Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen melden sich nur zaghaft
21 Gesuche aus dem Wallis
Schätzungen zufolge sollen im Wallis bis 1981 rund 700 Personen Opfer von fürsorgerischen Massnahmen geworden sein. Betroffene können noch bis Juni Soforthilfe beim Kanton anmelden.
Direktbetroffene von ehemaligen fürsorgerischen Massnahmen und Fremdplatzierungen erlitten oftmals von der Gesellschaft stillschweigend geduldetes Unrecht. So mussten sie unter anderem Zwangskastrationen und -sterilisierungen oder Zwangsadoptionen über sich ergehen lassen. Oftmals wurden fremdplatzierte junge Menschen als Verdingkind-, Kost- oder Pflege- und Heimkinder Opfer von sexuellen Übergriffen und physischer und psychischer Gewalt.
Bisher 32'000 Franken Soforthilfe ausbezahlt
Bis Ende Juni 2015 haben Opfer noch Zeit, sich schweizweit bei Anlaufstellen der Kantone zu melden. «Bis Mitte Januar 2015 sind 21 Gesuche für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen aus dem Kanton Wallis eingegangen», weiss Claudia Scheidegger vom Ausschuss «Soforthilfe Runder Tisch Fürsorgerische Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen» in Bern. «Vier Gesuche mit einer Gesamtsumme über 32'000 Franken konnten bereits ausbezahlt werden, 13 Gesuche sind in Behandlung, zwei Gesuche wurden abgelehnt, eines wurde zurückgezogen und eines an den Kanton Waadt weitergeleitet.»
«Jede Meldung ein Erfolg»
Der Kanton Wallis befindet sich mit 21 Gesuchen im unteren Drittel im Kantonsvergleich. Die meisten Gesuche kommen aus Bern und Zürich mit 152 und 122. «Wir rechnen mit circa 1000 Gesuchen bis 30. Juni 2015. Der Stand liegt momentan bei 728 Gesuchen», weiss Scheidegger. Die Walliser Sozialdirektorin, SP-Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten, ist zwar froh darüber, dass bisher 21 Personen aus dem Wallis ein Gesuch für Soforthilfe gestellt haben. Dennoch glaubt sie, dass eine ganze Anzahl Betroffene bisher noch nicht den Mut gefunden hat, Hilfe zu beantragen. «Wenn sich bis Ende Juni nur schon eine Person zusätzlich meldet, ist das in Anbetracht der oftmals harten Schicksale ein Erfolg.»
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar