen. Ein Versicherungsberater kann sie optimal zur Kundenberatung einsetzen, ein Hotel nutzt sie als Kommunikationskanal für seine Gäste und ein Sportverein analysiert damit seine Gegner und überträgt die eigenen Spiele live.

Wie funktioniert das genau mit den Sportanalysen?
Dazu gibt es eine grafische Timeline, die es dem Nutzer ermöglicht, einen Punkt anzuwählen, um eine bestimmte Situation nochmals im Video anzuschauen. Im Fussball kann dies ein Tor sein oder ein Foul oder eine gelbe Karte und so weiter.

«Filme konsumiere ich stets in Englisch»

Wie viel kostet ein solches Tool eigentlich?
Das hängt ganz vom Anwendungsfall ab. Firmen und Institutionen erwerben typischerweise eine Enterprise-Lizenz. Wir unterstützen aber auch Schulen, diverse Anlässe und Projekte und stellen die Plattform ausgewählten Beta-Testern frei zur Verfügung.

Eine konkrete Zahl?
Bei der Preisfestsetzung spielen Faktoren wie die Grösse der Firma, Zusatzleistungen und die konkrete Anwendung eine Rolle. Wie wir gesehen haben, kann dies von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein. Deswegen lässt sich dies nicht pauschal beantworten.

Stimmt es, dass Hazu bei der gd-Schule in Bratsch im Einsatz ist?
Ja. Ich halte diese Schule für ein herausragendes Pionierprojekt. Da sie auf Spenden und Unterstützungsbeiträge angewiesen ist, stellen wir den Schülern, Lehrern und Eltern Hazu kostenlos zur Verfügung. Wir wiederum gewinnen durch diese Zusammenarbeit wertvolle Feedbacks und interessante Erfahrungswerte im Bildungsbereich.

Andy Abgottspon, die Technologie fasziniert Sie seit Jahren. Als 13-Jähriger haben Sie erstmals eine Homepage realisiert?
Das ist richtig. Ich durfte damals für ein Hotel in Zermatt eine Webseite erstellen. Meine Tante hat mir zu diesem Kontakt verholfen, denn sie wusste, dass ich selber bereits einige eigene Websites kreiert hatte. Für meine Arbeit erhielt ich stolze 1300 Franken, das ist für einen 13-Jährigen unglaublich viel Geld.

Wie ging es anschliessend weiter?
Inspiriert von Games, die ich selber spielte, schien dann auch mein nächstes Ziel, Spieleentwickler zu werden, fast schon vorprogrammiert. In meinem Studium in England befasste ich mich dann vor allem mit künstlicher Intelligenz, Computerspielen, Apps und visuellen Effekten, wodurch ich letztendlich in der Filmwelt in London ankam. Es führte also irgendwie immer das eine zum anderen.

Durch diese Games haben Sie auch Ihre Englisch-Kenntnisse verbessert.
(lacht) Es stimmt, dass ich vor allem durch die Games und die Kommunikation mit ausländischen Spielern die Sprache gelernt habe. Ich erinnere mich daran, dass an der Hochschule in Luzern meine Englisch-Lehrerin mein Essay durchgelesen hat und mich dann fragte, ob das meine Muttersprache sei. Doch damals war ich noch nie in einem englischsprachigen Land gewesen. Das Interesse an der Sprache packte mich bereits im Alter von 15 Jahren; es gibt kaum Filme oder Serien, die ich seitdem in einer anderen Sprache als Englisch konsumiert habe.

Neben Ihrem beruflichen Höhenflug erleben Sie einen solchen derzeit auch auf privater Basis, und dies im wörtlichen Sinn. Sie streben die kommerzielle Fluglizenz an.
Das Fliegen begeistert mich enorm. Ich nutze die Fliegerei einerseits als Ausgleich und sehe darin andererseits eine grosse Herausforderung. Dinge wie Leadership, Disziplin, Teamwork und Präzision, die man als Pilot benötigt, kommen einem auch im Geschäftsalltag zugute. Ich fliege selten alleine – es gibt wenig Schöneres, als jemandem unsere imposante Alpenwelt aus einer neuen und äusserst spektakulären Perspektive zu zeigen. Das macht Spass.

Simon Kalbermatten

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Infos

Zur Person

Vorname Andy
Name Abgottspon
Geburtsdatum 11. April 1987
Beruf Software-Engineer
Funktion Gründer und CEO
Hobbies Helikopterfliegen, Fussball, Motorradfahren, Skifahren, Golf, Klavier

Nachgehakt

Ich träume von einem Leben im 
Silicon Valley.
Nein
Die Technologie ist im Oberwallis 
zu wenig fortgeschritten.
Nein
Eine Investition in Hazu wird sich für 
jedermann auszahlen.
Ja
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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