Ice Climbing | Der Weltcup im Parkhaus von Saas-Fee schrieb in 20 Jahren viele Geschichten – ein Rückblick von A bis Z
«Wir haben den Griff nie verloren»

OK-Präsident Kurt Arnold mit der neu installierten Ehrentafel für die Sieger.
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A Anthamatten Simon: Der einzige Schweizer Sieger (2008, Lead). Zusammen mit Bruder Samuel und Patrick Aufdenblatten sorgte er in den Anfangsjahren für viel Begeisterung. «Halb Zermatt war hier, das hat den Anlass enorm gepusht», hält OK-Präsident Kurt Arnold fest.
B Budget: Die Ausgaben haben sich bei 200 000 Franken eingependelt. Mehrfach stand der Anlass finanziell auf der Kippe. Einmal mussten die OK-Mitglieder je 2000 Franken «einschiessen». Gabriel Voide etwa plünderte dafür sein Jugendsparkonto. «Es gab Rückschläge, aber wir haben den Griff nie verloren», so Arnold. In der Zwischenzeit kann man mit mehreren Partnern auf eine langfristige Zusammenarbeit zählen. Auch der Kanton und der Sportfonds unterstützen den Anlass. Ein Drittel der Einnahmen wird aber weiterhin durch die Party und die Eintritte generiert.
C China: Am letzten Wochenende fand in Peking ein Weltcup statt. Eisklettern wird internationaler, auch Denver ist in diesem Jahr im Programm. «Deshalb kommen auch mehr Amerikaner zu uns», freut sich Kurt Arnold.
D Dennis van Hoek sorgte für die grösste Überraschung. Der Holländer gewann 2013 im Speed, vor und nach ihm gabs da nur russische Sieger. «Er bot eine tolle Show, wirklich niemand hatte ihn auf der Rechnung», so Arnold.
E Eisproduktion: Wegen der Klimaveränderung konnte man nicht mehr garantieren, dass man in jedem Jahr genügend Eis hat. Die pfiffigen Organisatoren fanden schnell eine Lösung. 70 Eisblöcke werden nun künstlich hergestellt, im grossen Kühlschrank gelagert und dann bis auf eine Höhe von 16 Metern aufgetürmt. «Auch ein Wärmeeinbruch kann dieser künstlich erstellten Wand nichts anhaben», so Arnold.
F Final: Seit 2016 wird dieser gemeinsam für Frauen und Männer ausgetragen. Das hat den Vorteil, dass die Frau-en nun auch vor vollem Haus und bei bester Stimmung klettern können. Vorher waren sie eher so etwas wie der «Vorlauf» gewesen.
G Griffe: Die Routenbauer verwenden Stein, Plastik oder Eisen. Bei der Besichtigung schauen sich die Athleten die Griffe mit dem Feldstecher sehr genau an, um die Einzelheiten zu erkennen.
H Helfer: Rund 200 stehen am Wochenende im Einsatz. Der grosse Teil ist schon seit vielen Jahren dabei. Wenn eine (r) wegfällt, geht viel Know-how verloren. «Es wird nicht einfacher, neue Leute zu finden», ist sich Kurt Arnold bewusst. Er selber gehört zusammen mit Dario Andenmatten, Rolf Trachsel und Walter Hess zum Kernteam, das rund drei Monate mit dem Aufbau der ganzen Anlage und der Eisproduktion beschäftigt ist. «Wir werden in dieser Zeit entschädigt wie Handwerker», so der OK-Chef.
I Isolationszone: Vor dem Halbfinal und dem Final müssen die Athleten nach der Besichtigung der Route in die Isolationszone, bis sie an der Reihe sind. Wer später startet, der soll nicht beobachten können, wo die Schwierigkeiten sind und wie die allenfalls gemeistert werden können. Der Raum ist geheizt, man kann sich aufwärmen, auch sich mit etwas Kleinem verpflegen.
J Jubiläum: Der Ice Climbing Worldcup findet bereits zum 20. Mal statt. Das wird mit einem Feuerwerk am Schluss des Final-Wettkampfs gefeiert.
K Kletterhalle: Das Saaser Parkhaus ist die einzige Indoor-Anlage fürs Eisklettern. Die kann auch im Sommer genutzt werden. Klettern mit Pickel, aber auch Sportklettern ist möglich. «Ein zusätzliches Angebot für Saas-Fee», so Kurt Arnold.
L Labarile Vivien: Die Niedergestjerin ist die einzige Oberwalliserin. Sollte es ihr im Lead nicht in den Final reichen, hat sie dennoch ihren Auftritt. Labarile ist auch bei «Move Challenge» dabei, die Gruppe gibt unmittelbar vor dem Final eine Dance-Show.
M Masten: Teile der alten Schwarzseebahn in Zermatt wurden nach Saas-Fee gebracht und für das Grundgerüst der Kletterkonstruktion verwendet. Am Anfang hatte man drei Jahre lang an der Felswand hinter der Auffahrtsrampe ausschliesslich im Eis geklettert. Dann mussten neue Schwierigkeiten her, um die immer stärker werdenden Athleten zu fordern.
