Mobilfunk | Geplante Funkantenne in Ried-Brig stösst auf Widerstand
Landwirt sorgt sich um Anwohner und Kühe

Besorgt. Landwirt Dominic Eggel vor dem Dach des Werkhofs (Gebäude hinten links), wo die Mobilfunkantenne entsteht.
Foto: Walliser Bote
Ried-Brig | Die Mobilfunkversorgung in Ried-Brig lässt zu wünschen übrig. Die Swisscom will den Empfang mit einer Antenne beim Werkhof verbessern. Pikant: Die Grossanlage verfügt über eine Leistungskapazität von bis zu 10 000 Watt und soll ein Gebiet über die Gemeindegrenzen hinaus abdecken. Das weckt Gesundheits-bedenken.
Der Mobilfunkempfang in Ried-Brig ist für viele Einwohner seit Jahren ein Ärgernis. Besonders in den Quartieren im östlichen Dorfteil ist telefonieren mit dem Handy daheim oft nur eingeschränkt möglich. Bei der Gemeinde und der Swisscom gehen deshalb regelmässig Reklamationen ein, wie Gemeindepräsident Urban Eyer bestätigt. «Wir müssen unbedingt etwas gegen die schlechte Abdeckung machen», so Eyer weiter.
Fast das ganze Dorf ist einspracheberechtigt
Das Problem soll mit dem Bau einer Antenne behoben werden. Die Gemeinde stellt der Swisscom dafür das Dach des Werkhofgebäudes in der Gewerbezone zur Verfügung. Der entsprechende Mietvertrag wurde vor Monaten unterzeichnet. Vorgesehen ist eine sogenannte Makroantenne mit einer Maximalleistung von 10 000 Watt mit 5G-Standard. Eine Zahl, die im Dorf zu reden gibt. Viele Menschen haben Gesundheitsbedenken. In Schlagdistanz zur Gewerbezone stehen gleich mehrere Wohnblöcke und Häuser. CVPO-Grossrat und Landwirt Dominic Eggel hegt deshalb grosse Bedenken, was die gesundheitlichen Auswirkungen für die Einwohner anbelangt. «Wie leistungsstark die geplante Antenne ist zeigt schon nur, dass Anwohner in einem Radius von 1,3 Kilometern einspracheberechtigt sind – also rund 95 Prozent der Einwohner von Ried-Brig», so Eggel. Mit der Makroantenne würde der Mobilfunkempfang auch in Termen und im oberen Teil von Naters deutlich verbessert. Das kann Eggel nicht nachvollziehen: «Ich bin ja auch der Meinung, dass das Mobilfunknetz in Ried-Brig ausgebaut werden muss. Aber dass man dabei gleich eine ganze Region abdecken will und so die lokale Bevölkerung einer stärkeren Strahlung aussetzt? Für mich unverständlich!» Er plädiert für mehrere kleinere, auf die Region verteilte Anlagen.
Die Swisscom ihrerseits betont gegenüber dem «Walliser Boten», dass sie bei der geplanten Antenne die Immissionsgrenzwerte einhält: «In der Schweiz gelten strenge gesetzliche Rahmenbedingungen, die in der NISV (Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung) geregelt sind.» Grenzwerte, die die Telekommunikationsunternehmen in der Schweiz schon seit Jahren aufweichen wollen – auch die Swisscom. Eine entsprechende Anpassung ist in Bundesbern mehrmals knapp gescheitert. Die Schweizer Telekom-Konzerne forderten dabei eine Verdopplung, Verdrei- oder gar Verfünffachung des Grenzwerts von fünf Volt pro Meter für Anlagen an Orten mit empfindlicher Nutzung (Omen): Darunter fallen Wohn-, Schlaf-, Schul-, und Krankenzimmer und bestimmte Kinderspielplätze sowie Innenraum-Arbeitsplätze.
