Handwerk | Der Gliser Samuel Tscherrig entwirft individuelle Briefgeschichten und Bücher für Kinder
Grosse Geschichten für kleine Abenteurer
Bern-Bümpliz. Samuel Tscherrig macht kleinen Leseratten mit fantasievollen und unikalen Geschichten grosse Freude.
Stellen Sie sich vor, Sie würden diese Zeitung aufschlagen und fänden darin Geschichten über sich selber. Mit dabei auch Ihre Nachbarn, Ihr Lieblingsmusiker, Ihr Haustier und Personen aus Ihrem Freundeskreis und der Verwandtschaft. Ein interessanter Gedanke, oder? Nun, genau diese Idee setzt Samuel Tscherrig seit einigen Monaten in die Tat um, wenn auch nicht bei Zeitungen für Erwachsene, sondern bei Briefgeschichten und Büchern für Kinder.
Von tapferen Rittern und schönen Elfen
Unter dem Namen «Fantasiegalaxie» stellt der 24-Jährige seit Beginn dieses Jahres professionelle Werke für kleine Abenteurerinnen und Abenteurer her. Das Besondere daran: Jede Geschichte ist ein Unikat, in der das Kind selber, aber auch seine Haustiere, Eltern oder Freunde vorkommen. Im Formular, das Interessenten online ausfüllen können, haben diese die Möglichkeit, rund 40 verschiedene Informationen anzugeben, sodass Tscherrig schliesslich eine genau auf das Kind zugeschnittene Geschichte entwerfen kann.
Während bei den Jungs etwa geheimnisvolle Ritter- und Piratengeschichten gut ankommen, mögen die Mädchen lieber Erzählungen mit Feen oder Elfen. Die Lust auf spannende Abenteuer sei aber bei beiden Geschlechtern vorhanden, verrät Tscherrig. So kann es in den Geschichten durchaus dazu kommen, dass Hennen Lieder von Helene Fischer singen, Flugsaurier im Turtmanntal gesichtet werden oder ein Kind im Rhein sein eigenes Piratenschiff besitzt.
Die Werke für die Kleinen entwirft Tscherrig in seiner Freizeit. Der Gliser, der in Bern-Bümpliz wohnt, schreibt alle Märchen selbst und kümmert sich auch um die Aufmachung und den Einband. Die laufende Professionalisierung in allen Bereichen ist ihm wichtig: «Ich arbeite bereits mit vielen verschiedenen Materialien und Utensilien wie Leder, Karton, Gewebe, Wasserfarben oder Modelliermasse. Dies möchte ich in Zukunft aber noch ausweiten. Beispielsweise selber Papier schöpfen, noch mehr Prägungen vornehmen und vermehrt auch mit Siebdruck arbeiten», erklärt Tscherrig. Für die Bilder und Illustrationen greift der 24-Jährige momentan vor allem auf frei zugängliche, quellenfreie Bilder zurück. Dazu kommen einige Zeichnungen seiner Freundin. Diesen Anteil möchte Tscherrig in Zukunft noch erhöhen.
Und die Moral von der Geschicht’…
Zuvor hatte Tscherrig sein Germanistik-Studium in Fribourg abgebrochen und im August des letzten Jahres eine verkürzte Lehre als handwerklicher Buchbinder bei einem Betrieb in Bern begonnen. Diese Ausbildung kommt ihm natürlich entgegen: «Die ersten Werke habe ich bereits vor der Lehre zur Weihnachtszeit 2014 entworfen und an Kollegen abgegeben. Diese Erfahrungen helfen mir natürlich auch bei der Arbeit in der Buchbinderei. Zudem kann ich gewisse Arbeiten auch mit den Maschinen am Arbeitsplatz erledigen.»
«Eltern nutzen die Geschichten gerne, um den Kindern eine ganz bestimmte Moral näherzubringen»
Samuel Tscherrig
In seinem Atelier in Bern-Bümpliz hat sich der Gliser zudem eine alte Schneide- und Pressmaschine angeschafft, um die Werke herzustellen.
Neben Angaben wie Spitzname, Lieblingsessen oder Lieblingsfarben können Tscherrigs Kunden auch eine Moral in die Geschichte einbauen lassen. Tscherrig sagt dazu: «Wenn das Geschenk von der Tante oder vom Onkel kommt, steht meist einfach der Spass im Vordergrund. Eltern hingegen nutzen die Geschichten gerne, um den Kindern eine ganz bestimmte Moral näherzubringen.» Dabei gehe es etwa darum, dem Kind zu zeigen, dass Dinge wie das Teilen oder ein guter Familienzusammenhalt wichtig sind. Oder, dass man mit dem, was man hat, zufrieden sein soll.
Die Fantasie anregen
Tscherrig bietet zwei Formen für seine Geschichten an. Zum einen können seine Kunden ein fertiges Buch mit einer illustrierten Erzählung kaufen oder eine Briefgeschichte bestellen. In diesem Fall erhält das Kind alle paar Wochen einen neuen Teil einer Fortsetzungsgeschichte und dazu eine handgearbeitete Box zur Aufbewahrung. Der Aufwand sei für beide Modelle etwa gleich gross: «Der Hauptaufwand stellt die Geschichte an sich dar. Da ich diese während mehreren Tagen in der Freizeit entwickle, ist der effektive Aufwand schwer zu schätzen. Im Normalfall dauert es wohl etwa acht Stunden, bis die Geschichte steht; dazu kommen noch drei bis vier Stunden für das Binden des Buches und die Gestaltung des Bucheinbandes bzw. die Herstellung der Schachtel für die Briefe.» Viel Aufwand neben Schule und Arbeit; doch Tscherrig betont, dass es ihm nicht wie Arbeit vorkomme, da es ihm sehr grossen Spass mache. Das Ziel sei, die Kinder mit seinen Büchern und Briefgeschichten in die Welt der Fantasie zu führen. Dies sei in Zeiten von Tablets und Smartphones eine spannende und wichtige Aufgabe. Das ihm das gelingt, zeigen die positiven Reaktionen im Online-Gästebuch. Auch sonst erhalte er viele positive Rückmeldungen auf seine Werke.Doch wie es bei Geschenken für Kinder so ist; irgendwann werden die Kleinen älter und die Interessen ändern sich. Tscherrig sagt dazu: «Ich hoffe natürlich, dass meine Geschichten nicht einfach auf dem Dachboden oder im Keller verstauben, sondern vielleicht später wieder einmal herausgeholt und angeschaut werden. Da in den Geschichten viele Eigenheiten der Kinder stecken, ist es sicher auch interessant, Jahre später einmal zu lesen, was man in der Kindheit für Interessen hatte.»
Daniel Theler
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Kommentare
Ben - ↑3↓0
Genial! Alles zu finden auf www.fantsiegalaxie.ch
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Daniela - ↑1↓0
Super Idee toll umgesetzt. Mein Patenkind ist überglücklich mit der Geschichte.
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lu - ↑8↓0
bravo Sämi- wiiter so!
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Otto - ↑5↓0
Geniale Idee mit weitreichender Wirkung! Bravo!
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