A9-Chef Martin Hutter im Gespräch
«Pro Werktag eine Million für den Autobahnbau»
Seit über einem Jahr ist Martin Hutter inzwischen als Chef des Amtes für Nationalstrassenbau (ANSB) im Einsatz. Im Gespräch zieht er Bilanz und spricht über den Fortschritt beim Jahrhundertbau.
Herr Hutter, wie fällt Ihr Fazit nach dem ersten Jahr als Chef des kantonalen Amtes für Nationalstrassenbau aus?
Martin Hutter: «Es war ein intensives Jahr, in dem ich mich sicherlich erst einmal in die neuen Aufgaben einleben musste. Dankenswerterweise konnte ich mich dabei auf gute Mitarbeitende innerhalb des Amtes sowie der restlichen Kantonsverwaltung stützen und gleichzeitig die notwendige Unterstützung meiner Vorgesetzten geniessen. Neben dem täglichen Geschäft, dem Bau der Autobahn, war das erste Jahr hauptsächlich geprägt von einer internen Reorganisation, die nun auf Anfang Juni umgesetzt werden konnte. Arbeitsplätze und Funktionen sind in diesem Zusammenhang teilweise neu strukturiert und zusammengelegt worden. Unser Ziel ist klar, den Bau der Autobahn vorwärts zu bringen und dies mit allen Projektbeteiligten.»
Ist der Autobahnbau auf Kurs?
«Meines Erachtens ist der Bau der Autobahn unter Berücksichtigung der heutigen Planung durchaus auf Kurs. Es wurde im letzten Jahr auf den verschiedensten Baustellen viel gearbeitet und einiges bewegt. Nicht zu vergessen ist dabei die vorausschauende Planung und Projektierung. So können wir im Jahr 2014 insgesamt rund 200 Millionen Franken investieren. Wenn man diesen Betrag auf die rund 200 Arbeitstage herunterbricht, ergibt sich immerhin ein Betrag von einer Million Franken pro Werktag. Das ist sehr viel Geld.
Wer täglich mit dem Zug von Brig bis Sitten fährt, hat vielleicht das Gefühl, dass sich die Baustellen nicht verändern. Vergleicht man aber Fotos vom letzten Jahr mit aktuellen, sind klare Fortschritte sichtbar. So beispielsweise beim Gedeckten Einschnitt in Turtmann oder auf den offenen Strecken. Aber auch in den Tunnels, wo von aussen her nur wenig wahrgenommen wird, sind die Arbeiten mehrheitlich im Zeitplan und kommen zügig voran.»
Das Dossier «Autobahn im Oberwallis» wird seit Jahrzehnten wiederkehrend diskutiert. Wie beurteilen Sie die öffentliche Meinung zum Jahrhundertprojekt?
«Die Rückmeldungen aus der Bevölkerung sind durchaus positiv. Sicher sind hie und da auch kritische Stimmen zu hören. Nicht selten fehlt bei solcher Kritik aber womöglich das Hintergrundwissen, da nicht alle Details bekannt sind. Demgegenüber sind beispielsweise die Reaktionen bei Baustellenbesuchen in der Regel sehr positiv. Wir setzen alles daran, aus den gemachten Erfahrungen der Vergangenheit die richtigen Lehren für die Zukunft zu ziehen, und wollen das Jahrhundertprojekt gemeinsam vorwärts bringen.»
Zuletzt wurde die geplante 18-monatige Schliessung des Vispertaltunnels im Jahr 2015 kritisiert. Es wird eine Zunahme der Staus rund um das Lonzastädtchen befürchtet. Ist die Kritik begründet?
«Gerade wenn man an die Zeit vor der Inbetriebnahme des Vispertaltunnels mit teilweisen Staus bis nach Stalden denkt, ist die Kritik sicherlich berechtigt und nachvollziehbar. Ein Vergleich der verschiedenen Varianten, mit und auch ohne Schliessung, hat jedoch gezeigt, dass eine Schliessung des Vispertaltunnels die beste Variante darstellt. Bei einer Stausimulation mit einer kurzfristigen Schliessung des Tunnels konnten wir feststellen, dass es während einer relativ kurzen Zeitspanne zu Staus kommen dürfte. Am durchgeführten Testtag, mit einer Auslastung von 80 bis 90 Prozent, wurde zwischen 10.00 bis 13.00 Uhr ein Rückstau von 10 bis 15 Minuten gemessen. Klar steht niemand gerne im Stau, auch ich selber nicht. Vergleicht man diese Stauzeiten jedoch beispielsweise mit den stundenlangen Staus vor dem Gotthardtunnel, relativiert sich die Situation etwas.»