Weniger, aber dafür leistungsstärkere Anlagen wären für die Telekom-Unternehmen einerseits kostengünstiger. Andererseits wäre es so möglich, das Netz schneller 5G-kompatibel zu machen, indem bereits bestehende Anlagen aufgerüstet würden. Aus Eggels Sicht ein unnötiges Experiment mit der Gesundheit der Menschen.
Eggel fürchtet Schaden für seinen Betrieb
Der Vollzeit-Landwirt hat aber auch beruflich Bedenken. Sein Betrieb liegt etwa 200 Meter westlich des Werkhofs und ist auf Milchwirtschaft und Aufzucht spezialisiert. «Ich weiss nicht, wie die Kühe auf die Strahlen reagieren werden», so Eggel. Die Tiere würden sehr sensibel auf externe Einflüsse reagieren. Beispielsweise auf Kriechstrom. «Da haben Messungen ergeben, dass bereits kleine, vom Menschen nicht wahrnehmbare Dosen, ausreichen, dass die Kühe keine Milch mehr geben», führt Eggel aus, «Und auch bei Mobilfunkstrahlen gibt es wissenschaftliche Belege dafür, dass sie sich negativ auf die Tiere auswirken. Ich befürchte, dass die Fruchtbarkeit meiner Kühe dadurch abnimmt und die Milchqualität aufgrund einer höheren Zellzahl sinkt.»
Ganz anders sieht man dies bei Swisscom: «Die aktuelle Wissenschaft geht nicht davon aus, dass eine Gefährdung der Gesundheit durch die hochfrequenten Felder von Mobilfunknetzen ausgeht.»
5G unterscheide sich dabei von der Art der ausgesendeten Signale nicht grundsätzlich von älteren Technologien wie 3G oder 4G. Zudem werde 5G vorerst in den gleichen Frequenzbereichen betrieben wie die Vorgängertechnologien. «Die Erkenntnisse aus den zahlreichen Studien zu 3G und 4G sind daher also auch prinzipiell auf 5G anwendbar. Und aufgrund dieser Studien – es sind Tausende – geht die Wissenschaft nicht von einer Gefährdung unterhalb der aktuellen Grenzwerte aus», schreibt Swisscom weiter.
Zahlreiche Studien weisen Effekte nach
Auf der anderen Seite gibt es jede Menge Studien, die Mobilfunkstrahlen einen negativen Effekt auf die Gesundheit attestieren.
2011 stufte die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO die Strahlung als «möglicherweise krebserregend» ein, nachdem in Studien bei Vieltelefonierern ein erhöhtes Hirntumorrisiko festgestellt wurde.
Eine teure Studie in den USA im Auftrag der amerikanischen Behörden kam im vergangenen Jahr zum Ergebnis, dass Mobilfunkstrahlen bei männlichen
Ratten die Entwicklung von Hirn- und Herztumoren fördern.
Eine von allen Seiten anerkannte Studie brachte hervor, dass die Strahlen das Gewebe aufwärmen. Die Langzeitauswirkungen von Mobilfunkstrahlen sind noch kaum erforscht: Aus diesem Grund setzt sich Peter Kälin, Präsident von Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) für eine strahlenminimierte Mobilfunkversorgung ein. Ein Netz aus mehreren schwächeren Antennen führt zu einer geringeren Strahlenemission.
Ein entsprechender Netzausbau ist jedoch ein schwieriges Unterfangen – wie sich alleine in Ried-Brig zeigt. Dort wurden in den vergangenen Jahren drei Antennen-Projekte der Swisscom abgeschmettert – und ein weiteres von Sunrise vehement bekämpft. Letzteres, eine Anlage vis-à-vis des Schulhauses, wurde inzwischen auf dem Dach des Restaurants Simplon installiert. Die Swisscom-Antenne dürfte hingegen noch eine Weile auf sich warten lassen. Die Einsprachefrist läuft noch bis am 20. August.
Martin Schmidt
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