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Visper Hausärzte vor Patientenansturm

Ohne neue Hausärzte wird es schwierig, den Patientenansturm zu bewältigen.
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Ohne neue Hausärzte wird es schwierig, den Patientenansturm zu bewältigen.
Foto: RZ

Quelle: RZ 2

Weil viele Hausärzte in und um Visp kurz vor der Pensionierung stehen, dürfte auf die verbleibenden Ärzte ein wahrer Patientenansturm zukommen, der aber nicht aufzufangen ist.

Der langjährige Hausarzt in Visperterminen, Dr. Peter-Josef Studer, ist eigentlich schon pensioniert, arbeitet aber dennoch weiter. Doch irgendwann wird Schluss sein müssen. Aus der Praxis heisst es, vieles sei noch in der Schwebe, konkrete Nachfolgeregelungen gäbe es aber noch nicht. Auf die Frage, was denn im schlimmsten Fall, nämlich dem, dass sich kein Nachfolger finden lässt, passieren würde, heisst es: «Dann müssten sich die Patienten wohl selbst um einen neuen Hausarzt kümmern.» Anzunehmen, dass sie es in diesem Fall zuerst in Visp versuchen würden. Eine ähnliche Situation präsentiert sich in Stalden, wo Dr. Daniel Eggenschwiler ebenfalls mit einem Auge Richtung Pension schaut. «Ich werde bald 65», sagt Eggenschwiler, «und habe immer gesagt, dass ich dann die Praxis auch gerne übergeben würde.» Eggenschwiler hat nur ein Problem: Ein Nachfolger, der die Praxis übernehmen möchte, ist weit und breit nicht in Sicht. «Ich schätze die Chancen, dass ich in drei Jahren einen Nachfolger finde als gering ein», gibt sich der Staldner Hausarzt pessimistisch. Daniel Eggenschwiler macht auch deutlich, warum es so schwer ist, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu finden. «Ich habe meine Praxis bei der FMH, der Ärztegesellschaft, ausgeschrieben», sagt er. «Allerdings stehen da noch 40 weitere Praxen auf der Liste.» Der Hausarzt will darum die Übergabe-Chancen seiner Praxis verbessern, indem er seine Einrichtung «bewerten» lässt. «Im kommenden Jahr lasse ich ein Dossier zu meiner Praxis erstellen, welches zeigen soll, welches Inventar welchen Wert hat, wo die Chancen meiner Praxis liegen», so Eggenschwiler. «Vielleicht kann ich so eher jemanden motivieren, in Stalden Hausarzt zu werden.» Falls das nicht klappt, so sieht Eggenschwiler seine Patienten Richtung Visp abwandern, das wären in seinem Fall an die 1200 Patienten. «Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich die Leute ins Mattertal orientieren, schliesslich stos­sen die Ärzte dort ebenfalls an ihre Kapazitätsgrenzen», sagt Daniel Eggenschwiler. «Ich habe keine Ahnung, wie das funktionieren soll.»

Visper Hausärzte an der Grenze

Wie steht es um die Visper Hausärzte, die noch einige Jahre im Beruf bleiben? Können sie den erwarteten Ansturm von Patienten aus den Seitentälern auffangen? Die Antwort lautet wohl eher Nein. Die Visper Ärzte sind bereits voll ausgelastet. Die Praxis von Dr. Claudius Heimgartner teilt beispielsweise mit: «Derzeit können wir leider keine neuen Patienten mehr aufnehmen. Ausnahmen machen wir nur bei Familienmitgliedern.» Was die Schliessung einer Praxis in der Region für die Visper Ärzte heisst, zeigte sich im Frühling. Dr. Perrig in Raron ging damals in den Ruhestand, ein Nachfolger fand sich nicht. «Wir mussten aus diesem Grund aufhören, neue Patienten anzunehmen», heisst es aus der Praxis Dr. Ivo Müller. «Inzwischen haben wir zwar wieder etwas Kapazität, aber sicher nicht für mehrere Hundert neue Patienten.» Auch die Praxis von Dr. Christoph Kaisig nimmt derzeit keine neuen Patienten mehr auf. Aus der Praxis heisst es: «Wir sind sehr ausgelastet. Leider können wir Menschen, die auf der Suche nach einem Hausarzt sind, schon jetzt kaum eine Alternative bieten.»

