Sport | Sportchef Bruno Aegerter spricht Klartext

«Der EHC Visp braucht mehr Leidenschaft»

Sportchef Bruno Aegerter: "Wir wollen die Leistungskultur fördern."
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Sportchef Bruno Aegerter: "Wir wollen die Leistungskultur fördern."
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Er kennt das Schweizer Eishockey bestens und will aus Visp ein Spitzenteam in der Swiss League formen. Sportchef Bruno Aegerter im Fokus.

Bruno Aegerter, Sie werden sowohl Sportchef wie auch Chef Leistungssport beim EHC Visp
genannt. Wie nennen Sie sich?

Es spielt eigentlich keine Rolle, ob ich nun Sportchef, Sportdirektor oder Chef Leistungssport genannt werde. Viel wichtiger als die Bezeichnung ist meine Arbeit.

Sie sagten bei Ihrer Rückkehr zum EHC Visp, Visp sei für Sie eine Herzensangelegenheit. Warum ist das so?
Ich hatte früher als Trainer eine tolle Zeit in Visp und eine enge und gute Beziehung zu den Fans. Ich erinnere mich, dass ich damals, als ich niemand im Oberwallis kannte, einfach ins Auto stieg und drauflosfuhr. Ich landete auf der Moos­alpe und verbrachte in einem Restaurant eine wunderbare Zeit und lernte liebe und nette Menschen kennen. Das war der Beginn einer unvergesslichen Zeit im Wallis.

...und dies, obwohl man Ihnen davon abgeraten hat, ins Wallis zu gehen?
Das stimmt. Die Leute sagten mir, dass die Walliser kompliziert und stur seien, und haben mir von einem Wechsel nach Visp abgeraten. Davon liess ich mich allerdings nicht abhalten. Als ich in Visp ankam und den «Walliser Boten» durchblätterte, fand ich dort ein Foto von mir aus meiner Zeit in Amerika mit einem Hawaiihemd und der Überschrift «Der Paradiesvogel ist angekommen» (lacht). Damals dachte ich, es sei alles vorbei, bevor es überhaupt begonnen hatte.

Wann fühlten Sie sich von den Wallisern richtig akzeptiert?
Ganz ehrlich: bereits nach einer Woche.

Im Ernst?
Die Leute kamen zu mir und wollten alles über mich wissen, das kannte ich aus meiner Zeit in Zürich nicht. Auf den Strassen luden mich die Leute immer wieder auf ein «Ballon» ein. Vor allem am Vormittag. Ich wusste damals nicht einmal, was ein «Ballon» ist. Durch den steten Austausch entstand eine Beziehung zu den Leuten und als ich nun Anfang Sommer zurückkehrte, sprachen mich erneut zahlreiche Menschen auf den Strassen an. Das beeindruckt mich.

Als Sie Visp Richtung Langnau verlassen haben, war der Abschied sehr emotional.
Die Leute trugen mich auf den Schultern und hatten Tränen in den Augen, als ich ging. Mir erging es genauso. Solche Erlebnisse verbinden einander. Diese Art von Herzlichkeit, und Begeisterungsfähigkeit, wie sie in Visp gelebt wird, gibt es noch in Langnau oder Ambri, aber sonst nirgendwo in der Schweiz.

Visp baut eine neue Eishalle. Wie viel Einfluss hatte das konkrete Hallenprojekt bei Ihrer Entscheidung, nach Visp zu kommen?
Maximum zehn Prozent. Unsere Vision ist es, in Zukunft ein Top-Team in der Swiss League zu stellen und mittelfristig vielleicht sogar an der National League zu schnuppern. Wir müssen jedoch realistisch sein: Ein Aufstieg ist sehr schwierig und dafür müssen viele Faktoren zusammenstimmen, damit es schluss­endlich klappt.

