Pascal Voggenhubber | Medium kommt nach Brig

«Es gibt keine bösen Geister»

Pascal Voggenhuber: "In meiner Branche gibt es auch einige Scharlatane."
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Pascal Voggenhuber: "In meiner Branche gibt es auch einige Scharlatane."
Foto: Philippe Koch /imagestudio

Quelle: RZ 0

Pascal Voggenhuber aus Sissach BL gilt als bekanntestes Medium der Schweiz. Im Interview spricht er über die geistige Welt, sein Rezept, um das Leben zu geniessen, und warum es keine bösen Geister gibt.

Pascal Voggenhuber, kommende Woche halten Sie in Brig einen Vortrag. Mit welchen Gefühlen werden Sie ins Wallis reisen, wo der Katholizismus bekanntlich noch eine grosse Bedeutung hat?
Ich werde mit positiven Gefühlen ins Wallis reisen. Das mag auf den ersten Blick überraschen. Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass die Menschen in Regionen, in denen Religion noch einen hohen Stellenwert hat, zum Beispiel auch in Österreich oder in Polen, ganz allgemein einen viel stärkeren Bezug zum Spirituellen und zur geistigen Welt haben, als dies in städtisch geprägten Regionen der Fall ist. Daher finde ich an solchen Orten fast leichter Zugang zu den Menschen. Dabei kommt mir sicher auch zugute, dass ich den klassischen Religionen keinesfalls kritisch gegenüberstehe, sondern im Gegenteil diese in meine Arbeit miteinbeziehe und dank meiner Ausbildung in England auch sehr bibelfest bin.

Dennoch haben Sie auch viele Kritiker. Liest man etwas über Sie in den Medien, so ist immer die Rede von «angeblichem» oder «selbst ernanntem» Medium. Ärgert Sie das?
Manchmal ist es etwas mühsam. Allerdings weiss ich auch, wie das Mediensystem funktioniert. Den Journalisten wird beigebracht, keine Stellung zu beziehen, auch wenn sie vielleicht voll überzeugt sind. Daher schützen sie sich dann mit solchen Ausdrücken wie «angebliches Medium» und so weiter. Ich muss aber auch sagen, dass ich meiner Arbeit nun seit elf Jahren nachgehe. Dabei habe ich gelernt, dass man Kritiker sowieso nicht überzeugen kann, egal wie viele Beweise man erbringt. Es wird immer ein Trick vermutet. Ich habe gelernt, damit zu leben.
Das heisst, dass Sie es aufgegeben haben,

Kritiker überzeugen zu wollen?
Das kann man so sagen. Ich muss aber auch festhalten, dass ich im Vergleich zu vielen Berufskollegen sowieso relativ wenig Kritiker habe. Die Kritiker, die ich habe, sind dabei solche, die mich nie kennengelernt haben oder nie an einem meiner Events teilgenommen haben und entsprechend nichts über meine Arbeit wissen. Kritik solcher Leute finde ich daher nicht beantwortenswert. Früher war dies anders, da hatte ich in der Tat noch den Anspruch, Kritiker zu überzeugen. Aber wie gesagt, ich habe gelernt, dass dies ein Kampf gegen Windmühlen ist, den man nicht gewinnen kann. Für mich zählt einzig, dass ich und die Menschen, mit denen ich arbeite, wissen, was die Wahrheit ist. Kommt hinzu, dass Kritik die beste Werbung für mich ist (lacht).

Zu Ihrer Arbeit als Medium gehört dabei die Kommunikation mit den Verstorbenen. Erklären Sie doch einmal, wie ein solches «Gespräch» abläuft.
Verstorbene nutzen für die Kommunikation eine Bild-Gefühl-Sprache. Es ist nicht so, dass mir die Verstorbenen Sachen ins Ohr flüstern. Am besten lässt sich diese Art von Kommunikation mit dem vergleichen, wenn Menschen die Bekanntschaft von anderen Menschen machen, indem sie sich die Hand geben. Oft ist es so, dass man in diesem Moment schon weiss, ob einem das Gegenüber sympathisch ist oder nicht. Allerdings hören viele Leute nicht auf ihr Bauchgefühl. Bei der Kommunikation mit Verstorbenen läuft es ähnlich, wobei ich gelernt habe, die kleinsten und feinsten Impulse zu deuten, sodass ich fühlen kann, ob jemand zum Beispiel bei einem Unfall oder an Krebs gestorben ist.