N Neuigkeiten sorgen dafür, dass der Anlass immer wieder Überraschendes zu bieten hat. Der «Ice Dome» wird immer grösser. In diesem Jahr kam auf der rechten Seite eine Kletterwand hinzu. Das ergibt neue Möglichkeiten für die Routenbauer.
O Olympia: Geht es nach dem Verband, dann soll Eisklettern olympisch werden. 2018 in Pyeongchang wurde ein Demonstrationswettkampf durchgeführt. «Mit Sion 2026 wären die Chancen sicher gestiegen, aber die Verantwortlichen geben nicht auf und machen weiter Druck», so Kurt Arnold.
P Park Hee Yong: Wenn der Südkoreaner in die Eiswand steigt, ist Spektakel garantiert. Unvergessen seine Show im Jahre 2014. Hee Yong Park war bestens unterwegs und schon weit oben in der Wand, als er durch einen Stromausfall gebremst wurde. Der Südkoreaner startete noch einmal und kletterte sich bis ganz nach oben, als wären seine Kraftreserven ohne Ende. 2017 gewann Park ein zweites Mal und er ist auch in diesem Jahr gemeldet.
Q Qualifikation: Mehr als 100 Eiskletterer (Frauen und Männer) aus 20 Nationen treten an. Die Qualifikation wird neu in zwei Routen ausgetragen. Die beiden Resultate werden multipliziert, wobei die Punktzahl, die sich daraus ergibt, möglichst tief sein soll. Während der Qualifikation müssen die Athleten neu nicht mehr in die Isolationszone. «Das gibt der Verband vor, für uns ist das einfacher», so Kurt Arnold.
R Risiko: Die Athleten sind im Wettkampf selbstverständlich in jeder Phase gesichert. Die Routen werden so angelegt, dass es bei einem Sturz nicht zu einem Aufprall am Boden oder an der Wand kommt. Beim Speed-Wettbewerb kann es wegen der schnellen Bewegungen zu Verletzungen kommen, «kleine Schnittwunden, nichts Gravierendes», so der OK-Chef.
S Speed: Der Geschwindigkeitswettbewerb am Freitag ist ein besonderes Spektakel. Die Athleten spurten förmlich die Eiswand hoch. Seitdem die Eiswand mittels der vorproduzierten Blöcke aufgebaut wird, ist sie fix 16 Meter hoch. Der Rekord beträgt unglaubliche 8,56 Sekunden, aufgestellt vom Russen Nikolay Kuzovlev im Jahr 2018. «Die sind schneller als der Lift», betont Kurt Arnold. Die Russen dominieren dabei fast nach Belieben.
T Technik: Der Umgang mit den Pickeln ist beim Eisklettern so wichtig wie die Taktik, die Kraft und der mentale Bereich. Es werden Passagen eingebaut, die technisch schwierig sind, mit ganz bewusst schlechteren Griffen. Daneben gibt es Passagen, wo vor allem die Kraft gefordert ist.
U Ursprung: Kurt Arnold fuhr 1999 mit dem Elektrofahrzeug die Rampe im Parkhaus runter und sah, dass sich an der Wand Eis gebildet hatte. Er regte an, dass man dort für Gäste ein Klettern anbieten könnte. Ein anderer wusste, dass im Eisklettern auch Wettkämpfe durchgeführt werden. Die Idee war geboren. Zum Gründungsteam gehörten neben Kurt Arnold auch Dario Andenmatten, Gabriel Voide, Marc Derivaz und Michael Schwarzl. Schwarzl übernahm das Präsidium und gab dieses nach zehn Jahren an Kurt Arnold weiter.
V Verein: Um eine breite Abstützung zu erreichen, wurde der Eiskletterverein gegründet. Dieser zählt im Moment 130 Mitglieder.
W Weltmeisterschaft: Diese hätten die Organisatoren gerne zum 20-Jahr-Jubiläum ins Saas geholt. Der Plan ging nicht auf. Der Verband ist der Meinung, dass
man zu einem solch frühen Zeitpunkt in der Saison keine
Weltmeisterschaft durchführen kann. Im Saas hat man Mühe mit dieser Argumentation. «Für uns ist nur dieser Termin möglich. Wir wollen ja gerade im Januar für einen gewissen Aufschwung sorgen», so Kurt Arnold.
X Xander Werren: Der Berner Oberländer ist Junioren-Vizeweltmeister. In Saas-Fee wird er aber in diesem Jahr nicht am Start sein, da er die Aspiranten-Schule für Bergführer absolviert.
Y Yannick Glatthard: Ein anderer Berner Oberländer. Wegen der Bergführerausbildung war er letztes Jahr in Saas-Fee nicht am Start, heuer ist er wieder dabei. Dass er in Form ist, hat er am letzten Wochenende bewiesen, als er in Saas-Fee den Titel des Schweizer Meisters holte.
Z Zuschauer: Der heimliche Star des Ice Climbing Worldcups ist das Parkhaus. Dank der Auffahrtsrampe haben die Zuschauer eine tolle Sicht und können den Athleten auf die Finger schauen.
Alban Albrecht
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