Justiz | Zürcher Bezirksgericht: CVP-Staatsrat muss sich Berichterstattung über aussereheliches Kind «gefallen lassen»
Darbellays Integrität ist von öffentlichem Interesse
Zürich / Wallis | Christophe Darbellay wollte einen Bericht der «Weltwoche» unter dem Deckel halten. Nun ist er damit vor dem Zürcher Bezirksgericht abgeblitzt. Die Öffentlichkeit habe ein Recht zu wissen, ob er seine Wahlversprechen halte.
Er wählte die offensive Variante. In einem Interview im «SonntagsBlick» gestand Christophe Darbellay im Spätsommer 2016 einen Seitensprung mit Folgen. Er habe das aussereheliche Kind anerkannt und die finanziellen Verpflichtungen geregelt, beteuerte er. Und er entschuldige sich bei seiner Familie und den Freunden sowie bei den Wählerinnen und Wählern. Diese glaubten und verziehen dem CVP-Mann und wählten ihn im März 2017 in die Walliser Regierung. Politisch schien Darbellay aus dem Schneider.
Die Geschichte holt den langjährigen CVP-Präsidenten nun aber immer wieder ein, was ihm so gar nicht passt. Mit einer superprovisorischen Massnahme wollte er deshalb im März einen entsprechenden Artikel der «Weltwoche» verhindern – darin war unter anderem von seinem Rechtsstreit mit der Kindsmutter die Rede. Bei der Verhandlung vor Gericht einen Monat später hat Darbellay deshalb ersucht, diese Massnahme aufrecht-zuerhalten. Ohne Erfolg.
In seinem Entscheid von Anfang Mai, der auch dieser Zeitung vorliegt, kommt das Bezirksgericht Zürich zum Schluss, dass die superprovisorische Massnahme aufzuheben ist. In der Interessenabwägung musste der Richter darüber urteilen, ob der Schutz von Darbellays Privat- und Intimsphäre oder das öffentliche Interesse einer Berichterstattung höher zu gewichten ist. Das Zweite überwiegt einhellig.
Das öffentliche Interesse leitet der Richter denn auch aus der Art und Weise ab, wie der medienprofilierte Politiker damals sein «Geständnis» ablegte. Zum einen habe Darbellay mit dem Interview im «SonntagsBlick» sein aussereheliches Kind, dessen Anerkennung oder die finanziellen Verpflichtungen «selber zum öffentlichen Thema» gemacht. Und weil, zweitens, seine Entschuldigung im Vorfeld der Walliser Staatsratswahlen direkt an die Wählerinnen und Wähler gerichtet war, habe die Öffentlichkeit heute durchaus ein Interesse daran zu wissen, wie es um dieses Versprechen denn nun steht. «Vorliegend im öffentlichen Interesse steht die persönliche Integrität eines Familien-Politikers», heisst es im Urteil.
18 000 Franken für Gerichtskosten und Entschädigung
Selbst auf Darbellays Einwand, dass seine Familie unter der Berichterstattung leiden würde, ging das Gericht nicht weiter ein. Mögliche negative Auswirkungen für sein privates Umfeld seien zu relativieren, weil Darbellay sein eigenes Familienleben bereits in den Jahren vor Bekanntwerden seiner Affäre stark in die Öffentlichkeit getragen habe – etwa in «Homestories» der «Schweizer Illustrierten». Das juristische Kräftemessen mit der «Weltwoche» kommt den Walliser Bildungsdirektor nun teuer zu stehen. Nebst einer Parteientschädigung in der Höhe von fast 10 000 Franken muss er die Gerichtskosten von 8000 Franken übernehmen. Die einstweilige Verfügung wird erst aufgehoben, wenn das Urteil rechtsgültig wird.
Die Frage, ob er den Entscheid an das Zürcher Kantonsgericht weiterzieht, liess Darbellay gestern unbeantwortet. Gleichzeitig liess er offensichtlich ausgewählten Medien ein Communiqué zukommen, worin er angibt, gegen die «Weltwoche» eine Klage wegen Persönlichkeitsverletzung einzureichen. Offenbar wählt er erneut die offensive Variante.
David Biner
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