Visp | Gemeinde in der Kritik

Visper Anergienetz: Frostige Stimmung bei den Anwohnern

In Visp West ist die Stimmung getrübt. Das Anergienetz der Gemeinde steht in der Kritik.
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In Visp West ist die Stimmung getrübt. Das Anergienetz der Gemeinde steht in der Kritik.
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Das Anergienetz in Visp West sorgt bei den Anwohnern für Misstöne. Zu teuer und zu anfällig sei das System. Zudem wirft man der Gemeinde vor, sich nicht um die Nöte der Anwohner zu kümmern.

Die Mitglieder der IG Visp West sind alles andere als zufrieden. Grund dafür sind die Regeln und Rahmenbedingungen der Gemeinde für das Anergienetz Visp West. Das Netz beruht auf dem Prinzip, dass dem Grossgrundkanal Wärme entzogen wird und mit dieser dann die Häuser geheizt werden.

«Doppelt so hohe Kosten»

Für diese Art, ein ganzes Quartier mit Wärme zu versorgen, wurde die Gemeinde Visp gar mit einem Preis ausgezeichnet. Doch das Anergienetz wird von vielen Bewohnern von Visp West teilweise heftig kritisiert. Eine Interessengemeinschaft (IG) will daher ihre Probleme mit der Gemeinde diskutieren und Lösungen finden. Ein erster Kritikpunkt betrifft die Kosten, die durch das Anergienetz für die angeschlossenen Wohnungen und Häuser anfallen. «Die Kosten sind teilweise doppelt so hoch wie bei jedem anderen Heizsystem», sagt Oliver Stehlin, einer der Vertreter der IG und Inhaber der Immobilien Stehlin AG. «Wenn ich die Heizkosten in Visp West mit denen in anderen von mir betreuten Liegenschaften vergleiche, so muss man leider sagen, dass das Anergienetz beim Kosten-Nutzen-Verhältnis eine sehr schlechte Falle macht.» Stehlin stört dabei vor allem, dass die Bewohner keine Alternative zum Anergienetz haben. «Wer in Visp West baut, ist durch ein Reglement dazu verpflichtet, das Netz zu nutzen», ärgert er sich. «Dazu kommt, dass die Preisgestaltung jeglicher Logik entbehrt.» Der Preis für die Nutzung des Netzes ist nämlich an den Ölpreis gekoppelt. «Für ein alternatives Heizsystem ist diese Tatsache allein schon vollkommen absurd», sagt Stehlin, «insbesondere da ja angeblich kein Öl verwendet werden soll.» Zudem sei der Preis an einen Ölpreis von vor zehn Jahren, damals wurde das Anergienetz in Betrieb genommen, gekoppelt worden. «Seitdem ist Öl jedoch deutlich billiger geworden, die Verbrauchskosten jedoch nicht», so der IG-Vertreter. «Und dies obwohl uns die Gemeinde noch letztes Jahr versprochen hat, dass der Preis sinken würde.»

«Kein Versprechen abgegeben»

Von solch einem Versprechen will der zuständige Gemeinderat Rolet Gruber nichts wissen. «Wahr ist, dass wir gesagt haben, dass wir eine Preissenkung prüfen werden», erklärt er. «Es entspricht zwar der Tatsache, dass wir uns bei der Preisfestlegung damals an einem höheren Ölpreis als Referenz orientiert haben. Allerdings macht dieser nur einen Teil der Betriebskosten aus.» Das Aner­gienetz müsste schlussendlich auch amortisiert werden, so Gruber. «Es mag sein, dass ein Anschluss an das Anergienetz etwas höhere Kosten verursacht, als es ein anderes Heizsystem tut», so der Gemeinderat weiter. «Man muss sich aber auch vor Augen führen, dass unser Netz eine Pionierleistung darstellt und dass das Netz eine sehr umweltfreundliche Methode ist.»

