Turtmann | Melkroboter-Verbot macht Familie Bregy zu schaffen

«Wir sind in unserer Existenz bedroht»

Raphaela und Herbert Bregy blicken nach dem Kauf des Melkroboters in eine unsichere Zukunft.
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Raphaela und Herbert Bregy blicken nach dem Kauf des Melkroboters in eine unsichere Zukunft.
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Quelle: RZ 1

Nachdem die Sortenorganisation Walliser Raclette AOP (SOR) den Einsatz von Melkrobotern verboten hat, sieht sich Landwirt Herbert Bregy aus Turtmann in seiner Existenz bedroht.

Bis vor etwa einem halben Jahr ist Herbert Bregy, bis Februar auch Präsident des Fleckviehzuchtverbands Swissherdbook Wallis, jeden Morgen schon sehr früh aufgestanden, um sich als Landwirt um seine Kühe und den Hof zu kümmern. Den ganzen Tag über blieb ihm kaum Zeit fürs Familienleben − für seine Frau und seine sechs Kinder zwischen zwei und 19 Jahre alt. «Schon vor fünf, sechs Jahren habe ich mir darum überlegt, einen Melkroboter anzuschaffen, um das Melken zu rationalisieren», erzählt Bregy. Im vergangenen Oktober kaufte er schliesslich einen Roboter für rund eine Viertel Million Franken. Dieser verspreche nicht nur ein schonenderes Melken, was dem Wohl der Tiere entgegenkomme. «Dank des Roboters kann ich meine Kühe sogar besser überwachen, weil der Computer nicht nur Daten über Milchmenge und deren Qualität aufzeichnet, sondern auch Rückschlüsse auf die Gesundheit der Kühe erlaubt», erklärt Bregy. Darüber hinaus sei er jetzt flexibler und habe wieder mehr Zeit für seine Familie.

Sortenorganisation verbietet Roboter

Nun aber hat ihm die Sortenorganisation Walliser Raclette AOP (SOR) einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. «Ich wusste von Anfang an, dass es Widerstand geben könnte, wenn ich mir einen Roboter anschaffe», meint Bregy, «aber wenn ich mich vorher erkundigt hätte, hätte man mir sowieso davon abgeraten.» Andererseits müsse doch auch kein Bauer fragen, ob er sich einen neuen Traktor anschaffen darf. Stattdessen werde Bauern je länger je mehr eingetrimmt, sie müssten unternehmerischer werden. «Tradition sollte Innovationen aber nicht ausschliessen», kritisiert Bregy.

Mehr als zwei Gemelke

Das Problem am Robotermelken: Die Kühe werden nicht nur morgens und abends gemolken, sondern im Schnitt 2,4- bis 2,5-mal innert 24 Stunden. Das Pflichtenheft für Walliser Raclette AOP schreibt aber vor, dass nur Milch verkäst werden darf, die innerhalb der letzten 24 Stunden bei zwei Gemelken gemolken wurde. Das kontinuierliche Melken mit Robotern wurde an der letzten Delegiertenversammlung der Sorten­organisation (SOR) sogar explizit verboten. Begründet wurde das Verbot unter anderem damit, dass in Milch, die von Robotern gemolken wird, der Anteil freier Fettsäuren erhöht ist, wodurch der Käse leicht ranzig schmeckt. Auch für Gruyère-Produzenten ist der Einsatz von Robotern aus denselben Gründen nicht erlaubt im Gegensatz zu Milch, die zu Emmentaler oder Appenzeller verarbeitet wird (siehe Kasten).

100 000 Franken Verlust

Das Roboterverbot hat für Bregy weit reichende Folgen. Zwar stellte Thomas Egger, Nationalrat und SOR-Präsident, in Aussicht, dass man schon in einem Jahr auf den Entscheid zurückkommen könnte. Bis dahin muss Bregy jedoch einen Verlust von rund 100 000 Franken verkraften. Denn als Bio-Milch-Produzent könnte er seine Milch, rund 1000 Liter am Tag, für fast einen Franken pro Liter an die Käserei verkaufen. Zumal die Nachfrage nach Bio-Raclette-Käse sogar grösser ist als das derzeitige Angebot, denn im vergangenen Jahr war erstmals nicht genügend Raclettekäse am Lager, um alle Kunden zu beliefern. Für Industriemilch, die in Molkereien jedoch zu Pastmilch oder Joghurt verarbeitet wird, bekommt er dagegen weniger als die Hälfte, unabhängig von der Bio-Qualität seiner Milch. Für Herbert Bregy und seine Ehefrau Raphaela ist daher klar: «Wir sind in unserer Existenz bedroht.»

Wie verhält es sich bei anderen Käsesorten?

Unterschiedliche Handhabung

Bei den meisten übrigen Schweizer Käse-Sortenorganisationen ist der Einsatz von Melk-
robotern geregelt, verboten sind sie nur beim Gruyère. «Im Produktionsgebiet von Appenzeller
Käse gelten bei der Anschaffung von Melkrobotern strenge, aber erfüllbare Auflagen», wie Alfred Ammann von der Branchenorganisation Appenzeller auf Anfrage erklärt. So müssen zwischen zwei Gemelken mindestens 7 ½ Stunden verstreichen, die Kühe dürfen im Schnitt aber höchstens 2,5-mal pro Tag gemolken werden, und es muss ein Melkberater von einem anerkannten Labor beigezogen werden, um von der Milch regelmässig Proben zu entnehmen. Der Melkberater muss sogar hinzugezogen werden, noch bevor sich ein Landwirt einen Melkroboter anschafft. Etwas lockerer sind die Vorschriften beim Emmentaler, wo nur eine Zwischenmelkzeit von acht Stunden eingehalten werden muss. Für Fritz Sommer, verantwortlich für die Qualität von Emmentaler, ist sogar klar, dass veraltete Rohrmelkanlagen, wo Milch direkt nach dem Melken in einen Tank gesogen wird, für die Qualität von Käse gravierender sind.

Christian Zufferey

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Kommentare

  • Markus Imbodu, Visp - 4812

    Walliser Raclette das man heute im Handel kaufen kann ist leider zu einem 0815 Industrieprodukt geworden... Zum Glück gibt es hier in der Region noch Käsereien die ein gutes Handwerkliches Produkt herstellen.

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