Der Autobahnbau hat im letzten Jahr auch für negative Schlagzeilen gesorgt. So waren etwa die Quecksilberbelastungen wiederholt im Fokus der Berichterstattung. Ist dieses Thema inzwischen vom Tisch?
«An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass nicht der Bau der Autobahn für die vorhandene Quecksilberbelastung verantwortlich ist. Es ist aber richtig, die Quecksilberbelastungen waren im letzten Jahr ein wichtiges Thema. Wir hatten das Glück, dass der Bund die Sanierung der Böden zu 96 Prozent vorfinanziert hat und dadurch die Arbeiten weitergeführt werden konnten. Für einen bestmöglichen Schutz der Arbeiter auf den entsprechenden Baustellen bestand zudem ein enger Kontakt mit der SUVA und Arbeitsmedizinern. Gewisse Umstellungen im Bauablauf waren jedoch unausweichlich.»
Weiter sorgten auch Schwarzarbeiter im Tunnel Eyholz und falsche Rechnungsstellungen für Aushubmaterial für Schlagzeilen. Was wurde in diesen Punkten unternommen?
«Nach Bekanntwerden der im Tunnel Eyholz ohne Arbeitsbewilligungen beschäftigten Eisenleger haben wir auch als Bauherr direkt bei der Arbeitsgemeinschaft interveniert. Es gibt bei Ausschreibungen in diesem Zusammenhang klare Vorgaben, die seitens der Arbeitsgemeinschaften oder Unternehmungen eingehalten werden müssen. Daher wurden in der Folge auch mit dem betroffenen Subunternehmer entsprechende Massnahmen getroffen. Der Kanton führt diesbezüglich immer wieder Stichproben durch, was wohl die einzige wirksame Massnahme gegen Schwarzarbeit darstellt.
Hinsichtlich der ungenügenden Rechnungsstellung, die im Rahmen von Finanzkontrollen durch den Bund festgestellt wurden, laufen derzeit noch interne und externe Abklärungen. Die festgestellten Abweichungen von verschobenem und effektiv geliefertem Material auf die Deponie Goler betreffen Tunnelausbrucharbeiten, welche bereits Jahre zurück liegen. Inzwischen besteht seit rund zwei Jahren ein Gesamtüberblick zur Materialbewirtschaftung, so dass ähnliche Fälle in Zukunft grundsätzlich ausgeschlossen werden können.»
Im Frühjahr wurde zudem kommuniziert, dass das Bauende wohl nicht wie ursprünglich vom Staatsrat kommuniziert im Jahr 2019 erfolgen wird, sondern sich weiter verzögert. Was sind die Hauptgründe dafür?
«Der Autobahnbau ist ein komplexes und langfristiges Projekt. Durch verschiedene Faktoren und nicht zuletzt unvorhergesehene Störungen im Untertagbau oder Rechtsverfahren ist es aufgrund der Erfahrungswerte durchaus möglich, dass ein vorausgesagtes Bauende nicht eingehalten werden kann. Als Beispiel könnte etwa der Tunnel Visp angeführt werden, der durch verschiedene Beschwerden verzögert wurde. In der Vergangenheit hat sich oftmals gezeigt, dass wegen der Komplexität des Grossprojekts grundsätzlich erst ab einem effektiven Baubeginn eine verlässliche Vorhersage gemacht werden kann.»
Halten Sie persönlich das Jahr 2025 als neue Frist für den Abschluss der Bauarbeiten für realistisch?
«Ich persönlich halte das Jahr 2025 für durchaus realistisch. Die Zukunft wird uns aber zeigen, ob unsere Planung trotz allfälliger erwähnter Störungen oder gar Rechtsverfahren eingehalten werden kann.»
