Achtung Arglist | Von Sébastien B. bis zu Loredana Zefi – immer die gleiche Masche
«Wer einmal bezahlt, hat schon verloren»

Der Teufel trägt Prada. Oder Gucci, oder sonst was Teures. Die Rapperin Loredana soll zwei Oberwalliser betrogen haben.
Foto: Keystone
Opfer und Täter variieren, die Masche ist meist dieselbe: Zuerst das Vertrauen, dann das Vermögen. Dann die Würde. Warum es für Betroffene so schwer ist, sich aus dem Schwindel-Strudel zu befreien.
Der Enkeltrick, einnehmende Chat-Liebhaber, falsche Versprechungen. Die Walliser Kantonspolizei warnt gefühlt mindestens einmal im Quartal vor den neusten Trends in der stets wachsenden Tricks- und Betrugsbranche. Wurde man früher auf der Reise nach Rimini vor Taschendieben und Hütchenspieler an italienischen Autobahnraststätten gewarnt, wimmelt es heute an jeder Ecke des Internets von Betrügern, die unbehelligt ihre Fallstricke auslegen.
«Dann zahlen sie weiter und weiter, als wollten sie diese Scham irgendwie kompensieren»
Rechtsanwalt Harald Gattlen
Es sind nicht alle Fälle so spektakulär wie jener von Loredana Zefi, Rapperin mit einem Millionen-Publikum auf den sozialen Netzwerken, die – gemeinsam mit einem ihrer Brüder – ein Oberwalliser Paar um rund 900 000 Franken betrogen haben soll. Es gibt auch die Fälle des Alltags mit kleineren Delikt-Summen. Und vor allem: Es gibt eine nur schwer abschätzbare Dunkelziffer. Oft ist die Scham, jemandem auf doch eher dümmliche Weise auf den Leim gekrochen zu sein, gefühlt höher als die verlorene Summe Geld.
Es ist genau dieses Schamgefühl, das die Opfer meist dazu treibt, weiterhin den Geldforderungen der Betrüger nachzukommen. Eine Beobachtung, die auch Harald Gattlen oft macht. Als Rechtsanwalt hat er schon mehrfach die Opfer in Betrugsfällen vertreten. «Meistens merken die Opfer, dass sie bei der ersten Zahlung wohl eine Dummheit gemacht haben», hält Gattlen allgemein fest. «Aber dann zahlen sie weiter und weiter, als wollten sie diese Scham irgendwie kompensieren. Die Dynamik, die dadurch entsteht, wird von den Tätern dann skrupellos ausgenützt.»
So zahlte ein Oberwalliser Pfarrer über Monate hinweg immer wieder Beträge in unterschiedlicher Höhe an die Bittsteller (siehe Spalte rechts). Dem Oberwalliser Paar ging es bei Loredana genauso: «20 Minuten» hat vergangene Woche aufgezeigt, wie sie immer und immer wieder unter den skurrilsten Vorwänden von der Rapperin aufgefordert wurde, Geld zu liefern. Auch das nicht untypisch. «Im Strudel gefangen», so Gattlen, «hoffen die Opfer, dass bei der nächsten Zahlung endlich alles geregelt sei.» Genau das sei jedoch das Problem, weil die Betrüger die vermeintlichen Zurückzahlungen des «geliehenen» Geldes von immer wieder neuen Bedingungen abhängig machen. Gattlens Fazit aus seiner Erfahrung als Rechtsanwalt: «Wer in solchen Fällen einmal bezahlt, hat schon verloren.» Bei Loredana und dem Oberwalliser Paar wird es in einem allfälligen Verfahren nun entscheidend sein, ob die Rapperin bei ihrem Vorgehen ein entsprechendes Mass an Arglistigkeit an den Tag gelegt hatte. Und wie hoch die Selbstverschuldung der Opfer ist.
David Biner
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