Forderung von Walliser Nationalrat Reynard abgelehnt
Voraussetzungen für Entführungsalarm werden nicht gelockert
Wird ein Kind vermisst, soll auch in Zukunft nur dann Entführungsalarm ausgelöst werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Der Bundesrat will die Bedingungen nicht lockern. Er beantragt dem Parlament, entsprechende Vorstösse abzulehnen.
Eine Lockerung fordern Nationalrat Mathias Reynard (SP/VS) und Ständerat Luc Recordon (Grüne/VD).
Die heutigen Kriterien seien viel zu unklar und zu einschränkend, schreiben sie in gleichlautenden Vorstössen. Sie möchten den Bundesrat beauftragen, Änderungen zu prüfen.
Bis heute sei der Entführungsalarm nie ausgelöst worden, obwohl er zumindest in einem Fall hätte wirksam eingesetzt werden können, argumentieren die beiden Parlamentarier. Der Bundesrat dagegen hält die heutigen Kriterien für präzise und hinreichend, wie er in seiner am Donnerstag veröffentlichten Antwort auf die Postulate schreibt.
SMS an die Bevölkerung
Den Entführungsalarm gibt es seit dem Jahr 2010. Er soll den Behörden ermöglichen, im Falle einer Kindsentführung die Bevölkerung rasch zu informieren und zur Aufmerksamkeit aufzurufen - mit Anzeigen auf Autobahntafeln, an Flughäfen oder Nachrichten per SMS. Damit der Alarm ausgelöst wird, müssen drei Bedingungen erfüllt sein.
Erstens muss konkret festgestellt werden oder ein begründeter Verdacht bestehen, dass eine minderjährige Person entführt wurde. Zweitens muss angenommen werden, dass die entführte Person ernsthaft in ihrer physischen, sexuellen oder psychischen Integrität gefährdet ist. Drittens müssen genügend gesicherte Informationen vorliegen, damit der Alarm mit Aussicht auf eine erfolgreiche Lokalisierung von Täterschaft und/oder Opfer ausgelöst werden kann.
Nicht bei Entführung durch Eltern
Bei der Entführung durch einen Elternteil findet der Alarm in der Regel keine Anwendung, weil in diesen Fällen normalerweise keine Gefahr für Leib und Leben des entführten Kindes besteht, wie der Bundesrat erklärt. Auf den Alarm müssen die Behörden auch verzichten, wenn die Öffentlichkeitsfahndung die Gefahr für das Opfer erhöhen könnte.
Der Bundesrat weist darauf hin, dass der Entführungsalarm lediglich eine Form der Öffentlichkeitsfahndung sei. Die Polizei habe jederzeit die Möglichkeit, eine solche Fahndung in einer weniger ausgeprägten Form auszulösen.
Einige Fahndungsmittel könnten dann zwar nicht eingesetzt werden, etwa die Publikation mittels SMS, räumt der Bundesrat ein. Die Medien würden eine solche Meldung aber ohnehin rasch als «Breaking News» an Handynutzer versenden und unverzüglich in ihren Online-Ausgaben aufschalten.
Diskussion über die Voraussetzungen für den Entführungsalarm gab es etwa im Zusammenhang mit den Zwillingen Livia und Alessia aus St. Sulpice VD, die im Januar 2011 von ihrem Vater entführt worden waren und seither vermisst werden.
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Kommentare
Missing Children Switzerland - ↑0↓0
Die Formulierung des Bundesrates bleibt wage. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass auch ein Elternteil im Extremfall für die Integrität oder das Leben des Kindes eine Gefahr darstellen kann. Wir fordern, dass für solche Situationen die Entführung durch einen Elternteil explizit in die Auslösekriterien für den Entführungsalarm aufgenommen wird - für die Sicherheit von unseren Kindern!
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