Ist ein Aufstieg allein durch eine neue Infrastruktur möglich?
Ein Aufstieg ist nicht unmöglich, aber schwierig zu realisieren. Hinzu kommt, wenn man einen Aufstieg geschafft hat, geht es darum «oben» zu bleiben. Wie schwierig das ist, zeigen die Beispiele aus Ambri und Langnau. In beiden Orten ist die Begeisterung fürs Eishockey riesig und das Budget wesentlich höher als in Visp und dennoch kämpfen die Teams stets gegen den Abstieg. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass die Fans des EHC Visp Verständnis hätten, wenn Visp gegen den Abstieg kämpft, wenn sie sehen, dass die Mannschaft immer an ihre Leistungsgrenze geht.

Sie waren fünf Jahre lang beim HC Davos tätig. Was hat eigentlich HCD-Kulttrainer Arno Del Curto zu Ihrem Wechsel nach Visp gesagt?
Ich habe Arno zuerst informiert, bevor ich mit dem EHC Visp verhandelt habe. Arno sagte mir, geh nach Visp, wenn du einen Fünf- bis Zehnjahresvertrag und 200 000 Franken jährlich kriegst.

Und dann?
Als es dann konkreter wurde, suchte ich nochmals das Gespräch mit Arno. Er wollte, dass ich bleibe, und bat den HCD-Präsidenten um eine Lohnerhöhung für mich. Doch darum ging es nicht. Primär finde ich die Vision des EHC Visp toll und will wieder mein eigener Chef sein.

Sie haben mit Matti Alatalo den Trainer der GCK Lions verpflichtet, der früher auch schon Ihr Assistenztrainer war. Was fordern Sie von ihm?
Wir haben zusammen eine Philosophie erarbeitet, demnach ist der Weg das Ziel. Ob wir jedoch schluss­endlich Erfolg haben oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab. In der vergangenen Saison vermisste ich bei Visp den Kampfgeist, das Feuer, das den EHC Visp früher immer wieder ausgezeichnet hat. Da habe ich den EHC Visp von früher ganz anders in Erinnerung.

Sie wollen eine neue Identität in der Mannschaft?
Ich will grundsätzlich dieses Feuer wieder spüren. Ich nenne ein Beispiel: Ein Team, das in Visp früher mit 3:1 Toren führte, wusste, dass noch gar nichts gewonnen war. Denn Visp ist ein Kämpferteam. Diese Leidenschaft und diese Energie müssen zurück aufs Eisfeld.

Sie haben die Leistungskultur im Team kritisiert. Daraufhin wurde in diesem Sommer vermehrt trainiert. Ihr Fazit aus der Vorbereitung?
Die Spieler mussten lernen, dass sie während der Sommermonate mehr als ein bis zwei Stunden pro Tag trainieren müssen. Dafür werden sie bezahlt. Sowohl am Vormittag wie auch am Nachmittag trainierten wir je zwei Stunden. Das passte manch einem Spieler zuerst gar nicht.

Mit Mark Van Guilder und Dan Kissel konnten zwei Amerikaner verpflichtet werden, die in der norwegischen «Get Ligaen» Top­skorer waren. Was dürfen die Fans von ihnen erwarten?
Eines ist klar: Die beiden Jungs können Eishockey spielen. Mark Van Guilder bringt Leaderqualitäten mit aufs Eisfeld. Er ist kein eleganter Schlittschuhläufer, doch er verrichtet auch die sogenannte «Drecksarbeit» und ist zudem stark bei den Bullys. Er wird bestimmt sehr wertvoll sein für das Team.

Und Dan Kissel?
Dan ist ein schneller Spieler und ein toller Techniker. Er muss jedoch noch seinen Weg bei uns finden. In der Vorbereitung spielten verschiedene Spieler in der Linie mit den beiden Ausländern. Schauen wir mal, wer am Samstag mit ihnen aufläuft.

Bruno Aegerter, der EHC muss heuer wieder die Playoff-Halbfinals erreichen. Einverstanden?
Primär müssen wir dieses Jahr unser Leistungsmaximum herausholen. Wenn wir von Verletzungssorgen verschont bleiben und gewisse Spieler bereit sind, ihre Wohlfühlzone zu verlassen, ist das Erreichen der Halbfinals ein realistisches Ziel. Daran glaube ich fest.

Simon Kalbermatten

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