Abstimmung | Mehr Schutz für Menschen mit anderer sexueller Orientierung

Wird man in Zukunft noch «schwul» sagen dürfen?

Brauchen Menschen mit anderer sexueller Orientierung mehr Schutz?
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Brauchen Menschen mit anderer sexueller Orientierung mehr Schutz?
Foto: Jana Sabeth/unsplash.com

Quelle: RZ 0

Sollen öffentliche Hassreden gegen Menschen mit anderer sexueller Orientierung strafbar werden? Für die Befürworter längst überfällig, für die Gegner ein Angriff auf die freie Meinungsäusserung.

Wer einen Menschen in der Öffentlichkeit aufgrund seiner Rasse oder Religion diskriminiert und öffentlich zu Hass aufruft, kann für sein Verhalten strafrechtlich belangt werden. Bald entscheidet das Stimmvolk darüber, ob dieser Straftatbestand auf die sexuelle Orientierung eines Menschen ausgeweitet werden soll.

«Unbedingt nötig»

Für längst «überfällig» hält einen solchen Schritt Alessandra Zenklusen, Co-Präsidentin des Vereins QueerWallis. «Es ist sehr schade, dass wir im 21. Jahrhundert überhaupt ein solches Gesetz brauchen», sagt sie. «Ich finde, dass die Gesellschaft eigentlich so weit sein sollte, dass Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung nicht sein sollte.» Jedoch sei genau das Gegenteil der Fall, so Zenklusen weiter. «Leider müssen wir feststellen, dass sich Übergriffe auf Menschen der Queer-Community in letzter Zeit häufen», sagt sie. «Deshalb ist ein Gesetz, welches öffentliche Diskriminierung wie Hassreden gegen Menschen aufgrund der sexuellen Orientierung verbietet, unbedingt nötig.» Persönlich habe sie glücklicherweise noch keine Übergriffe erleben müssen, so die bisexuelle Co-Präsidentin von QueerWallis weiter, «wenn ich mich aber Händchen haltend mit meiner Freundin in der Öffentlichkeit zeige, ziehen wir schon Blicke auf uns, was durchaus unangenehm ist». Daher sei die Gesetzesanpassung wichtig. «Wird der öffentliche Aufruf zu Hass und Hetze gegen Menschen aufgrund der sexuellen Orientierung strafbar, wirkt dies auch den daraus resultierenden persönlichen Angriffen und Beleidigungen entgegen», sagt Alessandra Zenklusen.

Zu viel des Guten?

Anders sieht dies Diego Schmid, Präsident der Jungen SVPO und Mitglied im Nein-Komitee zur Abstimmungsvorlage. «Schon heute können Leute, die andere Menschen aufgrund gewisser Merkmale öffentlich herabsetzen oder diskriminieren, strafrechtlich belangt werden», sagt Schmid. «Zudem suggeriert ein solcher Artikel im Strafgesetzbuch homo- und bisexuelle Menschen irreführend als schwache und schützenswerte Minderheit.» Ausserdem würde eine Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm Tür und Tor öffnen für Gruppen, die sich ebenfalls diskriminiert fühlen könnten, so Schmid. «Auch Ältere oder Übergewichtige beispielsweise könnten dann auf einen entsprechenden gesetzlichen Schutz pochen, da auch bei ihnen die Gefahr einer Diskriminierung aufgrund eines besonderen Merkmals gegeben ist.»

Streitpunkt Meinungsfreiheit

Diego Schmid ortet aber noch ein weiteres Problem, sollte die Vorlage angenommen werden. «Niemand kann derzeit sagen, welche Aussagen über Menschen mit anderer sexueller Orientierung künftig strafrechtliche Konsequenzen haben und auch, was unter dem Schlagwort ‹öffentlich› zu verstehen ist, bleibt unklar,», betont er. «Um Schwierigkeiten zu vermeiden, besteht daher das Risiko einer Selbstzensur. Das heisst, dass man sich unter Umständen über gewisse Themen wie dasjenige der sexuellen Orientierung gar nicht mehr zu äussern getraut, wenn die Meinung nicht dem allgemeinen Mainstream entspricht. Das kann nicht im Sinne einer freiheitlichen Demokratie sein.» Dem hält Alessandra Zenklusen von QueerWallis entgegen, dass es nicht darum gehe, kritische Äusserungen gegenüber Homo- und Bisexualität zu verbieten. «Eure Stammtischwitze und euer Gebrauch des Wortes ‹schwul› für etwas, was ‹nicht gut› ist, gefährdet diese Gesetzesanpassung nicht», sagt sie. «Mit der Anpassung soll jedoch der öffentliche Aufruf zu Hass und Hetze gegen eine Gruppe von Menschen aufgrund der sexuellen Orientierung strafbar werden.» Videos beispielsweise, in denen behauptet wird, dass Homosexualität eine Krankheit sei und mit Schlägen geheilt werden könne, sollten endlich gesetzliche Konsequenzen haben, so Zenklusen. Das Schweizer Stimmvolk entscheidet am 9. Februar.

Martin Meul

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