Brig | Porträt einer Ordensschwester

«Wo Geld fliesst, wächst nicht zwangsläufig Glaube»

Schwester Angeline lebt seit einigen Jahren im Briger Haus Schönstatt.
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Schwester Angeline lebt seit einigen Jahren im Briger Haus Schönstatt.
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Seit einigen Jahren lebt Schwester Angeline (42) im Oberwallis und amtet dabei als «Zentrale» vieler Teile Europas. Ein Porträt über eine aktive Persönlichkeit, welche «im Aussendienst tätig ist», wie sie sagt.

Die Kleidung ist dunkelbau und ihr Markenzeichen eine silberne Brosche beim Hals, mit Maria und Jesus. Je nach Tätigkeit kleiden sich die Schönstätter Marienschwestern aber auch bürgerlich und werden dadurch nicht als Schwestern erkannt (Marienschwestern arbeiten teils auch in zivilen Berufen wie beispielsweise bei der Spitex). Für sie sei das Tragen der Kleidung persönlich aber sehr wichtig, sagt Schwester Angeline. «Damit entstehen in der Öffentlichkeit immer wieder spannende und interessante Begegnungen und Gespräche, welche sehr anregend sein können.» Solche Erfahrungen macht sie bereits seit zwanzig Jahren. Denn so lange schon ist sie Mitglied.

Schon früh Signale erkannt

Mit bürgerlichem Namen Catherine Duvoisin, wächst sie mit zwei jüngeren Geschwistern bei St. Gallen auf und geht dort zur Schule. Sie kommt schon als Kind in Kontakt mit der Schönstatt-Bewegung. Mit 14 Jahren erkennt sie erste Signale ihrer späteren Berufung. «Ich konnte mir schon gut vorstellen, eines Tages einen sozialen Weg beschreiten zu können», sagt sie. Dass sie später die kaufmännische Lehre im Spital macht, ist deshalb auch kein Zufall. «Ich war immer schon sozial interessiert und engagiert.» Diese Gedanken verschieben sich aufgrund der Berufslehre und dem damit verbundenen Schuldruck in den Hintergrund. Zu einer Beziehung kommt es in all den Jahren nie. «Ich hatte wohl zu hohe Ansprüche», sagt sie. Auch wenn Beziehung und Familie wertvoll sein können, habe es für sie «mehr» gegeben. «Ich spürte ganz tief in mir immer etwas anderes, etwas Spezielles.» Um mehr darüber zu erfahren, nimmt sie sich nach dem Lehrabschluss und einigen Jahren Tätigkeit im Spital bewusst Zeit und macht eine schöpferische Pause. Sie reist herum, engagiert sich bei sozialen Projekten und wartet auf eine göttliche Bestätigung. «Lieber Gott. Wenn du etwas anderes als diesen Weg mit mir vorhast, dann musst du mir das jetzt zeigen», habe sie gebetet. Gott lässt nicht locker und es kommen noch viele andere Signale hinzu. Nach der Probezeit und einem zweijährigen Noviziat wird aus Catherine Duvoisin Schwester Maria Angeline. Die Reaktionen aus ihrem Umfeld fallen unterschiedlich aus. «Meine Nachbarin hatte deswegen schlaflose Nächte», sagt sie lächelnd. Aber im Grossen und Ganzen sei der Entscheid positiv aufgenommen worden.

Aufgabe im «Aussendienst»

Seit mehreren Jahren lebt sie nun mit acht Mitschwestern im Briger Haus Schönstatt. Sie arbeitet für das internationale Projekt Pilgerheiligtum und ist dabei sehr oft unterwegs als Ansprechperson für die Westschweiz, Frankreich und für die Spanisch- und Portugiesisch-Sprechenden in der ganzen Schweiz. Beim Projekt geht es um sieben bis zehn Familien, welche einen «Kreis» bilden. Das Bild von Jesus und Maria ist innerhalb dieser Gruppe unterwegs. Eine Familie bringt es der nächsten. Mit dem monatlichen Kommen und Gehen der pilgernden Gottesmutter entsteht ein Rhythmus, der dem oft hektischen Alltag «Seele» geben kann. Zudem verbindet sie Menschen jeden Alters und in jeder Lebenssituation untereinander. Diese Aufgabe bringt mit sich, dass sie an manchen Tagen bis zu 100 E-Mails zu bearbeiten hat. Dabei sei gutes Zeitmanagement wichtig. «Manchmal lasse ich es aber auch ruhiger angehen und lasse meine Agenda von der Vorsehung Gottes bestimmen», sagt sie. Dann zieht sie sich zurück für ein Gebet oder aber nimmt sich Zeit für ein Gespräch. Hat sie auch Zeit für Hobbys? «Ja klar.» Sie nehme sich Zeit für Erholung und Entspannung. «Ich bin gerne kreativ, musiziere und pflege Kontakte.» Auf Weihnachten freue sie sich, da es das Fest der Liebe Gottes zu den Menschen sei und weil Gott auch heute noch die Menschlichkeit teile. Wie nimmt sie das Oberwallis in Sachen Glauben wahr? «Das katholische Grundwasser ist vorhanden, aber mit Verdunstungstendenzen.» Und diese würden hier ausgeprägter wahrgenommen als anderswo, weil sie später eingesetzt hätten und deshalb stärker spürbar seien.

Tägliche Mission

Darum befürwortet sie auch die Trennung von Kirche und Staat. «Wo Geld fliesst, wächst nicht zwangsläufig Glaube», ist sie überzeugt. So bestätigen es ihre Erfahrungen in Frankreich, wo beides getrennt sei. Aufgrund dessen würden die Menschen dort in Glaubensfragen viel mehr von sich aus aktiv. Um überzeugt zu glauben, brauche es Argumente und inneres Feuer. «Ungesalzene Kartoffeln nähren zwar, schmecken aber nicht und machen darum auch nicht unbedingt Appetit auf mehr.» Darum möchte sie bei ihrer täglichen Mission das Salz sein und so den Menschen helfen, ihren Lebenssinn zu finden. Genau so, wie es die Engel als Botschafter machen würden. Daraus sei auch ihr Entscheid gefallen, bewusst den Namen Angeline anzunehmen. «Angeline stammt aus dem Französischen und bedeutet Engel», sagt sie strahlend. Engel seien die Botschafter zwischen Gott und den Menschen. «Ein solcher möchte ich auch sein.»

Peter Abgottspon

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