DER TAGESKOMMENTAR | Wahlen 2019 – Lob der Langeweile
Die Biederen

Armin Bregy, publizistischer Leiter.
Foto: mengis media
Der Wahlkampf biegt auf die Zielgerade ein. Es ist so weit keine Kampagne, die uns gefesselt hat. Und keine, die gross nachhallen wird. Klar: Da war das Wurmplakat der SVP, das provozierte und für kalkulierte Empörung sorgte. Oder die kontroverse Online-Kampagne der CVP, die die Gemüter für einige Klicks erhitzte. Aber ansonsten waren die Debatten sachlich. Und fair.
So auch am Donnerstagabend im neuen Studio Barrique der Mengis Medien. Sozialdemokrat Mathias Reynard und der freisinnige Philippe Nantermod reisten zusammen in einer Fahrgemeinschaft nach Visp. Vor der Debatte wird angestossen, nach der Debatte sowieso. Die politischen Fronten sind durchlässig, parteiübergreifende Freundschaften allgegenwärtig.
Anders im Ausland. Politiker inszenieren sich, nicht fähig zum Kompromiss. Politische Ideen sind a priori schlecht, kommen sie aus dem falschen Lager. Und steigt man doch in den Diskurs ein, wird auf den Mann gespielt. Die Funktionäre agieren in politischen Blasen, verlieren die Bodenhaftung. Auf der Strecke bleibt die Sachpolitik. Und das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik.
Es ist nicht so, dass diese Tendenz in der Schweiz nicht auch vorhanden wäre. Aber wir haben ein Mittel dagegen: das Milizsystem. Es erdet die Politikerinnen und Politiker, verzahnt die Zivilgesellschaft mit dem Staat. Es mag sein: Im Vergleich zum Ausland politisieren wir Schweizer langweilig, fast schon bieder. Zum Glück.
Armin Bregy
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