Region | Viele leere Stühle in den Gemeindesäälen

Wenig bis gar kein Interesse an Urversammlungen

Viele Stimmbürger bleiben der Urversammlung fern.
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Viele Stimmbürger bleiben der Urversammlung fern.
Foto: Rainer Sturm/pixelio.de

Quelle: RZ 0

Die Beteiligung an Urversammlungen lässt oft zu wünschen übrig. Die Gründe dafür sind vielfältig. Mögliche Lösungen hat aber niemand parat.

«70 Personen sind ein recht guter Durchschnitt der letzten Jahre», sagt der Briger Stadtschreiber Eduard Brogli. «Wir hatten auch schon weniger.» Brogli meint damit die Beteiligung an der letzten Urversammlung der rund 13 000 Einwohner zählenden Stadtgemeinde. Nichtsdestotrotz seien sämtliche Geschäfte rechtmässig behandelt worden, «auch wenn das halt nur durch eine nicht repräsentative Minderheit geschehen ist», sagt er.

Mehrere Gründe

Aber auch in anderen Gemeinden fällt die Beteiligung an den jüngsten Urversammlungen eher bescheiden aus: In Visp mit 7500 Einwohnern waren es 131 Personen, in Naters mit über 10 000 Einwohnern 137, in Zermatt (5500 Einwohner) 49 und in der fast 4000 zählenden Gemeinde Leuk immerhin 104 Stimmbürger. Wie ist das zu erklären? Für Brogli sind dafür gesellschaftliche Veränderungen mitverantwortlich. Die Bevölkerung könne sich heutzutage laufend auf diversen Kanälen wie Infoblätter oder aber Social Media informieren. «Man muss nicht mehr zwingend an eine Urversammlung gehen, um sich eine Meinung zu bilden», sagt er. Für den Leuker Gemeindepräsidenten Martin Lötscher sind auch die Traktanden mitentscheidend: «Wird ein nachhaltiges Projekt behandelt, ist die Beteiligung deutlich höher.» Genau darin sieht Eduard Brogli die trotz allem immer noch hohe Akzeptanz der Urversammlung. «Wenn es darauf ankommt, lässt sich der Stimmbürger das Recht auf Entscheidung nicht nehmen.» Beispielhaft dafür steht die jüngste Albiner Urversammlung, welche über die «Wohnbau- und Familienförderung» zu befinden hatte. Das Interesse war entsprechend gross. Aber nur bei «spannenden» Themen Urversammlungen einzuberufen ist aber nicht möglich, da die Gemeinderechnung und das Budget der Bevölkerung per Gesetz vorgelegt werden müssen.

Schweizweites Phänomen

Für Politologe Georg Lutz hat die schwache Beteiligung mitunter mit der vermehrten Entkoppelung des Arbeits- und Wohnorts zu tun. «Darunter leidet das Interesse am politischen Geschehen der Wohngemeinde», sagt er. Auch in anderen Kantonen sei die Beteiligung an Gemeindeversammlungen klein. Und: «Bei schweizweiten Abstimmungen und Wahlen liegt die Beteiligung seit Anfang 1970er-Jahre durchschnittlich deutlich unter 50 Prozent.» Und Urversammlungen hätten zwei entscheidende Schwachpunkte: das systematische Verletzen des Stimmgeheimisses durch Abstimmen mit Handerheben und eben die schwache Beteiligung. Was also ist zu tun? «Allenfalls hilft ein attraktives Rahmenprogramm oder eine organisierte Kinderbetreuung», sagt er. Obwohl damit bestenfalls nur eine marginale Verbesserung erreicht werde. «Ein Patentrezept gibt es nicht.»

Peter Abgottspon

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