Leuk | In einem unbegleiteten Regionalzug

«Ich wurde brutal überfallen»

Josette Cuerel mit der beim Überfall entrissenen Tasche: «Ich bin noch heute völlig traumatisiert.»
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Josette Cuerel mit der beim Überfall entrissenen Tasche: «Ich bin noch heute völlig traumatisiert.»
Foto: RZ

Quelle: RZ 4

Was mit einer harmlosen Reise beginnt, endet für Josette Cuerel (75) mit einem Schock. Im Zug wird sie Opfer eines Überfalls. «Ich schlafe noch heute schlecht», klagt sie.

«Er schleifte mich samt der Tasche regelrecht durch das Abteil. Gott sei Dank kamen dann zwei Männer zu Hilfe und der Angreifer ergriff schliesslich in Leuk die Flucht», erzählt Josette Cuerel. Sie stehe noch heute unter Schock.

Merkwürdiges Verhalten

Rückblick: Es ist Sonntag, der 22. Mai 2016, fünf Uhr morgens am Briger Bahnhof. Weil sie den Schnellzug verpasst, nimmt Josette Cuerel aus Villars-sur-Glâne FR kurze Zeit später den unbegleiteten Regionalzug Richtung Lausanne. Weil sie im Besitz eines 1.-Klasse-GAs ist, nimmt sie im entsprechenden Abteil Platz. «Das GA habe ich geschenkt gekriegt. Ich könnte es mir sonst gar nicht leisten», erzählt die rüstige Rentnerin. Sie ist ganz alleine im Waggon, und ihr einziges Gepäck, eine Ledertasche, legt sie neben sich hin, behält die Träger aber in der Hand. Kurz nach der Abfahrt kommt plötzlich ein junger Mann ins Abteil und setzt sich schräg gegenüber von ihr hin. «Er verhielt sich merkwürdig. Er stand ständig auf, lief hin und her und kam immer wieder zurück. Sein Gesicht erkannte ich nicht, weil er Kapuze und Haare tief im Gesicht trug. Trotzdem dachte ich aber nichts Böses.»

Zwei unbekannte Zeugen

Kurz vor Leuk ändert sich ihr Gefühl schlagartig. «Plötzlich stand er neben mir und packte meine Handtasche. Ich wehrte mich resolut und hielt entgegen, bis ich zu Boden ging. Ich fing an zu schreien. Davon liess er sich nicht beirren und zog mich samt Tasche durchs ganze Abteil.» Plötzlich eilen aus einem anderen Abteil zwei junge Männer zu Hilfe. Jetzt erst lässt der Täter von ihr los und flüchtet aus dem Zug. «Ich zitterte am ganzen Leib.» Die beiden Helfer kümmern sich um sie und im Gespräch erwähnen sie, dass ihnen der Angreifer bekannt sei. Wie Josette Cuerel weiter schildert, sei sie völlig von der Rolle gewesen und habe vergessen, nach den Namen der mutigen Männer zu fragen. «Da die beiden ja angaben, den Angreifer zu kennen, wäre es hilfreich, wenn sie sich melden würden. Sie sind in Salgesch ausgestiegen.» Sie selbst verlässt dann in Siders den Zug und will sofort Anzeige erstatten. Da aber Sonntag ist, ist der Posten geschlossen. «Unter Schock kam es mir nicht in den Sinn, den Notruf zu wählen.» Am darauffolgenden Montag bleibt sie vor lauter Schmerzen, Schock und blauen Flecken zu Hause. Am Dienstag geht es ihr etwas besser und sie erstattet Anzeige. Bei der Polizei erfährt sie, dass die Daten der Überwachungskameras im Zug nur 24 Stunden lang gespeichert werden. Die nachfolgende Untersuchung bleibt erfolglos, weil der Täter nicht ermittelt werden kann. «Das verstehe und akzeptiere ich.»

Videoüberwachter Zug

Gleichzeitig meldet sie den Vorfall schriftlich der SBB. Diese antwortet und bedauert den Vorfall und rät ihr gleichzeitig, künftig den Zug zu frequenzstärkeren Zeiten zu nehmen. Zudem werden ihr die verschiedenen Sicherheitsvorkehrungen in den unbegleiteten Regionalzügen erläutert. «Ich bin enttäuscht und finde das nicht korrekt. Die SBB kann nichts dafür, dass es solche Leute gibt. Aber sie könnte mir wenigstens die kaputt gegangene Ledertasche und die Schuhe entschädigen. Davon ist im Brief keine Rede. Ich überlege mir jetzt, einen Anwalt zu nehmen», sagt sie couragiert. SBB-Mediensprecher Reto Schärli erklärt, dass die beiden Helfer umgehend die Transportpolizei hätten alarmieren sollen. Die entsprechende Notfallummer sei in allen Zügen gut sichtbar angeschlagen. «Es ist verständlich, dass die Kundin nach dem Überfall nicht sofort daran dachte, sondern den Schock zuerst verdauen musste. Wir bedauern den Vorfall sehr.» Cuerel: «Ins Wallis werde ich weiterhin gerne reisen, aber nur noch mit dem Schnellzug.»

Peter Abgottspon

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Kommentare

  • fritz - 553

    ..das ist jetzt wirklich ein ungeschickter Vergleich. Ich hoffe nicht, dass dir sowas mit 75 Jahren widerfährt.
    Mir tut die arme Frau leid.

  • Marie Venne - 993

    Es tut mir Leid, aber angesichts was vor einigen Stunden in Nizza passiert ist, finde ich die Heulerei wegen ein paar kaputten Schuhen einfach übertrieben.

    • Koller - 80

      Sag gehts noch das kann man doch nicht vergleichen!

    • christian - 6016

      dieser artikel wurde schon vor ein paar tagen online gestellt... und mit ihrer logik müssen sie konsequenter weise sagen, angesichts das jeden tag 100`000 menschen sterben weil sie nichts zu essen haben find ich die heulerei wegen ein paar toten in nizza einfach übertrieben... nicht sehr empathisch, oder?

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