Frontal | Regula Ritler, Jodlerin

«Ich hoffe, dass ich auch mit fünfzig meinen Elan behalte»

Regula Ritler: «Der Kulturpreis der Gemeinde Naters ist eine grosse Anerkennung für mich.»
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Regula Ritler: «Der Kulturpreis der Gemeinde Naters ist eine grosse Anerkennung für mich.»
Foto: zvg

Quelle: RZ 0

Sie liebt das Jodeln, unterrichtet den Nachwuchs und feiert nächste Woche ihren 50. Geburtstag. Regula Ritler über ihre grosse Leidenschaft und ihre Liebe zu Heimat und Gesang.

Regula Ritler, am Neujahrsempfang in Naters wurden Sie zusammen mit Ephraim Salzmann mit dem Kulturpreis der Gemeinde ausgezeichnet. Ein besonderer Moment?
Es war schon sehr speziell. Mitte Oktober hat mich die Gemeinde angeschrieben und darüber informiert, dass ich den Kulturpreis erhalte. Das kam für mich sehr überraschend.

Sie wurden schon mehrfach für Ihr Schaffen und Wirken geehrt. Wie ordnen Sie diese Auszeichnung ein?
Es ist für mich eine grosse Anerkennung und zeigt mir, dass meine kulturelle Arbeit im Dorf geschätzt wird. Darum freut es mich umso mehr, dass ich den Kulturpreis bekommen habe.

Sie sind sehr vielseitig engagiert – arbeiten als Primarlehrerin, unterrichten als Jodellehrerin, stehen bei Musicals auf der Bühne und engagieren sich für den Jodelnachwuchs. Worin erkennen Sie sich am besten wieder?
Schwer zu sagen, ich liebe die Abwechslung und Vielseitigkeit in meinem Tun. Aber am nächsten steht mir das Jodeln. Es verbindet Tradition und Moderne zugleich und zeigt mir, wo meine Wurzeln sind. Ich bin ein sehr bodenständiger Mensch, liebe die Natur und meine Heimat. Zudem ist das Jodeln eine traditionell schweizerische Eigenheit. Ich reise zwar sehr gerne, auch ins Ausland. Aber wenn ich nach meiner Rückkehr wieder auf einem Flughafen in der Schweiz bin, dann ist das für mich ein Heimkommen im eigentlichen Sinne – ein wunderschönes Gefühl.

Sie haben schon früh mit dem Jodeln angefangen und später Ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht…
Ich habe schon als 11-Jährige gejodelt. Allerdings habe ich meinen Klassenkameraden nie davon erzählt, weil ich mich geniert habe, über mein Hobby zu reden. In der Orientierungs- schule ist die ganze Sache aber aufgeflogen. Nachdem ich an einem Jodelkurs teilgenommen hatte, wurden alle Teilnehmer auf einem Foto in der Zeitung abgebildet. Das Echo liess nicht lange auf sich warten. Schon anderntags wurde ich in der Schule darauf angesprochen. Die Reaktionen waren aber mehrheitlich positiv.

Bis noch vor wenigen Jahren hat man mit Jodeln vor allem ältere Frauen und Männer in Verbindung gebracht. Heutzutage lassen sich aber immer mehr junge Leute fürs Jodeln begeistern. Warum ist Jodeln auch bei der jüngeren Generation so beliebt?
Viele junge Leute fühlen sich der Tradition verbunden und bringen mit dem Jodeln ihre Lebensfreude zum Ausdruck. Dazu kommt, dass viele Kinder und Jugendliche das Jodeln von Grund auf lernen und den Jodelunterricht besuchen. Das motiviert mich natürlich auch als Lehrerin, ihnen einiges beizubringen. Wichtig ist auch, dass die Jungen freiwillig den Unterricht besuchen und etwas lernen wollen. Das macht die Sache einfacher.

Ist es schwieriger, Kindern das Jodeln beizubringen oder erwachsenen Personen?
Wenn man schon von Kindesbeinen an das Jodeln lernt, ist es einfacher, als wenn man schon erwachsen ist. Das hat mit dem Lernprozess zu tun. Kinder sind aufnahmefähiger und lernen spielerischer, die Töne zu treffen. Aber letztlich ist es auch eine Talentfrage.

Vor 16 Jahren haben Sie den Nachwuchschor ins Leben gerufen. Was hat Sie dazu bewogen?
Ich war selber schon als 15-Jährige in einem Chor. Wenn man aber als Kind oder Jugendlicher nur mit Erwachsenen zu tun hat, dann trifft das nicht immer die Erwartungen. Die Stammtischgespräche nach einem Auftritt langweilen Kinder eher. Da ist man lieber unter seinesgleichen. Darum habe ich mir gedacht, es wäre doch was, wenn Kinder mit Kindern jodeln könnten. Das war mitunter meine Motivation, einen Kinderchor ins Leben zu rufen.

Wie ist es um den Nachwuchs in der Oberwalliser Jodelszene bestellt?
Sehr gut. Erst im vergangenen November haben sieben Oberwalliser Dirigentinnen ihre Ausbildung abgeschlossen. An der Feier hat der Ausbildner betont, dass es im Wallis nun mehr Dirigenten gebe als Jodlerklubs. Das widerspiegelt auch das Interesse derjenigen, die sich für das Jodeln interessieren und sich stetig weiterbilden.

