Kolumne | Diese Woche zum Thema:

Was lässt sich aus der Corona-Krise lernen?

Peter Bodenmann und Oskar Freysinger schreiben bis auf weiteres im Walliser Bote.
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Peter Bodenmann und Oskar Freysinger schreiben bis auf weiteres im Walliser Bote.
Foto: Mengis Media

Quelle: RZ 0

Der ehemalige SP-Schweiz-Präsident und Hotelier Peter Bodenmann und Alt-Staatsrat und Schriftsteller Oskar Freysinger im Wortgefecht.

Peter Bodenmann, ehemaliger SP-Schweiz-Präsident und Hotelier

SVP-Giftpillen: Wenn der Virus nur ein Wolf wär…

Wäre der Corona-Virus ein Wolf, hätten unsere Oberwalliser Parlamentarier in Bern während der letzten Session jede Menge Vorstösse hinterlegt. Und der Staatsrat würde hyperventilieren.

Als erste Organisation hat der Walliser Hotelierverein vor 3 Wochen ein Konzept vorgelegt. Trotzdem liefen weiterhin zu viele mit rosa Brillen durch das Unterholz.

Fredy Bayard hat die Hand so nah am Puls des Geschäftslebens wie wenige. Fredy - wie ihn alle nennen - legte unschweizerisch seine Zahlen auf den Tisch. Und präsentierte ein neues Konzept.

Alle erhalten aus Kurzarbeit 100 Prozent Lohn aufgrund der bisher bezahlten AHV-Beiträge. Damit müssen auch die vielen kleinen Selbstständigen im Wallis keine Angst vor der Zukunft haben. Die Unternehmen erhalten unbürokratisch die notwendigen Kredite. Und müssen diese nur zurückzahlen, wenn sie aufgrund der Steuerrechnungen der Jahre 2018 bis 2022 der Schaden kleiner ist als die beanspruchten Kredite. Missbrauch ist somit ausgeschlossen. Ist doch nicht so schwer zu verstehen.

Wenn die Corona-Krise 4 Monate dauert, kostet das die Schweiz 100 Milliarden Franken. 8 Monate kosten 200 Milliarden Franken. Der Bund kann 146 Milliarden zusätzliche Schulden machen, ohne dass die Schweiz das beste Rating verliert. Die Nationalbank sitzt auf einen Staatsschatz von 750 Milliarden Franken. Das bestreitet in der neuesten, heute erscheinenden Schweizer Illustrierten nicht einmal der neue CS-Chef. Eine Sensation. Die Nationalbank ist eine heilige Kuh. Man muss auch heilige Kühle etwas anmelken, wenn das Land in schweren Zeit Milch, Butter und Käse braucht.

Die Bundesräte Parmelin und Maurer haben viel zu lange geschlafen. Und jetzt wollen sie den Walliser Unternehmen nur süsse, rückzahlbare Giftpillen verabreichen. Das ist wirtschaftlich Mord in Raten.

Der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann beschreibt in der NZZ die Gefahren; «Falls wir in ein paar Wochen nicht zur Normalität zurückkehren, ist die Gefahr anhaltender Schäden für die Wirtschaft sehr gross. Mit anderen Worten könnte eine Konkurswelle drohen, die zu schnell steigender Arbeitslosigkeit und zu grossen Kreditausfällen führen würde. Dies würde die Banken massiv schwächen. Sie müssten nicht nur Firmenkredite abschreiben, sondern auch damit rechnen, dass viele Hypothekarschuldner wegen der steigenden Arbeitslosigkeit ihre Zinsen nicht mehr bezahlen könnten.»

Als erster Walliser Parlamentarier ist Beat Rieder erwacht. Er ist endlich einer von uns. Christophe Darbellay hat das Problem immer noch nicht ganz begriffen. Genau so wenig wie die übrigen Walliser Parlamentarier. Wie lange brauchen sie?


Oskar Freysinger, ehemaliger SVP-Staatsrat und Schriftsteller

Bittere Lehrzeit

Manche unter uns haben das Märchen von der grenzenlosen Öffnung geglaubt. Und siehe da: ein Winzling von einem Virus zwingt uns nun dazu, alle, aber auch wirklich alle anscheinend nichtexistierenden Grenzen zu schliessen. Ich meine damit unsere persönlichsten Grenzen, die Grenzen unseres Körpers, unserer Wohnung und unseres Quartiers. Jeder von uns steckt sozusagen in einem Ein-Mann-Ghetto. Konsum und Bewegungen sind massiv eingeschränkt. Erlaubt sind höchstens der Auslauf zum Zigarettenrauchen, Singen oder Klatschen auf dem Balkon, Gassi-gassi mit dem Hund, der Sprung mit Maske und Handschuhen in die Migros oder zum Apotheker.

Wir hocken grenzenlos begrenzt wie Gefangene in unseren Behausungen, ohne dass die Grenze zum Hauptinfektionsherd Europas, zur Lombardei, dichtgemacht wurde. Gerechtfertigt wird dieser Umstand durch die Behauptung, dass sich der Virus nicht durch Grenzen aufhalten lasse. Warum dann die Quarantänen? Die Eingrenzung und Abkapselung der Menschen? Die Sicherheitsdistanz? Also doch Grenzen, Sperrgürtel, Schutzschneisen zur Eindämmung des Virus! Weil der nicht von selber auf Reisen geht, sondern von Menschen verbreitet wird!

Zudem war der Vorbereitungsgrad auf die Katastrophe gleich null! Mein Nachfolger in der Regierung – nun selber vom Virus infiziert – hat die von mir in die Wege geleitete Erarbeitung von Katastrophenszenarien und Notmassnahmen im sanitären, sicherheitspolitischen, ernährungstechnischen und energetischen Bereich kurz nach seinem Amtsantritt als nutzlos abgeblasen. Wieso vorbeugen, wenn es mit Heilen auch geht?

Doch das Schlimmste könnte uns noch bevorstehen: jetzt gilt es zu verhindern, dass auf die sanitäre Notlage eine wirtschaftliche und soziale Katastrophe folgt, die noch viel mehr Schaden anrichten könnte als der Virus selber (Konkurse, Weltwirtschaftskrise, Suizide, soziale Unruhen, Gewalt, Hunger, Kriege usw.).

Im Gegenteil zur EU, die schon vor der Corona-Krise bankrott war, gibt es in der Schweiz noch Handlungsspielraum. Um diesen auszuschöpfen muss die Kurzarbeitsentschädigung unbedingt auf 100% angesetzt werden und ab dem ersten Tag gelten. Dann braucht es Krisendarlehen, die – unter strenger Kontrolle – je nach Härtefall nur teilweise oder gar nicht zurückbezahlt werden müssen. Da die Regierung die jetzige Misere zum Teil mitverschuldet hat ist es nur recht und billig, dass sie den Bürgern das Geld, das diese in die Staatskasse einbezahlt haben, nun auch zugutekommen lässt. Denn die vollsten Staatskassen sind bald einmal leer, wenn die Wirtschaft vor die Hunde geht.

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