Frontal | Markus Holzer

«Ich sage meine Meinung und lasse mich nicht verbiegen»

Markus Holzer: «Ich bin durch und durch Gommer und liebe meine Heimat.»
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Markus Holzer: «Ich bin durch und durch Gommer und liebe meine Heimat.»
Foto: RZ

Markus Holzer ist Herausgeber der «Regionalzeitung Aletsch Goms».
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Markus Holzer ist Herausgeber der «Regionalzeitung Aletsch Goms».
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Quelle: RZ 1

Er ist kein Mann der leisen Töne. Markus Holzer (62) ist Herausgeber der «Regionalzeitung Aletsch Goms» und sucht einen Nachfolger. Im RZ-Frontal spricht Holzer über Futterneid, seine Arbeit und die Zukunft des Goms.

Markus Holzer, Sie sind Drucker, Werber, Journalist und Unternehmer. In dieser Reihenfolge?
Ich bin Unternehmer in täglich loser Reihenfolge und arbeite im Schnitt bis zu 100 Stunden pro Woche. Das geht nur mit viel Einsatz und Disziplin. Ich rede nicht von schweisstreibender Arbeit, aber ich komme bei meiner Arbeit auch schon mal ins Schwitzen. Ich bin Produktionsleiter und Journalist und beschäftige sechs Angestellte in Teilzeit.

Sind Sie ein strenger Chef?
Nein. Ich bin in der Sache sehr genau und konsequent, aber sonst bin ich eher ein umgänglicher Mensch, aber als Herausgeber der «Regional­zeitung Aletsch Goms» stehe ich immer für die Leser ein. Diese Haltung bringe ich bei meinen Mitarbeitern immer ein. Das führt mitunter auch zu Diskussionen, aber wir finden meistens eine Lösung.

Ist es denn schwieriger oder einfacher als vor zwanzig Jahren, den Lesern gute und interessante Geschichten zu verkaufen?
Das Leseverhalten hat sich meiner Meinung nach extrem verändert. Die Leser sind heute oberflächlicher als noch vor zwei Jahrzehnten. Computer und Handy haben diesen Trend leider viel zu stark beeinflusst. Aber es gibt noch die ältere Leserschaft, die sehr belesen ist und anders informiert sein will.

Sie haben 1979 mit Franz Wellig eine Druckerei gegründet, 1985 die «Gommer Poscht» ins Leben gerufen und 1994 zur «Regional­zeitung Goms – Östlich Raron» weiter ent­wickelt. Was war rückblickend gesehen Ihr bester Entscheid?
Dass ich selbstständig geworden bin. Schon während meiner Berufsausbildung zum Buchdrucker habe ich immer offen und klar meine Meinung geäussert. Das hat sich bis heute nicht geändert. Darum schreibe ich auch, was ich denke. Ich habe nicht den Anspruch, dass ich mit meiner Meinung immer richtig liege. Aber mir ist es wichtig, dass die Leute darüber diskutieren. Es gibt viel zu viele Menschen, die sich nicht mehr trauen, ihre Meinung in der Öffentlichkeit kund­zutun. Das hat damit zu tun, dass sie entweder fehlende Zivilcourage besitzen, oder noch viel schlimmer, dass es ihnen egal ist, was um sie herum passiert. Diese schweigende Mehrheit bereitet mir grosse Sorgen.

Sie sind ein Macher und stecken viel Herzblut in Ihre Zeitung. Was treibt Sie an?
Ich bin durch und durch Gommer und ich liebe meine Heimat. Das ist es, was mich immer wieder antreibt. Mir liegt die ganze Region Aletsch / Goms am Herzen und darum erlaube ich mir, wenn nötig offen Kritik an verschiedenen Projekten oder Organisationen zu üben. Viele lokale Politiker und Touristiker hören es nicht gerne, wenn man ihre Arbeit hinterfragt oder sie kritisiert. Die Folge davon ist, dass sie mich und meine Arbeit oft ignorieren. Aber damit kann ich gut leben. Es geht mir um die Zukunft unserer nachfolgenden Generation wie auch um unsere einmalige Ferienregion.

Negativ betrachtet könnte man Sie auch als Nörgler bezeichnen…
Wer mich als Nörgler bezeichnen will, soll das tun. Ich sage meine Meinung und lasse mich nicht verbiegen. Auch wenn das mitunter negative Auswirkungen auf mein Unternehmen hat. So was bringt mich nicht aus der Ruhe.

Was lief oder läuft denn Ihrer Meinung nach falsch im Goms?
Die Gommer haben es verpasst, im touristischen Bereich mit der Entwicklung Schritt zu halten. Bis Mitte der 1980er-Jahre konnten zwar einige Projekte verwirklicht werden. Aber dann ist man stehen geblieben. Es reicht nicht, wenn im Obergoms nur auf die Karte Langlauf gesetzt wird und man sich mit dem Erreichten zufriedengibt. Schon vor 30 Jahren habe ich öffentlich gesagt, dass das Goms touristisch und wirtschaftlich gesehen nur dann eine Chance hat, wenn wir aus der Bezirksgrenze eine Gemeindegrenze machen. Damals wurde ich lautstark belächelt, heute geben mir viele Einheimische recht.

