Lonza | Richard Ridinger war auf einen Abschiedsbesuch zurück bei Lonza in Visp
Ein Hauch von Wehmut
Visp | Der zurückgetretene Lonza-CEO Richard Ridinger hat Grosses geleistet. Er hat den serbelnden Konzern aus dem Dornröschenschlaf geweckt, ihm neues Leben eingehaucht und in nur sieben kurzen, aber sehr intensiven Jahren zu einem weltweit führenden Unternehmen im Life-Science-Sektor gewandelt. Am Mittwoch und Donnerstag verabschiedete er sich von seinen ehemaligen Mitarbeitern.
Am Mittwochabend hatte Richard Ridinger das oberste Kader des Visper Werks zu einem Bankett im Personalrestaurant geladen. Seiner Einladung gefolgt waren auch Staatsratspräsidentin Esther Waeber-Kalbermatten, Staatsrat Christophe Darbellay, der Visper Gemeindepräsident Niklaus Furger und die ehemaligen Werksleiter Stefan Troger und Raoul Bayard, der aktuelle Werksleiter Jörg Solèr sowie ehemalige Führungskräfte wie etwa Beat In-Albon. Gestern verabschiedete er sich von den Lonza-Mitarbeitern im Kultur- und Kongresszentrum La Poste.
Die Balance gefunden
Abschiede bergen immer auch einen Hauch von Nostalgie gemischt mit Wehmut und Traurigkeit. Das liegt in der Natur der Sache. Besonders, wenn man gemeinsam erfolgreiche Jahre erlebt hat. Und Abschiede sind immer auch die beste Gelegenheit, einen Rückblick auf die vergangenen Tage zu wagen. «Als ich an meinem ersten Arbeitstag durch die Drehtür des Lonza-Gebäudes in Basel geschritten bin, war draussen das Jahr 2012 und drinnen das Jahr 1992. Da war ein hoher Transformationsbedarf», erinnerte sich Richard Ridinger. Als Manager einer Firma, die am Markt bestehen will, müsse man stets vier Interessengruppen gleichzeitig im Auge behalten, sagte der scheidende CEO: erstens die Kunden, dann die Besitzer der Firma, also die Aktionäre, aber auch die Öffentlichkeit, die Gesellschaft. «Bei Lonza ist das natürlich in besonderem Fall das Oberwallis und speziell Visp. Und nicht zu vergessen, muss ein Manager auch die Mitarbeiter im Fokus haben. Man wird nie alle diese Interessengruppen im gleichen Masse zufriedenstellen können. Aber man darf nie eine dieser Gruppen auf Kosten der anderen zu sehr bevorteilen. In den Neunzigerjahren scheuten sich die grossen Manager-Gurus nicht davor, ganze Belegschaften zu entlassen, damit der Shareholder-Value stimmt, ganz egal, was das für Auswirkungen auf die Gesellschaft hat. Das kann es nicht sein. Ich habe versucht, die Balance zwischen diesen Gruppen zu finden. Das ist mir, glaube ich, mit Ihrer aller Hilfe auch gelungen. Wenn es einer Führungsriege gelingt, die Mitarbeiter zu motivieren, sodass sie gute Resultate liefern, sind die Shareholder automatisch zufrieden. Ich bin felsenfest davon überzeugt, was wir aufgegleist haben hier in Visp, ist nachhaltig. Wir haben das Richtige gemacht», blickte er in die Zukunft.
Geschenke der Regierung und der Gemeinde
Staatsratspräsidentin Esther Waeber-Kalbermatten überbrachte die Grussbotschaft der Walliser Regierung: «Ganz herzlichen Dank für die Arbeit, die Sie geleistet haben, es waren sieben gute Jahre.» Anschliessend überreichte Staatsrat Christophe Darbellay eine Kiste erlesener Weine aus der Staatskellerei. Auch der Visper Gemeindepräsident Niklaus Furger bedankte sich bei ihm: «Als mich Beat In-Albon im Jahre 2012 informiert hatte, dass Lonza 420 Arbeitsplätze abbauen muss, hat mich das schockiert. Das war aber auch die einzige negative Erfahrung, die wir mit Richard Ridinger gemacht haben. Dieser Entscheid war rückblickend betrachtet aber auch das Fundament dafür, dass so etwas Grossartiges heranwachsen konnte. Ich bin über zwanzig Jahre im Gemeinderat von Visp. Ich kann mich aber an keinen anderen CEO von Lonza erinnern, der eine ähnliche Nähe zur Gemeinde Visp und zur Bevölkerung hatte. Wir haben gespürt, wie sehr Ihnen Visp und das Oberwallis am Herzen liegt.» Niklaus Furger überreichte Ridinger ein historisches Bild von Visp mit Blick in die Vispertäler. Mit folgender Widmung auf dessen Rückseite: «Die Gemeinde Visp verdankt Herrn Richard Ridinger seine grossen Verdienste als CEO der Lonza AG für die Weiterentwicklung der Lonzawerke am Standort Visp». Der Beschenkte zeigte sich sichtlich gerührt. Und erzählte folgende Anekdote: Als junger Mensch hätte er eigentlich Geschichte studieren wollen, weil ihm das Chemie-Ingenieurstudium als zu mühsam erschien. «Und noch heute habe ich ein Faible für Geschichte und alte Sachen. Das Bild von Visp wird einen Ehrenplatz bei mir erhalten.»
Zeit zur Rückbesinnung
Wie bereits erwähnt, Abschiede haben immer auch einen Hauch von Wehmut. Mehrmals betonte Ridinger, wie sehr ihm das Wallis ans Herz gewachsen sei: «Mein Commitment und meine Sympathie für die Firma Lonza wird nie ein Jota nachlassen. Meine Beziehung zum Wallis hat sich in den letzten sieben Jahren herauskristallisiert. Es gibt sehr viele Menschen, mit denen ich verbunden bin. Noch mal ein Dank an alle für diese sieben Jahre, vor allem für die Akzeptanz, die ich im Wallis erfahren darf.» Bevor sich die Gesellschaft zum gemütlichen Beisammensein an die Banketttische setzte, erzählte Ridinger noch ein wenig aus dem privaten Nähkästchen. Seit er die Führung von Lonza an Marc Funk übergeben hat, seien mehrere Headhunter an ihn herangetreten: «Zudem haben fünf Private-Equity-Firmen bei mir angeklopft und mir wurden auch zwei Verwaltungsrats-Jobs angeboten. Ich habe aber nichts davon angenommen. Ich geniesse jetzt ein paar Monate der Rückbesinnung. Ich werde sicher nicht alles ablehnen. Und ich würde sicher auch nie ablehnen, falls mich Lonza irgendwann mal anfragen würde. Die Firma Lonza und die Gesellschaft des Oberwallis werden stets zu hundert Prozent meine Sympathie haben. Ich habe das Wallis lieb gewonnen. Hier Anerkennung zu finden, bedeutet mir sehr viel.» Wie gesagt: Abschiede bergen immer auch einen Hauch von Wehmut.
Werner Koder
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