Gesellschaft | Damian Gsponer erklärt die Figur des Clowns

«Ein Clown eignet sich besonders gut als Schreckensgestalt»

Damian Gsponer: "Die Figur des Clowns ist wandelbar."
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Damian Gsponer: "Die Figur des Clowns ist wandelbar."
Foto: Humorplatz

Quelle: RZ 0

«Clowns können gerade deshalb Ängste auslösen, weil sie Grenzen aufbrechen», sagt Clown und Humortrainer Damian Gsponer. Die Pervertierung der Figur des Clowns als Horrorclown findet er darum besonders schlimm.

In diesen Tagen treibt der berühmteste Horrorclown der Geschichte wieder sein Unwesen auf den Kinoleinwänden im Land. «Pennywise», Schreckensgestalt aus dem Horrorthriller «Es» von Stephen King, versetzt nicht nur die Kinder in der Geschichte in Angst und Schrecken. Selbst bei erwachsenen Zuschauern vermag der Horrorclown für Panik zu sorgen. Doch auch nette Clowns sind nicht bei allen gern gesehen. Es gibt durchaus Menschen, die eine Abneigung gegen die fröhlichen Spassmacher empfinden.

Damian Gsponer, Sie sind Clown, Comedyschauspieler und Humortrainer. Hatten Sie schon mit Situationen zu tun, in denen Kinder mit Angst statt mit Freude auf Sie ­reagiert haben?
So etwas kann schon vorkommen. Wir hatten gerade letztens die Situation nach einer Humorvisite im Alters- und Pflegeheim im Zimmer bei einer dementen Person. Als wir dann auf den Gang kamen, stand eine Frau mit dem Enkelkind direkt vor uns. Das Kind erschrak und brach direkt in Tränen aus.

Wie geht man mit so einer Situation als Clown um?
Das Zauberwort heisst Distanz. Kommt es zu solch einer Situation, ist es wichtig, dass man dem Kind die Kontrolle darüber lässt, wie schnell es sich einem Clown nähert. Auch im beschriebenen Fall fasste das Kind irgendwann Vertrauen zu uns, allerdings dauerte es fast eine halbe Stunde. Leider reagieren viele Eltern falsch, wenn sie einen Clown sehen.

Wie meinen Sie das?
Oftmals werden Kinder von ihren Eltern gedrängt, sich einem Clown zu nähern. Es heisst dann: «Schau mal, da ist ein Clown, lass uns ­rübergehen», und das Kind wird richtiggehend genötig, sich dem Clown zu stellen, obwohl es Angst hat. Das ist problematisch. Bei Clowns soll jeder selbst entscheiden können, ob er den Kontakt suchen will oder nicht. Das gilt auch für Erwachsene.

Hatten Sie auch schon einmal mit Erwachsenen zu tun, die Angst vor Clowns haben?
Auch das kam schon vor. Vielfach ist es nicht eine ausgeprägte Angst, sondern mehr ein Unbehagen. Man sieht dies auch immer wieder im Zirkus, wenn sich der Clown Leute aus dem Publikum für eine Nummer sucht. Viele Erwachsene drehen sich dann weg und hoffen, dass es nicht sie trifft. Für den Clown ist es dann ganz zentral, diesen Wunsch auch zu respektieren.

Worin liegen die Ursachen für eine solche Coulrophobie, also die Angst vor Clowns?
Ein Clown kann das Unerwartete tun, vorgegebene Grenzen aufbrechen. Das liegt in der Natur dieser archetypischen Figur. Das bedeutet natürlich, dass man nie weiss, was der Clown als Nächstes tut. Das kann ein Grund für die Angst sein. Dann hat der Clown oftmals ein geschminktes Lachen auf dem Gesicht. Wir Menschen sind jedoch daran gewohnt, dass wir in Gesichtern lesen können, zum Beispiel eben, ob uns jemand wohlgesonnen ist, in dem er uns anlacht. Ein geschminktes Lachen verhindert dies und das irritiert. Vor allem Kinder sind diesbezüglich sehr sensibel und können mit Angst ­reagieren.

Figuren wie «Pennywise» aus «Es» machen sich dies zunutze, um Schrecken zu verbreiten. Wie funktioniert das genau?
Dabei wird mit Stereotypen gespielt. Für die meisten Menschen ist ein Clown eine lustige Figur, die grundsätzlich keine bösen Absichten hat. Ein Horrorclown pervertiert diese Vorstellung und sorgt dadurch, weil er eben böse statt lustig ist, für die grösstmögliche Irritation. Normalerweise bringt ein Clown Humor in eine ernste Situation, wie wir es beispielsweise bei unseren Humorvisiten tun. Ein Horrorclown bringt hingegen in einer guten Situation den Schrecken. Dabei eignet sich ein Clown besonders gut als Schreckensgestalt, da der Kontrast zu unserer gängigen Vorstellung nicht grösser sein könnte.

Wie stehen Sie als professioneller Clown grundsätzlich zu Figuren wie Horrorclowns?
Im Kino kann ich damit leben. Es geht wie gesagt um das Respektieren von Grenzen. Wer sich Filme wie «Es» ansieht, weiss, worauf er sich einlässt. Horrorclowns, die auf der Strasse Leute erschrecken, lehne ich jedoch vehement ab. Den «Opfern» wird nämlich die Möglichkeit genommen, die Situation nach ihren eigenen Wünschen zu gestalten. Diese Leute, die immer wieder im Internet für Aufregung sorgen, nutzen bewusst die starke Wirkung der Figur des Clowns, um sich auf Kosten anderer zu amüsieren. Das ist verwerflich.

Martin Meul

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