Gibt es ein Teilstück, das sie derzeit als grösstes Sorgenkind bezeichnen würden?
«Von Sorgenkindern würde ich nicht reden. Aber es gibt auf jeder Teilstrecke zwischen Siders bis Eyholz verschiedene Hürden, die noch übersprungen oder umfahren werden müssen. So ist beispielsweise die Teilstrecke durch den Pfynwald eine grosse Herausforderung. Dies weil die Strecke mitten durch ein Naturschutzgebiet führt und eine enge Zusammenarbeit mit Umweltverantwortlichen unabdingbar ist. Zudem hervorzuheben sind die Bauarbeiten im Bereich Visp West, wo wir eine sehr komplexe Baustelle auf engstem Raum führen. Die Baustelle befindet sich teilweise im Grundwasser und in Baustellennähe verläuft ausserdem eine Erdgasleitung. Hinzu kommen die Arbeiten am Riedbergtunnel oder auch der Gedeckte Einschnitt Raron, die nächstens wieder aufgenommen beziehungsweise ausgeschrieben werden sollen.»
Wo sehen Sie kommende Herausforderungen für das Amt für Nationalstrassenbau?
«Eine grosse Herausforderung unserer Tätigkeit besteht darin, die vielfältigen und teilweise unterschiedlichsten Interessen unter einen Hut zu bringen und eine gemeinsame Lösung anzustreben. Zudem ist es wichtig, die Bauwerke qualitativ, termingerecht und innerhalb des Budgets zu erstellen. Das vorhandene Investitionsvolumen ist in den letzten Jahren markant angestiegen und wird in der Region investiert. Dies erfordert von den Mitarbeitenden einen hohen Arbeitseinsatz und die Übernahme von Verantwortung. Gleichzeitig ist die Reorganisation, also die Anpassung der Aufbau- und Ablauforganisation, praktisch abgeschlossen und es erfolgt nunmehr noch die Feinabstimmung, so dass wir für die kommenden Jahre gerüstet sind.»
Welche sind die nächsten grossen Meilensteine der kommenden Jahre?
«Einerseits sicherlich die Vergabe der Verzweigung III im Vispertaltunnel mit der einhergehenden Sperrung des Tunnels. Andererseits hat auch die Wiederaufnahme der Arbeiten am Riedbergtunnel eine wichtige Bedeutung. Hinzu kommen die beiden Anschlusskreisel der Teilstrecke Leuk/Susten Ost in Susten bis Gampel/Steg West beim Riedbergtunnel. In diesem Zusammenhang kann ich bestätigen, dass die Netzvollendung der Nationalstrasse ein komplexes und langfristiges Grossprojekt ist. Diese Komplexität spiegelt sich in den unterschiedlichen Baumethoden sowie den zum Teil nicht vorhersehbaren auftretenden Störungen im Rahmen der Bauausführung wider.»
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Kommentare
Dr Tifig Sepp - ↑0↓0
Hört auf zu motzen, kritisieren ist immer einfach. Alle, welche es besser wissen, sollen doch beim Nationalstrassenbau arbeiten gehen und zeigen was sie können. Auf das Resultat wäre ich gespannt.
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Joggo - ↑0↓0
Die Grünen und Abgaslosen sind die ewigen Verzögerer und Verhinderer. Dank ihren endlosen Einsprachen haben wir heute noch keine Autobahn im Wallis und zudem wird es somit immer teurer. Für Bauwerke von nationaler Bedeutung wie Eisenbahnlinien oder Autobahnen sollte das Verbandsbeschwerderecht abgeschafft werden.
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Freier Bürger - ↑0↓0
So ein Schwachsinn Herr Hutter! Den zu erwartenden Stau bei der Schliessung des Vispertaltunnels mit dem Stau vor dem Gotthard zu vergleichen, zeugt nicht gerade von viel Fingerspitzengefühl und Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Tourismusstationen in den Vispertälern....
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Realist - ↑0↓0
Sie kommen und gehen und sind dabei immer zuversichtlich. Niemand ist so richtig verantwortlich, aber alle guter Dinge. Und von der Bevölkerung hören sie kaum negatives. Da bin ich ja beruhigt und freue mich auf 2025... wenns dann 2052 wird geht das für mich auch in Ordnung.
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