Finanzen | Erstmalige Verjährung von Steuer-Schulden bringt den Kanton Wallis und Oberwalliser Gemeinden in Zugzwang
«Inkassobüros wittern wohl ein Geschäft»
Am 1. Januar 2017 verjähren schweizweit erstmals Millionen von Verlustscheinen in unbekanntem Wert. Gemeinden wollen das verhindern und überlassen dabei die Bewirtschaftung der Steuer-Verlustscheine oftmals Drittfirmen.
Die erstmalige Verjährungsfrist zwingt die Gemeinden auch im Oberwallis, ihre Listen von Verlustscheinen, die vor dem Jahr 1997 datieren, zu durchforsten und abzuwägen, ob sie einen erneuten Anlauf mittels Betreibung zum Inkasso der ausstehenden Beträge machen wollen. Das ist mit Aufwand und Kosten verbunden – ohne Garantie auf Erfolg. Ein Wegzug des säumigen Zahlers in einen anderen Kanton oder gar ins Ausland erschwert die Sache zusätzlich.
Abgabe von 40- bis 50-prozentiger Provision
Nicht selten lagern jetzt Gemeinden deshalb das Geschäft an spezialisierte Inkassobüros wie Intrum Justitia, Alphapay und andere aus. «Handeln Sie jetzt und sprechen Sie mit unseren Experten für die Verlustscheinverwertung. Es wäre ein teures Versäumnis, aus diesen Fällen nicht jetzt noch das Optimum herauszuholen», schreibt etwa Alphapay auf ihrer Homepage unter dem Stichwort «Verjährung 2017».
Die Inkassobüros versuchen die Schuldner im Auftrag der Gläubiger auf eigene Rechnung aufzuspüren und leiten erneut eine Betreibung ein, wenn vorgängig eine Zahlungsauffordrung erfolglos bleibt. Der Vorteil für die Gemeinde: Es fallen keine Bearbeitungsaufwände an. Der Nachteil: Das Inkassobüro kassiert bei Erfolg 40 bis 50 Prozent der eingetriebenen Gelder.
Brig-Glis setzt auf Inkassofirmen, Naters sucht nach Lösung
Inkassofirmen bieten ihre Dienste zur Bewirtschaftung von Verlustscheinen bei Gemeinden zu hauf an, wie Damian Schmid, Finanzverwalter der Gemeinde Naters, weiss. «Sie wittern hier ein Geschäft. Das genaue Vorgehen der Gemeinde ist noch nicht definiert und wird schlussendlich Gegenstand eines Gemeinderatsentscheids sein.» Eine Auslagerung an ein Inkassobüro ist laut Schmid eine Option, die bisher bei der Gemeinde allerdings noch nie Anwendung fand.
Im Hinblick auf die erstmalige Verjährung von Verlustscheinen ändert sich bei deren Bewirtschaftung in Brig-Glis nichts Wesentliches. «Die Stadtgemeinde Brig-Glis bewirtschaftet die Verlustscheine schon seit mehreren Jahren. Wie bis anhin berurteilen wir Dossier von Personen mit Verlustscheinen fortlaufend und machen so nach Möglichkeit Forderungen geltend. Bei Personen mit Wohnsitz ausserhalb des Kantons Wallis (inkl. Ausland) ist eine aktive Bewirtschaftung der Verlustscheine durch die Stadtgemeinde Brig-Glis kaum möglich oder mit unverhältnismässig grossem Zeitaufwand verbunden. Aus diesem Grund wurde die Bewirtschaftung dieser Verlustscheine an ein Drittunternehmen ausgelagert», erklärt Finanzverwalter Marco Summermatter die gängige Praxis bei der Stadtgemeinde Brig-Glis.
Viele Dossiers beim Kanton betroffen
Einen Grundsatzentscheid hat letzthin die Gemeinde Steg-Hohtenn gefällt. Sie überlässt die Bewirtschaftung von Steuerverlustscheinen dem Inkassobüro Intrum Justitia. «Der administrative Aufwand zur Einleitung einer erneuten Betreibung ist hoch. Ist die Betreibung erneut erfolglos, trägt die Gemeinde die Kosten der Betreibung. Die Inkassofirma trägt dieses Risiko allein, der Gemeinde entstehen keinerlei Fixkosten», erklärt Gemeindeschreiber Ewald Forny.
Die erstmalige Verjährung von Verlustscheinen ist auch beim Kanton Wallis zum Thema geworden. «Von der Verjährung ist eine relativ grosse Anzahl von Verlustscheine des Kantons betroffen. Das erfordert eine Anlayse der Verwaltung. Diese erfolgt im Jahr 2016. Sie soll Entscheidungsgrundlagen bieten, welche Fälle nicht und welche weiterverfolgt werden sollen. Letztendlich wird hier der Walliser Staatsrat einen Entscheid fällen müssen», erklärt Beda Albrecht, Chef der Walliser Steuerverwaltung. Eine Auslagerung an Inkassobüros hingegen steht beim Kanton nicht zur Diskussion.
zen
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