Auch Visper Ärzte vor Pension

Verschärft werden könnte die Problematik durch weitere Faktoren. Nicht nur die Hausärzte der Dörfer um Visp stehen vor dem Ruhestand, auch viele Visper Ärzte gehen auf die Pension zu. So wird Dr. Armin Theler Ende Jahr in den Ruhestand gehen. Der Herzspezialist, der 20 Prozent als Hausarzt tätig ist, hat allerdings eine Nachfolgeregelung gefunden. Ein Ärzteehepaar wird sich sein Pensum aufteilen. Sein Kollege Dr. Aufdereggen ist ebenfalls dabei, sein Pensum zu reduzieren. «Ich konnte bereits eine junge Ärztin gewinnen, die 40 Prozent bei mir arbeitet», sagt er. «Jetzt suche ich noch nach einer weiteren Kraft, die mich zunehmend entlastet, damit auch ich in drei bis vier Jahren in den Ruhestand treten kann.» Trotz dieses Lichtblicks, ein nicht zu unterschätzender Faktor ist die Bevölkerungsentwicklung von Visp. Allein in den letzten Jahren zählte Visp 700 Einwohner mehr, Tendenz steigend. Auch diese Personen werden sich wohl möglichst in der Nähe auf die Suche nach einem Hausarzt machen.

Prekäre Situation

Das Visper Problem ist allerdings kein ausschliessliches Problem des Lonzastädtchens. Welche Dimension der Ärztemangel künftig haben wird, zeigt die aktuellste Befragung des Walliser Gesundheitsobservatoriums. Dort ist zu lesen: «Daher ist in den nächsten fünf Jahren mit einer Abnahme um 25 Vollzeitstellen im Vergleich zu den im Jahr 2014 praktizierenden Ärzten zu rechnen.» Für das Oberwallis bedeutet dies, dass fünf Vollzeitstellen von Hausärzten wegfallen. Im Schnitt versorgt ein Hausarzt um die 1000 Personen, je nach Gebiet etwas mehr oder weniger. Das bedeutet, dass sich in den kommenden fünf Jahren 5000 Oberwalliser einen neuen Hausarzt suchen müssen. Gleichzeitig sind mehr als die Hälfte der Oberwalliser Hausärzte mehr als 55 Jahre alt, zehn von ihnen haben sogar bereits die 65 überschritten. Die offenen Stellen zu besetzen, wird schwer, da sind sich alle Akteure einig. Die Walliser Ärztepräsidentin und Hausärztin, Monique Lehky Hagen, verweist dabei noch auf ein weiteres Problem. «Viele der älteren Ärzte haben Vollpensen gearbeitet», sagt sie. «Die jüngere Generation möchte aber lieber Teilzeitstellen.» Folglich müsse man, um 100 Stellenprozente zu ersetzen, vielfach mehrere Ärzte rekrutieren, was fast ein Ding der Unmöglichkeit sei.

Politik gefordert

Immer wieder kommt der Ruf nach sogenannten Ärztehäusern auf, wie letztens im Goms (die RZ berichtete). Ärzte sollen sich zusammenschliessen, um die Grundversorgung zu gewährleisten. «Das ist aber gar nicht so einfach», sagt Lehky Hagen. «Man muss sich vorstellen, dass für so ein Ärtzehaus ein Hausarzt eventuell seine gut laufende und amortisierte Praxis aufgeben muss.» Damit ein Hausarzt dies tue, müssten aber finanzielle Entschädigungen bereitstehen, was nicht der Fall sei. Darum setzt Lehky Hagen eher auf die staatlich geförderte Assistenzzeit in den Praxen. «Entschliesst sich ein junger Arzt, einen Teil seiner Ausbildung in einer Hausarztpraxis zu machen, so unterstützt ihn der Kanton dabei finanziell, zahlt den Lohn», so die Ärztepräsidentin. «Der Vorwurf, der Kanton unternehme nichts gegen den Ärztemangel, ist also nicht gerechtfertigt.» Des Weiteren müsse die Institution «Hausärzte Notfall Oberwallis Hanow vorangetrieben und finanziell abgesichert werden. «Dazu ist die Politik gefordert. Wir müssen regional und solidarisch denken, wenn wir die medizinische Grundversorgung sicherstellen wollen», so Lehky Hagen.

Martin Meul

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Kommentare

  • Petsch - 279

    Das ist sicher ein Problem, das viele aber am Anschlag sind liegt auch daran begründet das heute viele Mitmenschen wegen jedem "Bubi" gleich zum Arzt bzw. in den Notfall rennen...

    • Visper - 93

      Sicher ist das auch ein Teil des Problems aber nicht nur. Manchmal muss man zum Arzt und dann ist man froh, wenn man nicht tagelang warten muss. Eine gewisse Anzahl Hausärzte braucht es einfach. Sonst sind die die da sind, plötzlich wegen Überarbeitung auch noch weg und dann schauen wir in die Röhre....

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