Von wem geht der Wunsch nach Kommunikation in der Regel aus? Von den Verstorbenen oder den Angehörigen?
Dass ein Verstorbener noch etwa klären möchte, ist sehr, sehr selten. Daher ist es nicht so, dass ständig Verstorbene zu mir kommen, damit ich einen Kontakt zu den Angehörigen ermögliche. Es ist für mich auch kein Spiel, wobei ich denke: «Hey cool, ich kann mit Toten reden» und es darum auch ständig tue. Wenn ich mit Verstorbenen kommuniziere, dann steht für mich die Trauerverarbeitung der Angehörigen im Fokus. Diese sind es, die oft den Wunsch nach Klärung haben, zum Beispiel wenn ein Selbstmord vorliegt. Der Wunsch nach Kommunikation geht also in der Regel von den Lebenden aus. Allerdings verweigern sich die Verstorbenen dieser Kommunikation in der Regel nicht. Besteht eine «Telefonverbindung», so nutzen sie diese auch.

Sie sagen, dass die Toten in der «geistigen Welt» existieren. Können Sie dieses Prinzip erklären?
Das Prinzip der «geistigen Welt» unterscheidet sich eigentlich nicht gross vom Konzept des «Himmels», welches die klassische Religion kennt. Nur ist für mich der «Himmel» nicht irgendwo weit weg oder oben in den Wolken. Die «geistige Welt» und mit ihr die Verstorbenen umgeben uns. Ich denke aber, dass sich der «Himmel» halt gut als starkes und verständliches Sprachbild eignet, besonders für Kinder. Auch ich sage zu meinem fünfjährigen Sohn, wenn er fragt, wo die Verstorbenen hingehen: «Sie gehen in den Himmel».

Sie sagen, dass es keine bösen Geister gibt. Woher kommt diese Überzeugung?
Dazu muss man etwas ausholen. Das Prinzip des bösen Geistes ist eng verknüpft mit der Vorstellung, dass man für ein schlechtes Leben in der Hölle büssen muss und Geister, die eigentlich in dieser Hölle sein müssten, gelten dann als böse Geister. Allerdings ist das Prinzip von Himmel und Hölle religionsgeschichtlich gesehen noch sehr jung. Erst durch den Ablasshandel im 16. Jahrhundert wurde eine Hölle nötig, da man ja nur so von den Gläubigen Geld verlangen konnte, um einem Leben in ewiger Verdammnis zu entgehen. Davor glaubte man, dass die Verstorbenen in den Hades, was so viel heisst wie «der Ort, an dem die Toten sind», kommen. Das Fegefeuer diente dabei der Reinigung und war kein Ort ewiger Qualen. Daher glaube ich nicht an die Hölle auch nicht an böse Geister.

Immer wieder hört man von Spukphänomenen und Poltergeistern. Sind dies nicht böse Geister?
Spuk ist nichts Böses. Aber wenn solche Phänomene auftreten, dann macht dies Angst. Nicht zuletzt, weil wir durch entsprechende Filme und Literatur geprägt sind. Die meisten Menschen machen den Fehler, dass wenn ein Angehöriger stirbt, sie um ein Zeichen bitten, dass der Verstorbene sie nicht verlassen hat.

«Leider wird in meiner Branche viel Geld mit Angst verdient»

Nun wie will ein Verstorbener zeigen, dass er noch da ist? Er tut dies genau mit jenen Aktionen, die wir als Spuk kennen und vor denen wir Angst haben. Allerdings will der Verstorbene niemandem Angst machen, sondern nur zeigen, dass er da ist und dass es ihm gut geht. Das Problem ist ein anderes.

