Am Montag geht es los | Die Ausserbergerin Alexandra Lengen, 24, steht vor ihrer ersten Hochjagd. Und, nervös?
«Ich setze mich nicht unter Druck»
AUSSERBERG | In der 24-jährigen Alexandra Lengen, die vor ihrem letzten Semester als Jus-Studentin an der Uni Freiburg steht, fliesst Jägerblut. In ihrer Familie hat Jagd Tradition, die sie nun selber leben will.
Alexandra Lengen, Sie sind in diesen Tagen oft mit dem Fernglas in Wäldern unterwegs. Konnten Sie Wild beobachten?
«Ja. Wir haben Hasen, Füchse und Gämsen gesichtet.»
Es heisst, das Wild werde mehr und mehr von Outdoor-Aktivitäten des Menschen gestört. Wie nehmen Sie das wahr?
«Das Wild ist unter Druck, das ist richtig. Ein Dorn im Auge ist mir das wilde Campieren im Wald, das sich in der Region Ausserberg in den letzten Jahren vermehrt beobachten lässt. Wenig Verständnis habe ich auch für Mountainbiker, die ihre Fahrräder bis über die Waldgrenze hochschultern, um dann die steilsten Hänge und Felspartien runterzurasen. Hier wäre handeln der Verantwortlichen angezeigt, als Privatperson kannst du nichts dagegen unternehmen.»
Es wäre also mehr Reglementierung angezeigt?
«Es wäre besser, jetzt zu handeln, wo sich der Mensch mehr und mehr das Recht herausnimmt, kreuz und quer durch die Wälder zu rennen oder zu fahren. Wenn sich dieses Verhalten erst mal etabliert hat, wird es zu spät sein.»
In welchen Gebieten halten Sie vor der Jagd nach Wild Ausschau?
«Das ist unterschiedlich. Mal fahren wir ins Goms, dann sind wir wieder in der Region Ausserberg am ‹Spiegeln›. In Gebieten, in denen wir später auf die Pirsch gehen.»
Wer begleitet Sie auf Ihren Erkundungsausflügen?
«Ich begleite meinen Vater. Ich bin Jägerin in der dritten Generation. Bereits der Grossvater ging zur Jagd, in seine Fussstapfen trat mein Vater, und nun habe auch ich die Ausbildung zur Jägerin absolviert. Ich jage mit meinem Vater, weil ich von seiner Erfahrung profitieren kann. Er kennt das Jagdgebiet wie seine Hosentasche.»
Sie leben also bewusst eine Familientradition weiter?
«Wenn ich keine Freude an der Jagd hätte, würde ich die Tradition nicht weiterführen. Wenn man von klein auf im Umfeld von Jägern aufwächst, wird man leicht vom Jagdvirus infiziert. Man hat von Kind auf miterlebt, wie die Jäger die erlegten Tiere nach Hause brachten oder vor der Jagd zum ‹Spiegeln› gingen. In dieser Atmosphäre aufzuwachsen, war schön. Während der Jagd herrschte in unserer Familie jeweils ein Ausnahmezustand. Dieses Gefühl hat mich gepackt, sodass ich ein Teil davon werden wollte.»
Sie gehen erstmals zur Hochjagd. Haben Sie zuvor schon ein Tier erlegt?
«Ich nahm seit Erlangung des Jagdpatentes schon an Niederjagden teil. An meiner ersten Diana-Versammlung hatte ich das Glück, dass die Steinbock-Lose neu gemischt wurden. Ich zog einen dreieinhalbjährigen Steinbock und durfte ihn in Begleitung meines Vaters erlegen.»
Am Montag beginnt die Jagd, steigt bei Ihnen das Jagdfieber?
«Wenn mir in der vergangenen Woche jemand gesagt hätte, du kommst ins Jagdfieber, hätte ich gelacht und geantwortet: Sicher nicht. Mittlerweile hat sich das geändert. In meinem Innern kommen immer wiederkehrende Fragen hoch, ob mir wohl das Jagdglück hold ist und ob wir wohl gesund von den Jagdausflügen zurückkehren. Dieses leise Zittern ist wohl das, was mit Jagdfieber gemeint ist.»
Welche Jagdziele haben Sie sich gesteckt?
«Unsere Philosophie ist nicht, so viel Fleisch oder so viele Trophäen wie möglich heimzutragen. Wir wollen gesund von der Pirsch zurückkehren. Aber natürlich wollen auch wir nicht mit leeren Händen dastehen. Es geht darum, eine schöne Zeit zu erleben, für die man schliesslich auch Urlaub genommen hat. Steckt man sich zu hohe Ziele, setzt man sich unter Druck. So kann man sich die Jagd ganz schön verbocken.»
Sie sind angehende Juristin. Haben Sie die Zangengeburt des revidierten Jagdgesetzes mitverfolgt?
«Eher wenig. Was ich begrüsse, ist, dass die gegenseitige Anerkennung der Jagdpatente unter den Kantonen von den Räten abgelehnt wurde. Die Revierjäger hätten uns Patentjägern nichts Gleichwertiges anzubieten gehabt.»
Ein weiteres grosses Thema bei der Jagdgesetzrevision war der künftige Umgang mit dem Wolf, der sich ja auch mit den Jägern die Beute streitig macht.
«Ein schwieriges Thema. Die Lötschberg-Südrampe war bislang im Gegensatz zu den Schattenbergen, dem Lötschental oder dem Goms verschont von längeren Präsenzen des Wolfes. Will man mit dem Wolf koexistieren, braucht es Regulationsinstrumente. Der Bestand des Wolfs muss reguliert werden können. Bislang war das von Gesetzes wegen nicht möglich. Das neue Gesetz lässt die Bestandsregulation zu, das ist eine gute Richtung.»
Am Montagmorgen beginnt die Hochjagd. Erst Hirsch oder Gämse?
«Das wird sich noch zeigen. Bis Sonntagabend vor der Jagd sollte sich der Jäger alles offenhalten.»
Mit welcher Art Gewehr legen Sie auf Hirsch und Co. an?
«Ich habe die alte Büchse meines Vaters übernommen, er hat sich ein neues Gewehr zugelegt.»
Interview: Norbert Zengaffinen
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