Kritisieren ist eines, besser machen das andere. Was sollte man denn Ihrer Meinung nach anders machen?
Sofort wieder die Ideen vom mutwillig versenkten Aletsch Marketing aufnehmen, trotz Verlusten. Es braucht noch heute genaue Analysen, was falsch läuft. Trotzdem braucht es vermehrt einheimische Arbeitskräfte, die die Region kennen und dem Gast das Goms näherbringen. Ein Gast kommt nicht in die Ferien, um sich durch eine Flut von Flugblättern und Prospekten zu lesen. Er will beraten und angehört werden. Ich habe schon viele Bekannte und Freunde eingeladen und ihnen die Schönheiten unserer Region nähergebracht. Zudem bekomme ich viele Briefe und E-Mails, in denen sich Feriengäste dafür bedanken, dass sie dank der «Regionalzeitung Aletsch Goms» die Ferienregion und einen grossen Teil des Oberwallis besser kennengelernt hätten. Das spricht doch für sich.

Wie sehen Sie die Zukunft des Goms?
Ich sehe die Zukunft mit Besorgnis, weil ich stark vermute, dass das politische Goms und das Aletschgebiet nichts ändern wollen. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen in der Politik die Zeichen der Zeit erkennen und endlich dem Tourismus nicht ständig mit irritierenden Gesetzen, wie es das neue Kantonale Tourismusgesetz ist, dreinreden. Wir müssen dem Gast wieder etwas bieten und ihm die gesamte Ferienregion näherbringen. Es bringt nichts, wenn wir ständig mit dem Sorgenbarometer fuchteln und über die Zweitwohnungsinitiative oder das Raumplanungsgesetz jammern. Das interessiert den Gast wenig. Wenn er in die Ferien kommt, will er sich erholen und etwas erleben. Hier sind alle gefordert.

Kommen wir zu Ihrer Arbeit: Sie sind Unternehmer und Journalist. Wie meistern Sie diesen Spagat?
Ich stelle mich tagtäglich meinen Aufgaben und versuche diese Herausforderung zu meistern. Die Siebentagewoche ist mein ständiger Begleiter. Eine Ausnahme macht nur die eine oder andere Ferienwoche am Meer, in der ich immer mein Handy zu Hause lasse.

Alle reden von journalistischer Unabhängigkeit. Ist das überhaupt möglich in einem kleinen Betrieb wie Ihrem?
Die journalistische Unabhängigkeit hat nichts mit der Grösse eines Betriebs zu tun. Als Journalist sollte man immer unabhängig sein. In den Oberwalliser Medien vermisse ich weitgehend eine kritische Berichterstattung. Das finde ich schade. Ich würde mir wünschen, dass die Medien ehrlicher berichten.

Mit 62 Jahren denken Sie über Ihre Nachfolge nach. Warum wollen Sie kürzertreten?
Ich will mit meiner Nachfolgeregelung nicht zuwarten bis ich siebzig bin. Deshalb begann ich mich rechtzeitig nach einem Nachfolger umzuschauen. Aber nicht um jeden Preis. Ich bin gegen eine Monopolisierung der Medienwelt, auch regional, und verkaufe deshalb die «Regionalzeitung Aletsch Goms» nicht dem Oberwalliser Medienmonopol. Es braucht auch bei uns eine Medienvielfalt.

Wie muss Ihr idealer Nachfolger denn sein?
Das lasse ich offen. Er muss innovativ und mit viel Herzblut bei der Sache sein. Und er muss viel Zeit investieren, sonst macht es keinen Sinn. Wenn jemand nur acht, neun Stunden pro Tag arbeiten will, dann ist er hier an der falschen Adresse.

Im vergangenen Sommer wollten Sie schweiz­weit ein Inserat schalten, um zu eruieren, ob sich eine Persönlichkeit finden lässt, «der das Goms und das Aletschgebiet als Lebensmittelpunkt mehr bedeutet als eine Ferienadresse». Sind Sie fündig geworden?
Ich wollte das Inserat bereits im vergangenen Herbst schalten. Aber ich habe es mir doch noch einmal anders überlegt und werde das Inserat erst auf den kommenden Herbst schalten.

Muss Ihr Nachfolger ein Einheimischer sein oder kann auch ein «Üsserschwiizer» in Ihre Fussstapfen treten?
Warum nicht? Wenn jemand diese Herausforderung der Unabhängigkeit annehmen will, kann er auch ins Goms ziehen. Grundsätzlich ist es mir egal, ob ich einen einheimischen Nachfolger finde oder jemanden, der nicht im Goms oder Aletschgebiet wohnt. Wichtig ist mir, dass unsere Zeitung auch nach meinem Rückzug bestehen bleibt. Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann werde ich mit 66 Jahren, das heisst, wenn meine Frau Eliane ihren 60. Geburtstag feiert, die Schlüssel drehen, und dann ist Schluss. Aber ich bin zuversichtlich, dass ich einen geeigneten Nachfolger finde.

Walter Bellwald

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Infos

Vorname Holzer
Name Markus
Geburtsdatum 7. Juni 1955
Familie verheiratet, drei Töchter aus erster Ehe, sechs Enkelkinder
Beruf Buchdrucker
Funktion Unternehmer
Hobbies Geschichte, Literatur, Heimat, Natur
Der Wolf müsste im Wallis ausgerottet werden. Ja
Die «Regionalzeitung Aletsch Goms»
gibt es auch noch in zehn Jahren.
Joker
Das Goms fristet heute ein
Stiefmütterchendasein.
Ja
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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