Welches wäre das?
Viele Menschen greifen in solchen Situationen zum Telefon und rufen bei irgendwelchen Wahrsagern und so weiter an, die ihnen dann raten, den Geist auszuräuchern oder anderweitig ins Licht zu schicken. Leider wird in meiner Branche viel Geld mit Angst verdient. Gerade Eltern, die ein Kind verloren haben und denen dann eingeredet wird, die Seele des Kindes stecke in einer Zwischenwelt fest, sind natürlich besonders anfällig für solche Geldmacherei. Das lehne ich entschieden ab, was mir natürlich einige Kritik in meiner Branche eingebracht hat. Den Verstorbenen geht es in jedem Fall gut und es regt mich auf, dass versucht wird, mit der Verletzlichkeit der Menschen Geld zu verdienen.

Das heisst aber auch, dass man für ein schlechtes Leben nicht bezahlen muss.
Man muss schon bezahlen, und zwar bin ich der Überzeugung, dass jeder im Moment seines Todes sein Leben nochmal Revue passieren lassen muss. Für die meisten ist das wohl schon Hölle genug. Der Tod ist der Moment, in dem man sich ganz unvoreingenommen mit sich und seinem Leben auseinandersetzen muss. Daraus resultiert dann ein Erkenntnisprozess, der nicht immer leicht ist.

Schaut man sich bei Ihren Vorträgen um oder liest Kommentare zu Ihrer Arbeit im Internet, so fällt auf, dass hauptsächlich Frauen zu Ihren «Fans» zählen. Warum ist das so?
Geht es um spirituelle Themen, ist es in der Tat so, dass der Frauenanteil relativ hoch ist. Ich denke, das liegt daran, dass Frauen stärkere Gefühlswesen sind als Männer. Sie spüren mehr und können daher meinen Erklärungen auch besser folgen als Männer, die stärker über die Vernunft Zugang zu Themen finden. Aus diesem Grund habe ich angefangen, vermehrt wissenschaftliche Erkenntnisse in meine Vorträge einzubeziehen. Ich will heute ja niemandem mehr beweisen, dass ich mit Toten sprechen kann, sondern zeigen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Dies ist auch ein Thema, das viele Wissenschaftler beschäftigt. Seit dem ich wissenschaftliche Erkenntnisse in meine Vorträge einfliessen lasse, kommen auch mehr Männer. Das Schönste finde ich immer, wenn Männer nach meinen Vorträgen zu mir kommen und sagen: «Eigentlich hat mich ja meine Frau gezwungen mitzukommen, aber schlussendlich war es unterhaltsam und auch logisch.»

Kommende Woche werden Sie in Brig zwei Bücher präsentieren. Darin geht es vor allem um Selbstbewusstsein und wie man sein Leben geniessen kann. Wie passen diese Themen zum «Mann, der mit den Toten spricht»?
Man weiss aus der Hirnforschung, dass der Mensch nichts dafür kann, ob er eher ein glücklicher oder ein unglücklicher ist. Vieles ist von Prägungen und Umfeld abhängig. Gleichzeitig hat die Forschung aber auch erkannt, dass man mit gezielten Übungen glücklicher werden kann. Zum Beispiel in dem man sich bewusst über kleine Annehmlichkeiten des Alltags freut. Das Gehirn stellt dadurch neue Verknüpfungen her, was zu mehr Zufriedenheit führt. Man kann Glücklichsein lernen, genauso wie Selbstbewusstsein. Das ist die Botschaft. Die Verbindung zum Kontakt mit Verstorbenen besteht darin, dass ich durch meine Arbeit als Medium viele Situationen erlebte, in denen es Sachen zu klären gab, die durch ein bisschen mehr Glücklichsein und Selbstbewusstsein gar nicht entstanden wären. Die Frage nach dem Leben, nach dem Tod ist das eine. Die andere ist für mich: «Wie kann ich mein Leben so leben, dass man es auch als ­Leben ­bezeichnen kann.»

Martin Meul

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Infos

Zur Person

Vorname Pascal
Name Voggenhuber
Geburtsdatum 11. Februar 1980
Familie Ledig, ein Sohn
Beruf Medium, Lifecoach
Hobbies Sport, Geschichte

Nachgehakt

Es gibt keine bösen Geister. Ja
Ich habe keine Angst vor dem Tod Ja
In meiner Branche gibt es auch 
einige Scharlatane 
Ja
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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