Wirtschaft | Kanton Wallis weist Vorwürfe zurück

«Unlautere Berechnungsgrundlage»

Treiber. Die hohe Arbeitslosenquote bei den Walliser Erntehelfern treibt den Schweizer Schnitt nach oben.
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Treiber. Die hohe Arbeitslosenquote bei den Walliser Erntehelfern treibt den Schweizer Schnitt nach oben.
Foto: Keystone

Quelle: WB 23.07.18 0
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Die Kritik am «Inländervorrang light» flacht nicht ab. Besonders laut wird sie bei Berufen, in denen die Arbeitslosigkeit nur aufgrund einiger weniger Regionen über den meldepflichtigen 8 Prozent liegt. So zum Beispiel bei den landwirtschaftlichen Gehilfen, bei denen 57 Prozent der schweizweiten Arbeitslosen im Wallis registriert sind. Der Schweizerische Bauernverband verlangt eine Anpassung.

Liegt die Arbeitslosigkeit in einem ­Berufsfeld schweizweit über 8 Prozent, müssen offene Stellen seit dem 1. Juli bei den Regionalen Arbeits­vermittlungszentren (RAV) gemeldet werden. Die daraus folgenden Abläufe bedeuten einen bürokratischen ­Aufwand, der besonders in Regionen kritisiert wird, in denen die Arbeitslosigkeit in den betroffenen Berufs­feldern weit unter der 8-Prozent-Marke liegt.

Wallis als Sündenbock

Einer der leidtragenden ist der Schweizerische Bauernverband. Verbandspräsident Markus Ritter äusserte ­vergangene Woche in der «SonntagsZeitung» seine Frustration darüber, dass in der Schweiz 25 Kantone ­ausbaden müssten, was im Wallis schieflaufe. Gemäss Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) sind 57 Prozent der schweizweiten arbeitslosen Bauernhelfer im Wallis registriert. Ohne Wallis läge die landesweite Arbeitslosenquote in dieser Berufsgattung somit bei gerade mal 4,7 Prozent – mit dem Wallis sind es 9 Prozent.

Peter Kalbermatten, Chef der kantonalen Dienststelle für Industrie, Handel und Arbeit (DIHA), widerspricht der Darstellung des Wallis als alleiniger Sündenbock. Diese Aussage sei schlichtweg falsch: Denn mit Neuenburg, Schaffhausen, dem Tessin und der Waadt gäbe es noch weitere Kantone, in denen der Schwellenwert von 8 Prozent überschritten werde.

Ritter sieht die Ursache für die hohe Quote im Wallis in einer dort etablierten Praxis, Erntehelfer in der Arbeitslosenversicherung überwintern zu lassen, anstatt dass sie wie in anderen Kantonen Ende Saison in ihr Heimatland zurückkehren würden. «Landwirtschaftliche Hilfskräfte, die Anspruch auf Taggelder haben, werden diese nicht nur im Wallis, sondern in allen Kantonen geltend machen», erwidert Kalbermatten auf diesen Vorwurf und ergänzt: «Die Abklärung der Anspruchsberechtigung hat nach gesamtschweizerischen bundesrechtlichen Vorgaben zu erfolgen. Wenn deshalb die Aussage von Herrn Ritter die Anspielung beinhalten soll, dass andere kantonale Vollzugsbehörden die ausländischen Arbeitskräfte in jedem Fall vom Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ausschliessen und diese in der Zwischensaison zur Rückkehr in ihr Heimatland bewegen, ist das sicher falsch.» Ein solcher Export der Arbeitslosigkeit würde überdies das Personenfreizügigkeitsabkommen verletzten.

Nicht die erste Kritik

Der Kanton Wallis steht nicht zum ersten Mal aufgrund der hohen Rückrufquote (42 Prozent, 2016) in der Kritik. Bereits mehrfach sahen sich die Arbeitgeber der saisonal stark schwankenden Branchen wie dem Baugewerbe, dem Tourismus oder der Landwirtschaft mit dem Vorwurf konfrontiert, sie würden einen Teil ihrer Mitarbeiter auf Kosten der Arbeitslosenversicherung «überwintern» lassen. Auch im Kampf gegen diese Praxis wurde im Herbst 2016 vom SECO gemeinsam mit der DIHA das Pilotprojekt «Saisonalität» ins Leben gerufen (mehr dazu im Kontextkasten).

Dass im Wallis im Jahresschnitt beinahe die Hälfte der Bauernhelfer arbeitslos sind, sieht Kalbermatten entsprechend in der Saisonalität begründet. Dieses Argument lässt man seitens des nationalen Bauernverbands jedoch nicht gelten. Auf das Baugewerbe möge dies zutreffen. Doch die während der sommerlichen Erntezeit anfallenden Arbeiten seien in allen Kantonen vergleichbar, weshalb der grosse Unterschied in der Landwirtschaft nicht auf diese Weise begründbar sei.

Demzufolge müsste im Wallis eine andere Praxis bei der Vergabe von Aufenthaltsbewilligungen vorherrschen: Offensichtlich erhält in anderen Kantonen ein deutlich grösserer Anteil der Bauernhelfer eine Kurzaufenthaltsbewilligung (Ausweis L), deren Gültigkeitsdauer der Länge des Arbeitsvertrages entspricht und aus der im Anschluss keine Sozialversicherungsansprüche entwachsen. Bauernhelfer im Wallis hingegen erhalten häufiger eine Aufenthaltsbewilligung mit Anspruch auf Sozial­versicherungsleistungen.

Unlautere Zahlen?

Ritter fordert eine gesonderte Berechnung der Arbeitslosenquote für Kantone, in denen die Arbeitslosigkeit bei den Hilfsbauern unter der 8-Prozent-Grenze liegt: Dort entstehe dadurch bloss ein unnötiger, bürokratischer Mehraufwand. Eine kantonale Berechnung ist jedoch gemäss SECO kaum möglich. «Beträgt die Anzahl der Erwerbstätigen in einer einzelnen Berufsart weniger als 900 Personen, so weist die entsprechende Arbeitslosenquote keine hinreichende statistische Zuverlässigkeit auf», beantwortet das SECO die entsprechende Anfrage. Dies treffe auch für die Berufsart der landwirtschaftlichen Hilfsarbeitskräfte zu. Deshalb wären die in den Schweizer Medien zitierten, kantonalen Arbeitslosenquoten bei den land­wirtschaftlichen Gehilfen «unlauter und zu relativieren», hält Kalber­matten fest.

Eine gesamtschweizerische Arbeitslosenquote bringe darüber hinaus einen einfachen und effizienten Vollzug der Stellenmeldepflicht mit sich, verhindere regionale Umgehungen und trage auch der Mobilität der Arbeitssuchenden Rechnung. Regionale Quoten würden den Aufwand der öffentlichen Arbeitsvermittlung unverhältnismässig erhöhen, wird vonseiten des SECO weiter argumentiert.

Das Gesetz sei auch ganz im Sinne der «Masseneinwanderungsinitiative», so Kalbermatten: Inländische Stellensuchende würden einen kleinen zeitlichen Informationsvorsprung erhalten. Diesen müssten sie in der ganzen Schweiz haben. «Deshalb finde ich es auch richtig, dass zum Beispiel die Rekrutierung von Servicepersonal in der Innerschweiz der Meldepflicht unterliegt, damit eben auch Stellensuchende aus anderen Kantonen ihr Dossier dort hinterlegen können», sagt Kalbermatten.

Martin Schmidt
23. Juli 2018, 17:24
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