Gerade im Jodelbereich ist die Gleichstellung schon länger spürbar…
Das hat vielleicht damit zu tun, dass Frauen, die diese Ausbildung machen, auch als Jodlerinnen in einem Verein mitmachen. Wenn sie den Verein dirigieren können, ist das ein zusätzliches Plus, weil viele Männer mehr als Begleitstimme tätig sind. Einige dieser Dirigentinnen waren bei mir im Kinderchor oder im Jodelunterricht. Ich gehöre mittlerweile schon zu den Älteren. (lacht)

In der Sendung «Jobtausch» haben Sie sogar zwei Afro-Amerikanern das Jodeln beigebracht. Lassen Sie sich gerne auf solche Experimente ein?
Das war eher zufällig. Aber ich bin sehr offen gegenüber experimentellen Sachen. Das Jodeln steht für mich zwar an erster Stelle, aber ich jodle und singe auch in einer Band mit Stefan Ruppen, Beat Jaggy und Alex Rüedi, die sich nicht dem traditionellen Jodel verschrieben hat. Das funktioniert ganz gut.

Sie haben auch schon in mehreren Musicalproduktionen wie «Der Besuch der alten Dame», «Aida» oder «Stilli Zärtlichkeite» mitgewirkt. Ist die Schauspielerei eine gute Ergänzung zu Ihrem musikalischen Part?Mir gefällt die Rolle als Schauspielerin und ich tanze sehr gerne. Vor allem die Rolle im Jodel-Musical hat mir sehr gut gefallen. Ich habe den Rhythmus im Blut und bewege mich gerne zur Musik. Dies im Gegensatz zum traditionellen Jodel, bei dem man ruhig dastehen sollte. Aber auch das gelingt mir nicht immer. (grinst)

Haben Sie sich auch schon Gedanken gemacht, einmal selber das Zepter einer Musical-Aufführung in die Hand zu nehmen?
Bisher noch nicht. Aber mich haben schon einige Personen ermutigt, diesen Schritt zu wagen. Ich will es zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht ganz ausschliessen. Wenn man die richtigen Leute um sich schart, könnte ein solches Projekt schon reizvoll sein. Aber es beinhaltet natürlich eine Menge Arbeit.

In der Jodelszene herrscht nach aussen hin eine Heile-Welt-Stimmung. Hinter den Kulissen wird aber schon mal ausgeteilt. Wie gehen Sie mit Kritik an Ihrer Person um?
Früher habe ich mich schnell einmal angegriffen gefühlt. Dem ist heute nicht mehr so. Mit zunehmendem Alter wird man gelassener. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass ich früher empfänglicher war für negative Töne in der Szene. Heute lässt mich das Gerede kalt.

Besteht die Gefahr, dass man als Jurymitglied auch befangen ist?
Ich habe letztes Jahr meine Ausbildung zur Jurorin des Eidgenössischen Jodlerverbandes abgeschlossen und bin am Zentralschweizerischen Jodlerfest zum ersten Mal in der Jury gesessen. Ich war nicht unglücklich darüber, dass ich niemanden benoten musste, den ich gekannt habe. In solchen Fällen kann man aber in den Ausstand treten. Das ist natürlich sehr hilfreich. Aber grundsätzlich hält man sich an das Regelwerk und benotet die Darbietungen nach genauen Kriterien. Da spielt es keine Rolle, wen man benotet.

Sie gelten als Lebemensch, reisen viel und geniessen das Dasein. Gibt es etwas, was Sie sich demnächst erfüllen möchten?
Nein. Ich bin so weit gut aufgestellt. Vielleicht nehme ich mir einige Sachen zu sehr zu Herzen. Darum möchte ich in Zukunft das Ganze ein bisschen gelassener angehen. Im Auftrag des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) war ich in den letzten Jahren einige Male im Ausland unterwegs und bin z. B. am 1. August in den Schweizer Botschaften aufgetreten, so unter anderem in Asien und Mazedonien. Das waren sehr eindrückliche Erlebnisse. Ich reise sehr gerne und liebe auch die ausländische Kultur. Darum möchte ich solche Sachen in Zukunft noch mehr machen.

Im nächsten Jahr steht das Eidgenössische Jodlerfest in Basel an. Treten Sie sowohl als Solo-Jodlerin als auch in der Formation vor die Jury?
Ich werde zweimal im Duett auftreten. Der Auftritt mit dem Nachwuchschor ist noch in Abklärung, weil das Jodlerfest auf das letzte Schulwochenende fällt. Sofern mich der Westschweizer Verband als Jurymitglied nominiert, werde ich zudem einige Vorträge jurieren.

In einer Woche feiern Sie Ihren 50sten Geburtstag. Was wünschen Sie sich?
Gesund zu bleiben. Und ich hoffe, dass ich meinen Elan und meine Begeisterung behalten kann, Altes zu meistern und Neues in Angriff zu nehmen.

Walter Bellwald

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Infos

Vorname Regula
Name Ritler
Geburtsdatum 16. Januar 1970
Familie ledig
Beruf Primar- und Jodellehrerin
Funktion Jodlerin
Hobbies Skifahren, Natur, Wandern, Reisen
Mit Rockmusik kann ich nichts anfangen. Nein
Ich werde ungern als Jodeltante bezeichnet. Nein
Zum Jodeln gehört eine Tracht. Joker
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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