Region | Mattmark/Domodossola

Treicheln ohne Schafe

Vier lebende Schafe und 42 Treicheln – das ist alles, was die Saaser Schäfer wieder zurückbekommen haben.
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Vier lebende Schafe und 42 Treicheln – das ist alles, was die Saaser Schäfer wieder zurückbekommen haben.
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Anderthalb Jahre, nachdem Saaser Schäfern 103 Schafe gestohlen wurden, konnten sie nun 42 Treicheln von Domodossola zurückholen. Gegen sechs Personen wurde Anzeige erstattet.

Als im Sommer 2014 auf einer Alp im Saastal 103 der seltenen Saaser Mutten gestohlen wurden, sorgte der Fall für Schlagzeilen in der ganzen Schweiz. Nur sechs Schafe wurden lebend wiedergefunden – bei einem Gastwirt in Macugnaga, weil der Dieb damit offenbar Schulden begleichen wollte. Nur vier Schafe kehrten lebend ins Saastal zurück – zwei trächtige Muttertiere waren dermassen überstrapaziert, dass sie den Transport nicht überlebten.

Sechs Anzeigen in Italien

Den übrigen, teils hochträchtigen Schafen ist es kaum besser ergangen. «Die Herde wurde vom Monte-Moro-Pass bis Landiona (Novara) getrieben», hat Riccardo Maccagno, Korpskommandant der Provinz-Polizei Verbania-Cusio-Ossola (VCO) in Domodossola herausgefunden. Das ist eine Distanz von fast 120 Kilometern, die die Schafe zu Fuss und jeweils nachts zurücklegen mussten. In Italien hat der Fall jedoch noch weitere Kreise gezogen. In der Provinz VCO wurde bereits Anzeige erstattet gegen den Gastwirt aus Macugnaga wegen Hehlerei sowie den Dieb S. B., dessen Lebensgefährtin und dessen Sohn. (Namen der Redaktion bekannt). In der Provinz Lodi, nahe Mailand, wurde zudem Anzeige erstattet gegen einen Metzger und einen Vertreter der italienischen Veterinärbehörde wegen Urkundenfälschung und Betrug. Für Maccagno ist klar, dass ein grosser Teil der Schafe im September 2014 auf dem Schlachthof von Caselle Lurani endete. Weil die Diebe jedoch die Schweizer Ohrmarken entfernt hatten, kamen Schafe mit falschen Papieren zum Schlachthof – sie trugen Ohrmarken von bereits toten Tieren oder gar keine. «Der Metzger wusste zwar nicht, dass die Tiere aus der Schweiz stammten, aber er wusste, dass da etwas nicht stimmt.» Schliesslich hat sogar ein behördlicher Amtstierarzt Begleitdokumente gefälscht und unterschrieben. «Dieser Straftatbestand, die Urkundenfälschung durch einen italienischen Beamten, dürfte der schwerwiegendste von allen sein», schätzt Maccagno. Über den Verbleib von noch immer rund 50 vermissten Schafen gibt es jedoch noch immer keine Hinweise, weil die Diebe auf ihr Recht zu schweigen beharren. Hier hofft Maccagno, dass womöglich der Neid, der unter italienischen Schäfern weit verbreitet sei, dereinst mal den richtigen Tipp liefern könnte.

42 Treicheln zurückerhalten

Kurz vor Weihnachten konnten die Saaser Schäfer aber immerhin 42 Treicheln, welche die Schafe um den Hals trugen, auf dem Posten in Domodossola abholen. Je nach Riemen kosten auch diese 300 Franken oder mehr. Unabhängig davon, was für Machenschaften in Italien noch aufgedeckt werden, und was für ein Strafmass die italienischen Richter voraussichtlich im nächsten Frühjahr festsetzen werden, für die Saaser Schäfer wird sich wenig ändern. «Der Schaden durch die gestohlenen Tiere, die ich wieder ersetzen und neu kaufen musste, dazu die fehlenden Lämmer, die ich nicht verkaufen konnte, und viele noch immer fehlende Treicheln, ist beträchtlich», meint etwa Franz Andenmatten, der von 30 Schafen 28 verloren und nur eines wieder zurückerhalten hat. Die Hoffnung, dass einige der verschwundenen Schafe wiedergefunden werden, dürfte gänzlich begraben worden sein. Zudem rechnen sie mit milden Urteilen. Selbst wenn die Diebe zu Geldstrafen und Schadenersatz verurteilt werden, wird angesichts derer Mittellosigkeit ­ohnehin kaum etwas zu holen sein.

Christian Zufferey

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