Vor zwei Jahren | SBB-Mitarbeiter zog sich bei Instandhaltungsarbeiten schwere Verbrennungen zu
Sicherheitsdefizite führten zu Starkstrom-Unfall

Ein Fahrleitungsmonteur der SBB wurde bei einem nächtlichen Arbeitseinsatz durch einen Störlichtbogen schwer verletz.
Foto: Daniel Berchtold
Visp | Vor zwei Jahren hat sich entlang der Bahngleise auf der Strecke zwischen Visp und Raron ein Starkstrom-Unfall ereignet, bei dem ein Mann schwer verletzt wurde. Nun liegt zum Unglücksfall der Schlussbericht der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST vor.
Der Starkstrom-Unfall hat sich in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 2017 um 1.30 Uhr bei Instandhaltungsarbeiten an einer Fahrleitung zugetragen. Zum Unglück ist es gemäss Dokumentation der SUST gekommen, als ein SBB-Mitarbeiter versuchte, bei einer Fahrleitung einen Isolator auszutauschen. «Der Monteur war sich sicher, dass die Fahrleitung dem Auftrag entsprechend ausgeschaltet und geerdet war», schreibt die SUST. «Er war sich bewusst, dass die benachbarten Gleise in Betrieb waren und die zugehörigen Fahrleitungen unter Spannung standen.»
Beim Annähern mit einem Werkzeug an die betroffene Fahrleitung sei jedoch ein Störlichtbogen entstanden, durch den der heute 27-jährige Fahrleitungsmonteur schwer verletzt wurde.
Schwere Verbrennungen
Der verunfallte Mann musste mit schweren Verbrennungen an Gesicht, Hand und Unterarm ins Spital gebracht werden. Ein Schutzmantel sowie ein Helm haben ihn vor schlimmeren Verletzungen geschützt. Ein orangefarbenes T-Shirt aus Kunstfasern, welches der Verunfallte ebenfalls trug, sei hingegen eine indirekte Gefahr für den Mitarbeitenden gewesen. Er könne von Glück reden, dass er im Bereich des T-Shirts keine Verbrennungen erlitten habe, wurde der Mann später von den behandelnden Ärzten informiert. Wären die Kunstfasern seines T-Shirts nämlich geschmolzen, hätten sich diese mit der Haut verklebt, wodurch die Verletzungen verschlimmert und eine Behandlung erschwert worden wäre.
Ein weiterer Mitarbeiter, der ebenfalls beim Unfall zugegen war, wurde durch den Lichtbogen stark geblendet, weswegen seine Sehkraft temporär vermindert und seine Gesichtshaut wie bei einem Sonnenbrand gerötet war. Ein Augenarzt stellte beim heute 21-jährigen Mann jedoch keine bleibenden Schäden fest.
Mehrere Sicherheitsdefizite
Zum Starkstrom-Unfall ist es gekommen, so die SUST weiter, weil eine Fahrleitung im Arbeitsbereich des SBB-Mitarbeitenden unter Spannung stand. Eine nur allgemein gestaltete und nicht auf die konkreten Arbeiten ausgerichtete Risikobeurteilung, ein nicht eindeutiger Auftrag, welcher zudem nicht ausführbare
Instandhaltungsarbeiten beinhaltete, eine fehlende Begehung vor Ort während der Vorbereitungsphase sowie fehlende Instruktionen an die Mitarbeitenden vor den Ausführungen bei der Arbeitsstelle sind gemäss SUST weitere Ursachen, welche zum Unfallgeschehen beigetragen haben.
Ferner heisst es im Schlussbericht, dass die sogenannten «5+5 lebenswichtigen Regeln im Umgang mit Elektrizität» nicht vollständig und konsequent eingehalten wurden und dass das Sicherheitsdispositiv weder Hinweise noch Massnahmen bezüglich eines unter Spannung stehenden Fahrleitungsteils in der Arbeitsstelle beinhaltete. Auch sind die Fahrleitungen nicht allseitig der Arbeitsstelle geerdet worden.
Perrine Andereggen
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