Pumpen gehen kaputt

Die hohen Heizkosten sind allerdings nicht der einzige Punkt, den die IG kritisiert. «Normalerweise haben Wärmepumpen eine Lebensdauer von 15 bis 20 Jahren, in Visp West mussten aber schon mehrere Pumpen nach drei bis sechs Jahren ersetzt werden. Die Kosten müssen dann die Eigentümer der Liegenschaften tragen. Dank des Reglements ist die Gemeinde fein raus und auch etwaige Garantieansprüche sind meistens erloschen», sagt Kurt Locher, ein weiteres IG-Mitglied. Zwar empfehle die Gemeinde den Einbau von sogenannten Zwischenkreisläufen, um die Pumpen zu schützen, doch dies mögen die IG-Mitglieder nur bedingt gelten lassen. «Erstens handelt es sich nur um eine Empfehlung», sagt Locher und fragt: «Wenn solche Zwischenkreisläufe für einen reibungslosen Betrieb so wichtig sind, warum werden sie nicht vorgeschrieben?» Vor ein paar Wochen hatte die Gemeinde angekündigt, dass die Zwischenkreisläufe für Neubauten zur Pflicht werden sollen (die RZ berichtete). Inzwischen hat man sich jedoch gegen eine solche Verpflichtung entschieden. «Der Gemeinderat ist der Meinung, dass eine Empfehlung ausreicht», sagt Rolet Gruber. «An der Installation der Heizsysteme sind viele Fachleute beteiligt. Diese Fachleute müssten sicher genau wissen, wann der Zwischenkreislauf auch nötig ist.»

«Gemeinde hat selbst Fehler gemacht»

Diese Argumentation stösst bei der IG allerdings auf Kritik. «Die Gemeinde predigt Wasser und trinkt selbst Wein», sagt Oliver Stehlin. Damit spielt Stehlin darauf an, dass die Wärmepumpe im neuen Sportplatzgebäude ebenfalls nach kurzer Zeit defekt gewesen sein soll, weil kein Zwischenkreislauf eingebaut wurde. Gemeinderat Rolet Gruber bestätigt, dass beim Sportplatzgebäude ein Wärmetauscher nachträglich eingebaut wurde, sagt jedoch, dass «bei neuen Systemen immer mit Anpassungen gerechnet werden muss». Die Zwischenkreisläufe sind jedoch grundsätzlich nicht unumstritten. «Durch diese nachträglich eingebauten Geräte sinkt der Effizienzgrad des Netzes, was zu noch höheren Energiekosten für die Eigentümer führt», erklärt Kurt Locher.

«Von Gemeinde im Stich gelassen»

Mit ihren Bedenken gegenüber dem Anergienetz wandte sich die IG vor ein paar Wochen an den Gemeinderat. «Wir wollten von den Behörden wissen, ob man zusammen eine Lösung finden kann, um die hohen Kosten zu reduzieren und wie man mit den entstandenen Schäden an den Wärmepumpen umgehen kann», sagt Oliver Stehlin. Erfolg hatte die IG jedoch nicht. «Der Gemeinderat hat die Verantwortung und die Kosten einfach auf die Eigentümer abgeschoben und sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Gemeinde keine Schuld an den entstandenen Schäden treffe», sagt Stehlin. «Für uns ist das vollkommen unverständlich, schliesslich zwingt man uns, dieses Netz zu nutzen. Viele Leute hier in Visp West fühlen sich daher von der Gemeinde im Stich gelassen.» Das lässt Gemeinderat Gruber nicht gelten. «Der Gemeinderat hat natürlich Verständnis dafür, dass Leute verärgert sind, wenn sie Probleme mit ihrem Heizsystem haben», sagt er. «Von ‹Im-Stich-lassen› kann aber keine Rede sein.» Die Gemeinde sei immer bestrebt, dass Anergienetz zu verbessern, so Gruber. «In Kürze werden wir erneut über 100 000 Franken in die Stabilität investieren», so der Gemeinderat. «Wir halten jedoch nochmals fest, dass für optimale Funktionsweise die Regeln und Empfehlungen der Gemeinde beachtet werden sollten.» Oliver Stehlin sagt dazu: «Es ist schön, dass sich die Gemeinde um ein stabiles Netz bemüht, jedoch bleibt die Frage bestehen, wieso die Bewohner für die entstandenen Schäden und Nachinvestitionen in der ‹instabilen› Phase alleine aufkommen sollen.»

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