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Glockenspieler mit Leib und Seele

Auf diesem Holzstuhl läutet Fabian in der Rarner Burgkirche jeweils zur Messe.
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Auf diesem Holzstuhl läutet Fabian in der Rarner Burgkirche jeweils zur Messe.
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Fabian Schmid und seine Leidenschaft. Als ­Carilloneur lässt er regel­mässig die Glocken der Rarner Burgkirche ertönen. Mit seinen 18 Jahren ist er im Wallis der Jüngste seiner Zunft.

Und immer wieder steigt er Woche für Woche hinauf in den Turm der 500 Jahre alten Rarner Burgkirche durch das enge steinerne Treppenhaus bis ganz nach oben in den antiken Glockenstuhl. Wo es zu Beginn der Stufen noch dunkel und eng ist, so wird es je höher er steigt heller, breiter, aber auch mystischer. Oben angekommen, setzt er sich mit Bedacht auf eine einfache hölzerne Bank und setzt sich einen Hörschutz auf. «Ich bin bereit», sagt er mit konzentrierter Stimme und beginnt zu spielen – oder besser gesagt er zieht an zwei Seilen und drückt mit den Füssen zwei hölzerne Pedale. Damit werden die Klöppel von vier Glocken abwechslungsweise in Schwingung versetzt. Und schon ertönt sie – die Melodie welche schon von Weitem zu hören ist.

Liebe auf den ersten Ton

Das Glockenspiel hat Fabian im Blut. Schon seine Vorfahren waren Carilloneure. «Als kleiner Junge habe ich regelmässig meinen Grossvater hierhin begleitet», sagt Fabian, welcher zurzeit die Lehre als Bauzeichner absolviert. So bekommt er das Prinzip und die Melodie – mit welcher seit jeher jeweils am Samstag zur Messe geschlagen wird, schon von frühester Kindheit an mit. Im Alter von zehn Jahren darf er selber spielen. «Weil ich noch klein war, konnte ich noch nicht alle vier Seile gleichzeitig betätigen.» So wird für Fabian ein Spezialstuhl angefertigt. Braucht er in den ersten Jahren noch Unterstützung, beherrscht er heute das Handwerk selbstständig und entlockt routiniert und ohne Notenblatt den 500-jährigen Bronzeglocken die verschiedensten Töne.

Im Dienst der Kirche

«Mittlerweile ist Carillon, nebst der Lehre, meine einzige Beschäftigung», erklärt er, der bis vor einem halben Jahr noch Fussball beim FC Raron gespielt hat. Aus zeitlichen Gründen hat er aber aufgehört: «Als Carilloneur bin ich gleichzeitig auch Sakristan und bereite damit auch jeweils die Messen in der Burgkirche vor.» Wenn am Samstag nebst der ordentlichen Messe am Nachmittag noch zusätzlich eine Hochzeit stattfinde, so sei er mit Glockenspielen und als Sakristan mehr als zwei Stunden beschäftigt. «Dann kannst du nicht auch noch gleichzeitig auf dem Fussballplatz stehen.» Das Amt als Sakristan teilt er sich aber mit seiner Grossmutter. Spielt demnach der Glaube eine wichtige Rolle in seinem Leben? «Ich bin nicht unbedingt oberreligiös. Der Glaube ist sicherlich da, nur schon aufgrund meiner doch recht hohen Präsenz in der Kirche.» Zudem sei er auch Mitglied des Pfarreirats. Damit könne er seine Aufgaben und Ämter ideal verbinden. «In erster Linie bin ich aber leidenschaftlicher Carilloneur und das bedeutet mir sehr viel.»

Vereinsgründung als Meilenstein

Das Glockenspielen hat im Rilkedorf eine lange Tradition. So sind es nebst Fabian drei weitere Personen – darunter eine Frau, welche die Passion ausgiebig frönen. Doch nicht nur dort. Auch in anderen Walliser Pfarreien wird das Kulturgut noch gepflegt. Für die Aktiven Grund genug, sich zusammenzuschliessen. Im letzten Herbst gründen sie deshalb den Verein «Carillon Oberwallis». Fabian: «Damit wollen wir die Tradition und das Kulturgut erhalten und für kommende Generationen ­sichern.» Dazu gehöre beispielsweise auch das Archivieren der Melodien. Zurzeit zählt der Verein 20 Mitglieder, in welchem auch Passivmitglieder jederzeit willkommen sind. Fabian ist derzeit das jüngste Mitglied und gleichzeitig auch der jüngste Aktive. Für das Carillon gibt es übrigens keinen Kurs. Als weiteres Vereinsziel zählt auch die Hochhaltung der Bedeutung von läutenden Glocken an sich. So hat diese für Fabian in den letzten Jahrzehnten abgenommen: «Früher waren läutende Glocken ein Kommunikationsmittel,­ um beispielsweise die Leute von der Feldarbeit zurückzurufen oder aber man liess sie bei einer Gefahr läuten.» In der heutigen Zeit der modernen Übermittlungsmöglichkeiten habe die Bedeutung von Glocken «hörbar» abgenommen. Ausser dem Carillon hat Fabian nie irgendein anderes Instrument gespielt. Er hört zwar Musik, ist aber ansonsten alles andere als musikalisch, sagt er, wenn auch mit einer «kleinen» Ausnahme: «In der Schule musste ich Flötenspielen lernen. Diese aber hätte ich am liebsten immer an die Wand getrieben, anstatt darauf zu spielen.»

Peter Abgottspon

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