Tourismus | Zukunft der Hotellerie trotz Frankenstärke und Gästeschwund
Walliser Hotels zu wenig innovativ?
Der Franken und die sinkenden Übernachtungszahlen drücken die Stimmung der Oberwalliser Hoteliers. Teils drohen gar Schliessungen von Betrieben. Braucht es neue kreative Ansätze?
Sucht man beispielsweise auf der Website «myswitzerland.com» von Schweiz Tourismus nach Möglichkeiten für «ungewöhnliches Schlafen» ist das Ergebnis erstaunlich. Gerade einmal zwei Angebote von über 30 angepriesenen speziellen Schlafgelegenheiten in der Schweiz befinden sich im Kanton Wallis - kein einziges im oberen Kantonsteil. Woran mag das liegen? Fehlt es an innovativen Ideen? Müssen sich Gäste auf der Suche nach dem besonderen Ferienerlebnis in anderen Regionen umschauen?
Nachfrage vorhanden
Markus Schmid, Präsident des Walliser Hoteliervereins und selbst Hotelier in Breiten ob Mörel, winkt ab. «Im Wallis mangelt es nicht an kreativen Ideen. Es gibt sehr viele gute Hoteliers, die mit Herzblut und Kreativität in die Zukunft gehen.» Betrachte man die Angebote auf «myswitzerland.com», handle es sich in erster Linie um abgelegene Betriebe, wie Kerzenhotels ohne Strom, um besondere Gebäude wie Bohrtürme oder Festungen oder um einfache Infrastrukturen wie Baumhütten, Tipis oder Eisenbahnwagen. «Das sind alles Produkte, die wir etwa mit den SAC-Hütten oder verschiedenen historischen Hotels auch hierzulande abdecken. Sie werden aber anders vermarktet und weisen meist einen höheren Standard aus.»
«Klar gibt es auch im Wallis Iglus oder ähnliche Übernachtungsmöglichkeiten, wobei diese jedoch eher zum Campingbereich gezählt werden.» Ein Problem von derartigen Angeboten seien etwa die eingeschränkte Saisondauer sowie die Abhängigkeit von Witterungsverhältnissen. Die Nachfrage nach dem etwas anderen Übernachtungserlebnis ist laut Schmid aber durchaus vorhanden, allerdings mit einem höheren Qualitätsanspruch. Nicht jedes ungewöhnliche Übernachtungsangebot läuft deshalb auch zwingend gut. Als Beispiel nennt der Hotelierpräsident das Festungshotel am Gotthard, «welches Probleme hat und auch schon Konkurs gegangen ist».
Spezialisierungen vorantreiben
Schmid ist überzeugt, dass sich die insgesamt um die 500 Walliser Hotels im derzeit schwierigen Umfeld nicht neu erfinden müssen. Das Grundangebot bleibe schliesslich immer dasselbe. Entscheidend sei, wie es als Gesamtpaket verkauft werde. «Man kann nicht mehr nur 08/15 anbieten, sondern muss sich Zielgruppen klar aussuchen und sich auf diese spezialisieren.» Dabei spricht er neben Gästen aus verschiedenen Nationen, etwa Inder oder Chinesen, auch Gäste mit besonderen Ansprüchen, zum Beispiel Biker, Bergsteiger oder Familien, an. «Bereits bestehende Labels wie zum Beispiel für Wellness- oder Familienhotels sind hierbei ein Ansatz. Die Spezialisierungen müssen aber vermutlich noch viel weiter gehen.»
«Ein Beispiel: Vor 20 Jahren verkaufte ich in meinem Betrieb noch 700 Wanderwochen, für die man mit grösseren Cars bestimmte Zielgebiete angefahren ist. Heute würde das niemand mehr wollen. Es wird nach Individualität gesucht.» Jeder Hotelier müsse sich klar überlegen, was er anbieten wolle, wo der Markt vorhanden sei und wie Partner gefunden werden könnten. Neue Hotelkomplexe sind dabei nicht gefragt. «Wir müssen unsere bestehenden Einrichtungen anpassen und auch für neue Märkte offen sein.» Inklusive fremdländischer Mentalitäten, etwa wenn ein arabischer Gast bei spätabendlicher Ankunft trotz bestehender Buchung noch um den Preis feilschen will.
Mangelware Nachwuchs
Aber nicht nur das schwierige Währungsumfeld macht den Hoteliers zu schaffen. «Viele Besitzer haben Probleme, Nachfolger für ihre Betriebe zu finden», erklärt Schmid die Nachwuchssituation im Hotelsektor. Junge seien immer weniger bereit, die Verantwortung über einen Hotelbetrieb zu übernehmen und dafür lange Arbeitszeiten in Kauf zu nehmen. Hinzu kommt, dass der Kauf oder auch die Renovation eines Hotelgebäudes schnell zur finanziellen Belastung werden kann. Investitionen im Millionenbereich sind die Regel. «Ein Hotelzimmer, das heute neu gebaut wird, kostet nicht weniger als 200'000 Franken. Und für ein ganzes Hotel, das in einem einigermassen guten Zustand übernommen wird, müssen rasch einmal mehrere Millionen in die Hand genommen werden.»
pmo
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