Fünf kantonale Abstimmungen in der Westschweiz
Mindestlohn in mehreren Kantonen ein Thema
Die Abstimmung über einen Mindestlohn von 4000 Franken vom 18. Mai hat für die Kantone Neuenburg und Jura eine besondere Bedeutung - sie haben auf kantonaler Ebene Mindestlöhnen bereits zugestimmt. Nun steht das Wallis vor einer Abstimmung über einen kantonalen Mindestlohn.
Die Walliser Stimmberechtigten entscheiden am 18. Mai über einen kantonalen Mindestlohn von 3500 Franken, der jährlich 13 Mal ausbezahlt würde. Dies verlangt eine 2008 lancierte Volksinitiative der Walliser Linksallianz. Auf nationaler Ebene fordern die Gewerkschaften einen Mindestlohn von 22 Franken pro Stunde, was bei einer 42-Stunden-Woche einem Monatslohn von 4000 Franken entspricht. Dieser soll zwölf Mal ausbezahlt werden.
Die Walliser Lösung sieht die Möglichkeit vor, den Mindestlohn bis auf 3000 Franken zu senken, falls in der betroffenen Branche ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) besteht, sagt German Eyer, Fraktionschef der Linksallianz im Grossen Rat und Leitender Sektionssekretär der Unia Oberwallis. Die Möglichkeit von bis zu 500 Franken tieferen Löhnen wurde vor allem für die sogenannten "Ernteknechte" aus Polen oder Portugal für die Weinlese geschaffen.
Dass die Debatte über Mindestlöhne in der Romandie weiter fortgeschritten ist als in der Deutschschweiz, erstaunt Eyer nicht. Das zeige sich auch imWallis: "Die Zustimmung wird im Wallis im welschen Kantonsteil höher sein", prognostiziert er. Die Romands seien für soziale Fragen empfänglicher als die deutschsprachigen Oberwalliser.
Vier Urnengänge zum Mindestlohn
In der Romandie ist bereits in vier Kantonen über Mindestlöhne abgestimmt worden. Als erster Kanton der Schweiz entschied die Waadt im Frühling 2011 über einen kantonalen Mindestlohn. Das Stimmvolk lehnte diesen mit einem Nein-Anteil von 51,1 Prozent knapp ab. Die Genfer Stimmberechtigten lehnten die Einführung eines Mindestlohnes am 27. November 2011 mit 54,2 Prozent Nein-Stimmen ab. Am gleichen Tag verankerten die Neuenburgerinnen und Neuenburger einen Mindestlohn in der Verfassung und sorgten damit für eine Premiere in der Schweiz. Im 2013 zog das jurassische Stimmvolk nach.
Weder Neuenburg noch Jura stimmten über einen verbindlichen Betrag ab. Im Kanton Neuenburg lag es an der Regierung, einen Vorschlag auszuarbeiten. Sie schlug 20 Franken pro Stunde vor, was einem Bruttolohn von 3640 Franken pro Monat entspricht. Nach Angaben des Kantons würden 2700 Personen von diesem Mindestlohn profitieren. Für die Neuenburger Wirtschaft resultierten Mehrkosten von neun Millionen Franken pro Jahr.
Mindestlöhne noch nicht eingeführt
Allerdings ist der Mindestlohn in Neuenburg noch nicht eingeführt worden. Nach einer hitzigen Debatte entschied das Kantonsparlament Ende März, die Diskussion nach dem 18. Mai fortzuführen. Sollte die Schweiz die Mindestlohn-Initiative des Gewerkschaftsbundes annehmen, hätte Neuenburg "die Übung vergebens gemacht", sagt der zuständige Staatsrat Jean-Nat Karakash (SP). Neuenburg habe aber auch im Fall einer Annahme der Mindestlohn-Initiative die Möglichkeit, per Januar 2015 die kantonale Lösung einzuführen, bis Bundesbern die Vorlage umgesetzt hat. Die Neuenburger Regierung wolle die Umsetzung nicht hinauszögern, sagt Karakash. Darüber hat das Kantonsparlament das letzte Wort.
Die 2013 im Kanton Jura angenommene Volksinitiative verlangt Mindestlöhne auch für Unternehmen, die keinem GAV unterstellt sind. Die Löhne sollen je nach Branche unterschiedlich sein und nach den nationalen Medianlöhnen berechnet werden. Wie in Neuenburg sind Mindestlöhne auch im Jura noch nicht umgesetzt. Eine Arbeitsgruppe arbeitet derzeit Vorschläge zu Handen des Kantonsparlaments aus.
Initiative im Tessin eingereicht
Auch im Tessin kam das Thema Mindestlohn mehrmals auf, zu einer Abstimmung kam es aber nie. Eine 2007 eingereichte Volksinitiative des "Movimento per il socialismo" lief ins Leere. Das Kantonsparlament folgte 2009 mehrheitlich einem Kommissionsbericht, der die Einführung eines Mindestlohns für unzulässig erachtete. Im April 2013 reichten die Tessiner Grünen eine Volksinitiative ein, die Mindestlöhne für alle Branchen ohne Gesamtarbeitsvertrag fordert. Die Initiative sieht keine festen Beträge vor. Eine Parlamentsdebatte dazu steht noch aus.
Artikel
Kommentare
Toli - ↑0↓0
Gibt es dann auch eine Mindesteinkommensgarantie oder Defizitgarantie der SP, falls die Arbeitgeber die Löhne nicht bezahlen können?
antworten