Bildung | Immer mehr Unterwalliser Schüler wollen ein Austauschjahr im Oberwallis absolvieren. Aber:
Es fehlt an freien OS-Plätzen oder Gastfamilien
Über 130 OS-Schüler aus dem Unterwallis möchten 2019/20 ein Austauschjahr im Oberwallis absolvieren. Rund 40 Jugendliche warten aber noch auf einen freien Platz in einer OS-Schule oder einer Gastfamilie. Für den umgekehrten Weg besteht indes kein Platzmangel.
Das kantonale Büro für Sprachaustausch wird quasi zum «Opfer» seines eigenen Erfolgs. Zumindest was OS-Schüler aus dem Unterwallis betrifft. Denn deren Nachfrage, eine der drei Stufen im Oberwallis zu absolvieren, steigt von Jahr zu Jahr an. Diesen Wunsch allen Jugendlichen zu ermöglichen, gestaltet sich aber zunehmend schwierig.
Für das Schuljahr 2019/20 sind beim Büro für Sprachaustausch nach Ablauf der Anmeldefrist über 130 Anfragen eingegangen. Das Problem: Rund 40 Jugendliche warten noch auf einen freien Platz an einer Oberwalliser Orientierungsschule oder eine Gastfamilie. Die Gründe hierfür sind laut Kanton vielfältig.
Pro Schulklasse nur vier Unterwalliser
«Das Oberwallis stellt noch circa 23 Prozent der Walliser Bevölkerung dar. Folglich stehen auch deutlich weniger OS-Klassen in den verschiedenen Schulzentren zur Verfügung», erklärt Pascal Imhof vom Büro für Sprachaustausch. Zudem dürften die Talgemeinden aus Kapazitätsgründen nicht mehr als vier Schüler pro Klasse aufnehmen. «Wären es mehr Unterwalliser pro Klasse, käme auch der sprachliche Austausch zu kurz.» Das Internat des Briger Kollegiums sei zwar eine Alternative, sagt Imhof, «da hier aber schon über 60 Prozent der Schüler aus dem Unterwallis stammen, macht das wenig Sinn». Die Unterwalliser wären wieder unter sich. Freie Plätze, so Imhof, seien derzeit noch in den OS-Zentren der Seitentäler vorhanden. Aber hier fehle es zum Teil an Gastfamilien. «Häufig suchen Gastschüler auch eine Gastfamilie mit eigenen Kindern, damit es etwas kurzweiliger ist.» Wunsch-Konstellationen wie diese immer zu erfüllen, sei jedoch schwierig. Imhof bilanziert also: «Einerseits haben wir im Oberwallis zu wenig freie Plätze in den OS-Klassen, und andererseits suchen wir auch noch Gastfamilien.» Der Nutzen eines Austauschjahres ist für Imhof indes unumstritten.
Freiburg oder Bern als Alternativen?
«Die Rückmeldungen ehemaliger Austauschschüler sind sehr positiv», betont Imhof. «Die Art zu unterrichten scheint im Oberwallis offener zu sein. Das schätzen die Unterwalliser enorm.» Die Austauschjahre stellten für ein besseres Verständnis zwischen Unter- und Oberwallis einen wichtigen Aspekt dar. Der Kanton unter Bildungsminister Christophe Darbellay unterstütze diese Initiative stark. Gleichzeitig gibt Imhof aber zu bedenken: «Sollten in den kommenden Jahren noch mehr interessierte junge Unterwalliser ein Austauschjahr im Oberwallis machen wollen und es gibt zu wenig freie Plätze, so muss man sicher die Option offenhalten, eventuell mit den Kantonen Freiburg und Bern eine Zusammenarbeit aufzubauen.» Diese Alternative sei allerdings noch nicht konkret.
Oberwalliser Schüler zeigen weniger Interesse
Sollte der aktuelle Trend jedoch anhalten, könnten diese Überlegungen schneller als gedacht Realität werden. Denn die Statistiken zeigen: Im Schuljahr 2017/18 zählten die Oberwalliser OS-Zentren 88 Unterwalliser Schüler. Im Jahr darauf waren es 94. Und für das kommende Schuljahr sind bereits über 130 Unterwalliser auf der Suche nach einem freien Platz an einer Oberwalliser OS. Für die umgekehrte Richtung zeigt die Kurve derweil leicht nach unten.
Für das nächste Schuljahr interessieren sich etwas mehr als 50 Oberwalliser, ein Austauschjahr im Unterwallis zu machen. Zwei Jahre zuvor waren es noch 77 Schüler. «Grundsätzlich sind die Oberwalliser Schüler Pendler, da viele Eltern auch in Sitten arbeiten», erklärt Imhof. Die Zahlen seien leicht rückläufig, stichfeste Erklärungen schwierig auszumachen. Dabei sagt Imhof: «Für Oberwalliser Schüler finden wir im Unterwallis immer einen Platz.»
Matthias Summermatter
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